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SPD-Bundesaußenminister Heiko Maas (l.) mit Adel bin Ahmed Al-Jubeir, Außenminister von Saudi-Arabien in New York.
© imago/photothek

Nach Entführungsfall Kaschoggi: Ist Heiko Maas zu weich gegenüber Saudi-Arabien?

Außenminister Heiko Maas wird in den eigenen Reihen kritisiert: Viele SPD-Bundestagsabgeordnete stört sein Umgang mit dem Regime im saudischen Riad.

Offiziell hat Deutschland mit dem Fall nichts zu tun. Das Verschwinden des saudischen Regierungskritikers Dschemal Kaschoggi vergangene Woche in Istanbul ist eine Sache zwischen den Regierungen in Riad und Ankara. Am Dienstag hatte der Journalist das saudische Konsulat in Istanbul betreten – und ist seither verschwunden. Die türkische Polizei geht von Mord aus, Saudi-Arabien weist den Vorwurf zurück. Der mysteriöse Fall rückt aber auch in Deutschland das Thema Saudi-Arabien in den Fokus – und damit die Frage, ob Außenminister Heiko Maas (SPD) angemessen mit dem Regime umgeht.

Bundesregierung reagiert zögerlich

Bis sich das Auswärtige Amt im Fall Kaschoggi zu einem Statement durchringen konnte, dauerte es fast eine Woche. Am Montag forderte ein Ministeriumssprecher rasche Aufklärung. Die zögerliche Reaktion der Bundesregierung passt ins Bild. Seit Monaten versucht Maas, das angeschlagene Verhältnis zu Saudi-Arabien zu reparieren. Er fährt einen völlig anderen Kurs als sein Amtsvorgänger und Parteikollege Sigmar Gabriel. Der hatte Riad im vergangenen Jahr „Abenteurertum“ vorgeworfen und so eine diplomatische Krise ausgelöst. Empört zog Riad seinen Botschafter ab. Seit Anfang der Woche ist er allerdings zurück in in Berlin und hat sich bereits mit Maas getroffen, wie es im Auswärtigen Amt heißt. Maas habe bei dem Treffen auch den Fall Khaschoggi angesprochen.

Dass Ende der diplomatischen Eiszeit zwischen Berlin und Riad kann Maas als Erfolg verbuchen. Bereits am Rande der UN-Vollversammlung im September war er auf das Regime in Riad zugegangen und hatte Gabriels Aussagen als „Missverständnis“ abgetan. Als sich Kanada und Saudi-Arabien im Sommer über Menschenrechtsfragen stritten, hielt sich Maas zurück – was ihm Kritik vom Nato-Partner Kanada einbrachte.

Patrouillenboote aus Deutschland

Jetzt gibt es wieder Kritik am Umgang der Bundesregierung mit Saudi-Arabien. Sie kommt ausgerechnet von Maas’ Genossen. Einige SPD-Bundestagsabgeordnete stören sich daran, dass die Groko weiterhin Waffen an Riad liefert. Besonders verärgert ist der Abgeordnete Florian Post. An diesem Dienstag will er die Rüstungsexporte in der Fraktion ansprechen. In einem Brief an SPD-Fraktions- und Parteichefin Andrea Nahles schreibt er: „Im Koalitionsvertrag hatten wir vereinbart, dass wir keine Ausfuhren mehr an Länder genehmigen, solange diese unmittelbar am Jemen-Krieg beteiligt sind.“ Dennoch seien in jüngster Zeit acht Patrouillenboote an Saudi-Arabien ausgeliefert worden.

Der Golfstaat unterstützt die sunnitische Regierung im Jemen-Krieg – auch mit Booten aus deutscher Produktion, wie Recherchen des ARD-Magazins „Report München“ zeigen. SPD-Mann Post sieht sich deshalb „außer Stande, im Bundestag weitere Auslieferungen von Patrouillenbooten an Saudi-Arabien zu vertreten und zu begründen“. Rüstungslieferungen an Russland habe die Groko 2014 gestoppt, hebt Post hervor. Warum sollte die Regierung gegenüber dem Regime in Riad also eine andere, weichere Haltung einnehmen?

"Beschlusslage der SPD"

Post sieht sich mit seiner Kritik an den Waffenexporten auf einer Linie mit der eigenen Partei. „Das ist Beschlusslage der SPD“, sagt er dem Tagesspiegel. „Deshalb möchte ich das in der Fraktion ansprechen. Am liebsten wäre mir, Andrea Nahles lässt darüber abstimmen.“ Unterstützung erhält er von seinem Fraktionskollegen Thomas Hitschler. Der kritisiert die Genehmigung von Rüstungsexporten nach Saudi-Arabien als „besorgniserregend“. Scharfe Kritik hatte auch Fraktionsvize Rolf Mützenich am Wochenende in der „Süddeutschen Zeitung“ geübt. „Es gilt der Koalitionsvertrag“, sagte er. „Dies wird quer durch die Fraktion so gesehen, und es wäre gut, wenn man das im Auswärtigen Amt ernst nimmt.“

Den Passus über ein Exportverbot für deutsche Waffen an Kriegsparteien habe Mützenich selbst in den Koalitionsverhandlungen durchgesetzt, heißt es in Fraktionskreisen. Kein Wunder, dass ihn die andauernden Waffenexporte besonders schmerzen.

Das Thema ist für die Sozialdemokraten heikel. Die Waffenexporte lieferten den Groko-Gegnern in der SPD neue Argumente, fürchtet ein Abgeordneter. Das gleiche gilt wohl für Maas’ außenpolitischen Kurs. Während er sich gegenüber Russland beinhart zeigt, beteuert er seine Gesprächsbereitschaft mit der fundamentalistischen Regierung in Riad. „Es ist richtig, die diplomatischen Kanäle zu öffnen“, sagt Frank Schwabe, der menschenrechtspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. „Im Umgang mit Saudi-Arabien brauchen wir aber Klartext. Es gibt genug Gründe, die Regierung in Riad zu kritisieren.“

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