Umstrittene Regelung im Rentenrecht: Jüdischen Zuwanderern droht Altersarmut
Die Bundesregierung lehnt es ab, jüdische Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion im Rentenrecht genauso zu behandeln wie Spätaussiedler - und argumentiert ausgerechnet mit der "Volkszugehörigkeit".
Beide Gruppen sind ungefähr zur gleichen Zeit nach Deutschland eingewandert, beide kommen aus der ehemaligen Sowjetunion. Und sie haben besondere, in der deutschen Geschichte verankerte Gründe, nach Deutschland zu kommen: Jüdische Zuwanderer, die als so genannte Kontingentflüchtlinge ein Bleiberecht erhielten, sollten dabei mithelfen, nach dem Holocaust jüdisches Leben in Deutschland zu ermöglichen, und die kleinen Gemeinden verstärken. Die andere Gruppe sind die Spätaussiedler, die als Zuwanderer mit deutschen Wurzeln kamen. Im Rentenrecht werden beide jedoch unterschiedlich behandelt.
Während den Spätaussiedlern die im Herkunftsland geleisteten Arbeitsjahre für die Rente angerechnet werden, ist das bei den jüdischen Zuwanderern nicht der Fall. Sozialversicherungsabkommen, die eine Anrechnung regeln würden, gibt es mit Russland und der Ukraine noch nicht. Den jüdischen Zuwanderern droht daher Altersarmut. Der Zentralrat der Juden in Deutschland schätzt, dass etwa 30.000 von ihnen im Alter auf die staatliche Grundsicherung angewiesen sind. Die Bundesregierung lehnt es allerdings weiter ab, sie im Rentenrecht den Spätaussiedlern gleichzustellen - und begründet dies mit der „Volkszugehörigkeit“. So schreibt das Arbeitsministerium in einer Antwort auf eine Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion, die dem Tagesspiegel vorliegt: „In Osteuropa lebende deutsche Volkszugehörige unterlagen infolge der Ereignisse des 2. Weltkrieges einem erheblichen Vertreibungsdruck nach Deutschland.“ Aus „besonderer Verantwortung und Fürsorge für seine Volkszugehörigen“ habe der Gesetzgeber Regelungen beschlossen, die die Grundlage für ihre „Rückkehr nach Deutschland“ bilden sollten. Bei den ehemaligen sowjetischen Staatsangehörigen mit jüdischer Herkunft handele es sich dagegen „um nicht deutschstämmige Personen, die einem Vertreibungsdruck nach Deutschland nicht ausgesetzt waren“. Zudem verweist das Ministerium darauf, dass Holocaust-Überlebende eine Entschädigung erhielten.
Der Präsident des Zentralrats, Josef Schuster, bedauert die ablehnende Haltung der Bundesregierung und weist darauf hin, dass auch viele jüdische Zuwanderer deutsche Wurzeln hätten. „Deutschland hat zudem seit der Shoah die historische Verantwortung, jüdisches Leben in Deutschland zu fördern“, sagte Schuster dem Tagesspiegel. „Den Betroffenen geht es nicht um mehr Geld, sondern um eine würdige Behandlung.“ Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Volker Beck nannte es „irritierend“, dass die Bundesregierung den Begriff der „Deutschstämmigkeit“ als Ausschlussgrund für jüdische Kontingentflüchtlinge heranziehe.
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