Britischer Premier in Luxemburg: Johnson begründet Absage von Pressekonferenz mit Protestlärm
„Es hätte eine Menge Lärm gegeben“: Wegen lauten Brexit-Gegnern schwänzt Premier Johnson eine Pressekonferenz. Premier Bettel redet sich alleine in Rage.
Der britische Premierminister Boris Johnson hat seine kurzfristige Absage einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem luxemburgischen Regierungschef Xavier Bettel mit Protestlärm begründet. Schon bei seiner Ankunft hatte eine kleine Gruppe von Brexit-Gegnern lautstark Parolen gegen den Premierminister gerufen. „Es hätte eine Menge Lärm gegeben“, sagte Johnson nach einem Treffen mit Bettel zu Sky News. Die Aussagen wären dann womöglich nicht verständlich gewesen. „Ich glaube, unsere Standpunkte wären da möglicherweise untergegangen“, sagte Johnson vor der britischen Botschaft in Luxemburg.
Bettel trat nach dem Treffen mit Johnson alleine vor die Mikrofone. Er äußerte sich an einem der beiden vorbereiteten Pulte vor der britischen, der EU- und der luxemburgischen Flagge. Der Luxemburger zeigte sich empört, dass sechs Wochen vor dem geplanten Brexit auf britischer Seite weiter keine Klarheit herrsche. Er forderte Johnson auf, endlich Vorschläge vorzulegen. "Die Uhr tickt. Nutzen Sie Ihre Zeit weise", sagte Bettel.
Premier Bettel redet sich in Rage
"Der Brexit ist nicht meine Entscheidung", sagte Bettel, der sich regelrecht in Rage redete und immer wieder Applaus der Brexit-Gegner bekam. "Ich bedauere ihn zutiefst." Die Briten könnten jetzt aber nicht die EU dafür verantwortlich machen, "dass sie aus dieser Situation nicht herauskommen". Später sprach Bettel von "Chaos".
Dem luxemburgischen Regierungschef zufolge lehnte Johnson erneut ein zweites Brexit-Referendum ab. Eine erneute Verschiebung des Austritts, wie sie vom britischen Parlament bei einem fehlenden Durchbruch in den Gesprächen mit der EU gefordert wird, sah wiederum Bettel skeptisch. "Das ist ein Albtraum", sagte er. "Die Menschen wollen Klarheit." Gespräche über eine Verlängerung seien „nicht im Interesse unserer Bürger“.
Johnson hatte in Luxemburg zuvor EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, Bettel und andere EU-Vertreter getroffen. Die EU-Kommission erklärte danach, die britische Seite habe bisher keine umsetzbaren Vorschläge zur Lösung der umstrittenen Nordirland-Frage unterbreitet. Aus London hieß es, beide Seiten hätten aber vereinbart, dass es bald täglich Gespräche mit der EU geben werde.
Schon bei seiner Ankunft war Johnson von Demonstranten ausgebuht worden. Vorher hatte er sich zuversichtlich gezeigt, dass noch ein Abkommen über den EU-Austritt zustande kommen könne. Es brauche dafür aber Bewegung von Seiten der EU, sagte er unter anderem der BBC. Ansonsten wolle er auch ohne Deal am 31. Oktober austreten, so Johnson. (dpa, AFP)