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Innenminister Horst Seehofer bei der Pressekonferenz
© dpa/Bernd von Jutrczenka
Update

„Anschlag richtet sich gegen uns alle“: Innenminister Seehofer äußert sich zum Mordfall Lübcke

Ein Rechtsextremist soll den Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke ermordet haben. Innenminister Seehofer sieht darin ein "Alarmsignal".

Bundesinnenminister Horst Seehofer sieht im Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke ein "Alarmsignal". Die Tat sei "ein weiterer Beleg für die Verrohung der Gesellschaft" und richte sich "gegen uns alle", sagte Seehofer bei einer Pressekonferenz mit Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang und BKA-Präsident Holger Münch in Wiesbaden. Der 65-jährige Lübcke war per Kopfschuss getötet und in der Nacht zum 2. Juni auf der Terrasse seines Wohnhauses in Wolfhagen-Istha entdeckt worden.

Die Hintergründe der "heimtückischen Tötung" seien nicht vollends aufgeklärt, die Ermittlungen gingen in alle Richtungen, sagte Seehofer. Spezialeinheiten der Polizei hatten am Wochenende den 45-jährigen Stephan E. festgenommen, der dringend tatverdächtig ist.

"Nach allem was wir jetzt wissen, müssen wir davon ausgehen, dass es sich bei dem Täter um einen Rechtsextremen handelt und die Tat einen rechtsextremen Hintergrund hat", sagte Seehofer. Dies lege seine Biografie nahe. Auf Komplizen oder eine terroristische Organisation gebe es bislang keine Hinweise.

Seehofer betonte aber, der Rechtsextremismus sei "eine erhebliche und ernstzunehmende Gefahr für unsere freiheitliche Gesellschaft" und sei "mit allen Mitteln des Rechtsstaats" zu bekämpfen.

Bundesinnenminister Horst Seehofer, BKA-Chef Holger Münch und Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang in Wiesbaden
Bundesinnenminister Horst Seehofer, BKA-Chef Holger Münch und Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang in Wiesbaden
© AFP/John MACDOUGALL

Der Tatverdächtige habe eine Art rechtsextremistische Karriere vor allem in den 1980er und 1990er Jahren begonnen, sagte Verfassungsschutzpräsident Haldenwang. Seit dieser Zeit sei er auch auf dem Radar des Verfassungsschutzes gewesen. Zuletzt sei er aber „eher in der Hintergrund der Beobachtung getreten“. Auf Nachfrage ergänzte Haldenwang, das Bundesamt für Verfassungsschutz habe sich seit 2009 nicht weiter mit Stephan E. befasst.

Die Tatwaffe wurde nach Angaben von BKA-Präsident Münch bislang noch nicht gefunden. Der Verdächtige sei Mitglied in einem Schützenverein, habe aber keine waffenrechtliche Erlaubnis gehabt, sagte Münch. Die Ermittlungen liefen mit Hochdruck weiter. „Es gibt eine Menge, Menge aufzuklären.“

Hessische Oppositionsparteien beantragen Sondersitzung des Innenausschuss

Mehrere Fraktionen im hessischen Landtag beantragten im Mordfall Lübcke eine Sondersitzung des Innenausschusses. Die SPD und die FDP hätten "eine Reihe von Fragen an die hessischen Sicherheitsbehörden", teilte die SPD-Fraktion mit. Die Fraktionen brachten daher einen dringlichen Berichtsantrag ein und beantragten eine Sondersitzung des Innenausschusses für die kommende Woche.

Auch die Linke befürwortet eine Sondersitzung. Sie stellte einen Antrag auf "Einsichtnahme in als geheim eingestufte Dokumente". Die Akten müssten "erneut auf den Tisch". Am Montagabend sagte Janine Wissler, hessische Fraktionsvorsitzende der Linken, im ZDF, dass der festgenommene verdächtige Stephan E. 2015 im hessischen NSU-Untersuchungsausschuss aufgefallen sei. Fragen der Linken dazu seien vom hessischen Landesamt für Verfassungsschutz nicht beantwortet worden.

Die Bundestagsfraktion der Linken will den Fall auch im Bundestag zum Thema machen. Der erste Parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion, Jan Korte, beantragte dazu eine Aktuelle Stunde im Parlament. Der Bundestag soll demnach am kommenden Mittwoch unter der Überschrift „Gefahr des Rechtsterrorismus endlich wahrnehmen“ über den Mordfall debattieren.

Auch der kommissarische SPD-Bundesvorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel forderte eine konsequente Aufklärung. „Wir haben alle Notwendigkeit, nach der NSU-Mordserie besonders sensibel zu sein und genau hinzuschauen“, sagte der hessische SPD-Chef nach Gesprächen in der nordrhein-westfälischen SPD-Landtagsfraktion in Düsseldorf. „Deswegen ist Aufklärung das oberste Gebot in diesen Tagen.“

Er hoffe sehr, dass „mögliche weitere Verbindungen schnellstens aufgedeckt und Konsequenzen gezogen werden“, sagte Schäfer-Gümbel. Auch bei verbaler Gewalt müsse künftig genauer hingeschaut werden, weil daraus „am Ende auch solche Mord- und Gewalttaten entstehen“. „Befremdet“ zeigte sich Schäfer-Gümbel darüber, dass sich der Generalbundesanwalt die Informationen bei der hessischen schwarz-grünen Landesregierung und den Behörden selbst habe organisieren müssen. (mit dpa, AFP)

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