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Matteo Salvini, der Vorsitzende der Partei Lega Nord, spricht bei einer Großkundgebung.
© Massimo Percossi/ANSA/AP/dpa

Regierungsbildung in Italien: Italiens Euro-Partner blicken mit Sorge nach Rom

Mit einer Populisten-Regierung in Rom dürften der EU unruhige Zeiten bevorstehen. Ein Schlagabtausch zwischen Lega-Chef Salvini und Frankreichs Finanzminister Le Maire liefert einen Vorgeschmack.

Die sich abzeichnende italienische Regierungskoalition der Fünf-Sterne-Protestbewegung und der rechtspopulistischen Lega löst in der EU große Sorgen aus. Die Pläne der beiden Parteien, die unter anderem die Einführung eines Grundeinkommens und Steuersenkungen vorsehen, stoßen EU-weit auf Bedenken.

Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire warnte am Sonntag im Sender „Europe 1“ vor einer neuen Euro-Krise: „Wenn die neue Regierung es riskiert, ihre Verpflichtungen zu Schulden und Defizit nicht einzuhalten, aber auch die Sanierung der Banken, wird die gesamte finanzielle Stabilität der Euro-Zone bedroht sein.“

Salvini: Frankreich soll sich nicht einmischen

Der Koalitionsvertrag der Lega und der Fünf-Sterne-Bewegung sieht zwar keinen Euro-Austritt Italiens vor. Allerdings ist in der Vereinbarung die Rede davon, die europäischen Verträge mit Blick auf Staatsverschuldung und Haushaltsdefizit „neu zu diskutieren“.

Einen Vorgeschmack auf mögliche künftige Auseinandersetzungen zwischen einer Euro-kritischen Regierung in Rom und den EU-Partnern lieferte der Chef der rechtspopulistischen Lega, Matteo Salvini, mit seiner Reaktion auf die Warnung des französischen Finanzministers Le Maire. Die Franzosen sollten sich „um Frankreich kümmern“, erklärte Salvini am Sonntag.

SPD-Europapolitiker Schäfer ruft Rom zum Maßhalten auf

Ähnlich wie Frankreichs Finanzminister Le Maire rief auch der SPD-Europapolitiker Axel Schäfer die designierte Regierung in Italien zum Maßhalten auf. „Der Maßstab für das Regierungsprogramm sind die europäischen Verpflichtungen“, sagte Schäfer dem Tagesspiegel. „Es wird nur dann Stabilität geben, wenn man sich an die Regeln hält“, sagte der SPD-Politiker weiter.

Er sei sicher, dass die Einhaltung der EU-Defizitregeln auch für Staatspräsident Sergio Mattarella der entscheidende Punkt sei, so Schäfer. „Für die Lega und die Fünf-Sterne-Bewegung wird der Dreh- und Angelpunkt sein, in wie weit sie Einfluss auf den künftigen Ministerpräsidenten nehmen können“, lautete die Prognose des SPD-Europapolitikers.

Entscheidung liegt beim Staatspräsidenten

Mattarella hat die Fünf-Sterne-Bewegung und die Lega für den späten Nachmittag zu getrennten Gesprächen einberufen. Dabei wollen die beiden Parteien ihre Regierungspläne vorlegen. Zudem wollten Salvini und der Vorsitzende der Fünf-Sterne-Protestbewegung, Luigi Di Maio, einen Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten vorschlagen. Mattarella muss entscheiden, ob Italien künftig von den ungleichen Partnern der Fünf-Sterne-Bewegung und der rechten Lega regiert werden soll.

Die Fünf-Sterne-Bewegung verweigert sich einer Einordnung ins Links-Rechts-Schema, hat aber angesichts des Bündnisses mit der Lega, die bei der Parlamentswahl am 4. März vor allem in Norden Italien erfolgreich war, einen Rechtsschwenk vollzogen.

Die Lega strebt eine radikale Kursänderung in der Flüchtlingspolitik an. Parteichef Salvini plant massive Abschiebungen von Migranten, die sich illegal in Italien aufhalten. Salvini strebt nach Medienberichten das Amt des Innenministers an, während der Sterne-Vorsitzende Di Maio für das Arbeitsressort oder das Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung im Gespräch ist. Die beiden Parteichefs haben nach den Worten Salvinis auch bereits ein Einvernehmen über den künftigen Ministerpräsidenten hergestellt. Salvini hatte am Sonntag allerdings keinen Namen genannt.

Politik-Neuling Conte gilt als Favorit für Amt des Premiers

Als Kandidat für Amt des Ministerpräsidenten wird unter anderem der 54-jährige Politik-Neuling Giuseppe Conte gehandelt. Der Jurist und Universitätsprofessor steht der Fünf-Sterne-Bewegung nahe. Im Gespräch ist auch der Wirtschaftswissenschaftler Andrea Roventini und der frühere Industrieminister Paolo Savona.

Zuvor hatten sich Salvini und Di Maio des Rückhalts der Basis der Lega und der Fünf-Sterne-Bewegung für das gemeinsame Regierungsprogamm versichert, mit dem der Sparkurs beendet werden soll. Bei einer Online-Befragung hatten mehr als 90 Prozent der Mitglieder der Fünf-Sterne-Bewegung dem Programm zugestimmt. Die Lega führte am Wochenende eine symbolische Mitgliederbefragung an 1000 Ständen im ganzen Land durch. Nach Angaben der Lega stimmten von 215.000 Teilnehmern 91 Prozent dem Programm zu.

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