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Rühr mich nicht an! Wie sieht Widerstand aus? Darum streiten Rechtspolitiker.
© picture alliance / dpa/Julian Stratenschulte

Debatte um Sexualstrafrecht: Jeder Mensch merkt, wenn der andere nicht will

Wenn Intimität strafbar werden soll, kommt es nicht auf äußere Umstände an. Es geht um den Schutz der Selbstbestimmung. Ein Kommentar.

Der Bundesjustizminister steht derzeit unter Verdacht, sich im Amt von wildgewordenen Feministinnen treiben zu lassen, die wahlweise das Sexualstrafrecht im Hinblick auf ihre Befindlichkeiten modernisieren oder ihrer Ansicht nach sexistische Werbeplakate verbieten lassen wollen. Ganz so ist es nicht, schon gar nicht im Hinblick auf die angepeilte Verschärfung zum sexuellen Missbrauch, die der Bundestag jetzt erstmals beraten hat.

Zu allem Missbrauch, den es gibt, wird es nun noch den „unter Ausnutzung besonderer Umstände“ geben. Es geht darum, jene Fälle zu erfassen, die bisher durch das Raster gefallen sind, weil das Opfer seinen Widerstand nicht kenntlich machte oder besser: sich nicht wehrte. Künftig soll auch bestraft werden, wer sich an Widerstandsunfähigen vergeht. Unfähig, weil die Opfer überrascht sind, Angst vor Gewalt haben oder psychisch oder körperlich beeinträchtigt sind.

Ohne Zweifel ein Fortschritt, wenn auch mehr ein symbolischer als ein tatsächlicher. So groß, wie Heiko Maas behauptet, waren die Schutzlücken nie. Die Gerichte haben die Taten mit anderen Tatbeständen aufgefangen, etwa der Nötigung. Aber die vielen Kritiker, die sich im Bundestag zu Wort meldeten, haben recht: Maas geht nicht weit genug. „Nein heißt nein“, lautet das Stichwort. Nicht die äußeren Umstände, Überraschung oder Einschüchterung, sollen eine Handlung zu Straftat machen, sondern der innere Willensentschluss des Opfers. Richter, Staatsanwälte und Verteidiger schütteln sich da. Wie soll man das beweisen?

Nun, wie solche Taten auch bisher bewiesen werden: Durch Zeugen, Aussagen, Spuren. Sexuelle Handlungen sind die heikelsten Delikte des Strafgesetzbuchs. Was Millionen Partner in Deutschland täglich oder jedenfalls häufiger miteinander tun, in diesem oder jenem Fall kann es zur Anklage führen. Nichts ist plötzlich mehr normal. Logisch, dass es dabei auch eine hohe Dunkelziffer an Falschbeschuldigungen und Fehlurteilen gibt. All dies könnte jedoch niemals Grund sein, sexuelle Nötigungen oder Vergewaltigungen straffrei zu stellen.

Der Gesetzgeber hat nicht nur danach zu gehen, welche Untaten vor Gericht objektiv gut beweisbar sind. Im Strafrecht geht es um den Schutz von Rechtsgütern, und hier ist es die sexuelle Selbstbestimmung. Nein heißt nein. Die meisten Menschen merken es sehr wohl, wenn der andere nicht will. Das Nein muss dafür nicht einmal ausgesprochen werden. Dieses Nein zu überwinden, hat auch nur in den seltensten Fällen mit erst später entflammter Leidenschaft zu tun – meistens ist es eine sprichwörtlich miese Nummer. Das Nein ist der Kern der Strafbarkeit. Heiko Maas ist sonst um Worte nicht verlegen, er wird gewiss irgendwann auch die richtigen finden, um sie dann ins Gesetzbuch zu schreiben.

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