Möglicher Bruch mit UN-Resolution: Iran provoziert mit neuem Raketentest
Das iranische Regime hat erneut Mittelstreckenraketen getestet – und gefährdet damit den Atomdeal. In Deutschland werden die Stimmen lauter, die neue Sanktionen gegen das Land fordern.
Der Iran hat nach eigenen Angaben eine verbesserte Version einer Mittelstreckenrakete getestet. Ein hochrangiger Armeekommandeur sagte der Agentur Tasnim am Montag, dass die vor zwei Wochen getestete Rakete eine Reichweite von 2000 Kilometern habe, aber noch treffgenauer als die Vorgängermodelle sei.
Angaben zu Raketentests können im Iran meistens nicht unabhängig überprüft werden, da sie ohne neutrale Beobachter stattfinden. Im Westen wächst daher die Sorge, das Land könnte mit seinen Schahab-3-Raketen, die eine Reichweite von 2000 Kilometern haben sollen, Israel angreifen. Bereits im März hatte das Regime den Abschuss von zwei Mittelstreckenraketen getestet - auf zwei der Raketen stand auf Hebräisch „Israel muss ausradiert werden“.
„Teherans Außenpolitik in der Region wird immer aggressiver“, kommentierte Deidre Berger, Direktorin des American Jewish Committe in Berlin (AJC), am Montag den neuerlichen Raketentest. „Die Unterstützung für das massenmordende Assad-Regime und die Terrororganisation Hisbollah gehen weiter und die unmissverständlich als Drohgebärden Richtung Israel gedachten Raketentests werden immer häufiger“, sagte Berger dem Tagesspiegel.
Droht der Iran-Deal zu platzen?
Brisant: Iran provoziert mit den Raketentests auch ein Scheitern des im vergangenen Jahr abgeschlossenen Atomabkommens. Im Januar wurden zwar die Atomsanktionen gegen den Iran weitgehend aufgehoben. Im Zusammenhang mit Raketentests bestehen allerdings weiterhin Einschränkungen für das Land.
Denn mit der 2015 verabschiedeten UN-Resolution 2231 wurde Iran dazu aufgefordert, sich in einer Periode von acht Jahren der Arbeit an allen ballistischen Raketen, die geeignet sind, Atomwaffen zu transportieren, zu enthalten. Mehrere Staaten – darunter Deutschland – hatten sich deshalb Ende März in einem gemeinsamen Brandbrief an UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon gewandt und die Tests verurteilt.
Weltmächte rufen UN zum Handeln auf
Diese seien "unvereinbar" mit der Resolution 2231, hieß es in dem Schreiben. Die USA, Deutschland, Frankreich und Großbritannien riefen den Sicherheitsrat daher dazu auf, "angemessene Maßnahmen" zu ergreifen. Das Atomabkommen ist seinerseits an die strikte Einhaltung der UN-Resolution gebunden.
Angesichts der jüngsten iranischen Raketentests forderte AJC-Direktorin Berger deshalb am Montag scharfe Konsequenzen. „Mit einem solch destabilisierenden und feindseligen Verhalten darf der Westen den Iran, in dem die Menschenrechte noch immer mit Füßen getreten werden, nicht hofieren.“
Wirtschaft hofft auf Milliardenaufträge
Dass Deutschland und der Westen zum jetzigen Zeitpunkt allerdings neue Sanktionen gegen das Regime in Stellung bringen wird, ist unwahrscheinlich. Denn der iranische Markt verspricht Aufträge in Milliardenhöhe. Laut Zahlen des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) haben deutsche Unternehmen alleine in den ersten Monaten des Jahres Waren und Dienstleistungen in Höhe von 326 Millionen Euro in den Iran geliefert - ein Plus von zehn Prozent gegenüber 2015.
„Damit hat Deutschland zu Jahresbeginn seine Position als wichtigstes europäisches Lieferland sogar ausgebaut“, sagte DIHK-Präsident Eric Schweitzer dem Tagesspiegel.
AJC kritisiert Wirtschaftsminister Gabriel
Eine Reise von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel gemeinsam mit einer Wirtschaftsdelegation Anfang Mai nach Teheran musste zwar wegen einer Erkrankung des SPD-Chefs verschoben werden. Wie es aber aus dem Ministerium heißt, soll sie im Verlauf des Jahres nachgeholt werden.
Beim AJC stoßen die engen deutsch-iranischen Wirtschaftsbeziehungen derweil auf Unverständnis. „Solange der Iran sich nicht wie ein verantwortungsvolles Mitglied der Staatengemeinschaft verhält, sollte das Mullah-Regime auch nicht vom Handel mit Deutschland profitieren dürfen“, sagte Berger dem Tagesspiegel. „Gerade jetzt die Wirtschaftsbeziehungen ausbauen zu wollen, zum Beispiel durch den Besuch großer Wirtschaftsdelegationen und sogar des Wirtschaftsministers, wäre ein falsches Signal“, so Berger. (mit dpa)