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Kanzlerin Angela Merkel
© Odd ANDERSEN / various sources / AFP
Update

Bund und Länder nach Corona-Gipfel: „Jeder Kontakt, der nicht stattfindet, ist gut für die Bekämpfung der Pandemie“

Private Treffen sollte jeder auf einen festen Hausstand beschränken, sagt Merkel. Zunächst gibt es nur Appelle, nächste Woche findet der nächste Gipfel statt.

Zum Eindämmen der Corona-Pandemie rufen Bund und Länder die Bürger auf, ihre privaten Kontakte noch einmal deutlich zu reduzieren. Sie sollten gänzlich auf private Feiern verzichten. Private Zusammenkünfte mit Freunden und Bekannten sollten auf einen festen weiteren Hausstand beschränkt werden. Das schließe auch Kinder und Jugendliche in den Familien mit ein, heißt es in einem Beschluss von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und den Ministerpräsidenten der Länder, den sie bei ihrer Videokonferenz am Montag fassten.

„Die Kontaktbeschränkungen sind das Erfolgsrezept. Und wir brauchen mehr davon. Wir müssen noch stärker reduzieren, damit wir auch unsere Ziele erreichen“, sagte Merkel im Anschluss im Kanzleramt. „Jeder Kontakt, der nicht stattfindet, ist gut für die Bekämpfung der Pandemie.“

Eine Trendumkehr bei den Neuinfektionen sei noch nicht erreicht worden. Es sei aber gelungen, die Dynamik der Neuinfektionen zu brechen. Von der Sieben-Tage-Inzidenz von 50 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner sei man jedoch immer noch „ein großes Stück entfernt“.

Die Bürger sollen nach dem Beschluss daher auch auf nicht notwendige private Reisen und touristische Tagestouren verzichten, außerdem auf Besuche in Bereichen mit Publikumsverkehr. Besonders gefährdete Menschen sollen mit günstigen FFP2-Masken vor einer Ansteckung mit dem Corona-Virus bewahrt werden.

Über 65-Jährige und Menschen mit bestimmten Vorerkrankungen sollen insgesamt 15 dieser Masken gegen eine geringe Eigenbeteiligung erhalten können, teilte Merkel mit. Die Kosten dafür trägt der Bund.

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Personen mit Atemwegserkrankungen werden aufgerufen, zu Hause zu bleiben, bis die Symptome abgeklungen sind, und sich auszukurieren. Besuche bei älteren und besonders verletzlichen Personen sollen nur dann unternommen werden, wenn alle Familienmitglieder frei von jeglichen Krankheitssymptomen sind und sich in den Tagen zuvor keinem besonderen Risiko ausgesetzt haben.

Entscheidung zu Schulen vertagt

Eine Entscheidung über das weitere Vorgehen an den Schulen wurde vertagt. „Bund und Länder werden auf der nächsten Konferenz darüber beraten, wie Ansteckungsrisiken im Schulbereich in Hotspots reduziert werden können“, heißt es in dem Beschluss.

Der Bund hatte zuvor verschärfte Maßnahmen an Schulen vorgeschlagen, wie eine Maskenpflicht für alle Schüler und Lehrer auch im Unterricht und eine Halbierung der Klassen. Damit konnte er sich zunächst aber nicht durchsetzen. In dem Beschluss von Bund und Ländern heißt es nun, verlässliche Betreuung diene der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Bildung sei essenziell für die Zukunftschancen der jungen Generation. „Deshalb genießt die Offenhaltung von Einrichtungen im Präsenzunterricht in diesem Bereich mit hohem Infektionsschutzniveau eine wichtige politische Priorität.“

Am 25. November soll es weitere Beratungen und - wenn die Zahl der Infizierten und schwer Erkrankten bis dahin nicht stark gesunken ist - womöglich auch weitere verbindliche Einschränkungen geben. Merkel sagte, ihr Ziel sei es, mehr „Berechenbarkeit“ zu erreichen für die Bürger - auch über das Jahresende hinaus.

Markus Söder (CSU), Ministerpräsident von Bayern.
Markus Söder (CSU), Ministerpräsident von Bayern.
© Odd Andersen/AFP/POOL/dpa

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sieht nach eigenen Angaben in den Beschlüssen, „noch keinen großen Wurf“. Das exponentielle Wachstum sei zwar gebrochen, aber Zahlen stagnierten jetzt auf einem hohem Niveau, sagte er bei der Pressekonferenz im Anschluss des Treffens. Man müsse auf eine Inzidenz von unter 50 kommen. „Corona hat jeden bestraft, der vorschnell dachte, es ist schon vorbei“, sagte Söder.

„Ich habe wenig Hoffnung, dass Ende November alles wieder gut ist“, sagte Bayerns Ministerpräsident weiter. Man müsse die Maßnahmen deshalb „lieber verlängern statt vorzeitig abzubrechen“. Seine Losung sei: „Im Zweifel müssen wir auf Sicherheit setzen.“

Müller: „Die Situation ist weiter besorgniserregend.“

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) schätzt die Corona-Lage in Deutschland nach zwei Wochen Teil-Lockdown weiterhin als problematisch ein. „Die Situation ist weiter besorgniserregend“, sagte der SPD-Politiker.

In den zurückliegenden Wochen sei zwar durch die Maßnahmen einiges erreicht worden. „Aber das ist nicht genug.“ Müller nannte ein aus seiner Sicht bedrückendes Beispiel aus Berlin: Dort seien erstmals 1000 Corona-Patienten in Krankenhäusern, die gleichzeitig behandelt werden müssten. „Das ist nicht wegzudiskutieren.“ „Die Wintermonate werden nicht einfach werden“, so Müller, der momentan Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) ist.

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) verteidigte die Vertagung von weitergehenden Beschlüssen auf die kommende Woche. „Es sollten heute keine Schnellschüsse gemacht werden“, sagte Laschet. Es sei nur um ein Zwischenfazit des seit zwei Wochen laufenden Teil-Lockdowns gegangen.

Zu den Aussichten auf ein unbeschwertes Weihnachtsfest äußerte er sich skeptisch: „Es wird kein Weihnachten wie jedes andere“, sagte Laschet. „Es wird das härteste Weihnachtsfest sicher, das wir seit Jahrzehnten erlebt haben.“

Die Länder wollen sich bei der Vorbereitung neuer Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie künftig stärker einbringen und nicht Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) allein das Feld überlassen. Das kündigte Müller als Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK), Michael Müller (SPD), an.

„Wir hatten ja in der Vergangenheit sehr gut funktionierende und geübte Verfahren, dass für gemeinsame Sitzungen gemeinsame Papiere auch gemeinsam erarbeitet werden“, sagte Müller. „Und wir haben uns heute verständigt, dass wir da auch wieder hin wollen, dass wir zu diesen Verfahren zurückkehren.“

Papier des Bundes habe „zu viel Unmut geführt“

Zuletzt habe das Kanzleramt mitunter „doch sehr kurzfristig“ Papiere erarbeitet, und dafür könne es objektive Gründe geben. „Aber wir müssen das zwischen 16 Ländern auch noch beraten können. Und das dann am Sonntagabend um 23.00 Uhr machen zu müssen, und Montag früh geht es gleich weiter, dient oft auch der Sache nicht“, so Müller. Nötig sei ein Verfahren, „mit dem man sich intensiver und besser mit den Fragen auseinandersetzen kann, als es in den letzten zwei, drei Sitzungen der Fall war.“

Auch die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) kritisierte die Vorbereitung der Bund-Länder-Schalte. Das Papier des Bundes habe „zu viel Unmut geführt“, sagte Dreyer am Montagabend in Mainz. Dies sei mit ein Grund, „warum wir so lange getagt haben“. In der Vorlage hätten sich „viele von uns“ nicht wiedergefunden und auch die Gespräche nicht wiedergefunden. Insofern sei länger diskutiert worden, allerdings konstruktiv und nach vorne gewandt.

Für die Konferenz am Montag zur Halbzeit des vierwöchigen Teil-Lockdowns im Kampf gegen die Corona-Pandemie hatte das Kanzleramt einen Beschlussentwurf erarbeitet, der weitergehende Kontaktbeschränkungen für die Bürger vorsah. Aus den Ländern gab es dem Vernehmen nach deutliche Kritik an diesem Vorgehen. (Tsp/dpa/AFP/Reuters)

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