Abschiebung von Intensivtätern: Innenminister begrüßen Punktesystem für straffällige Flüchtlinge
Das BKA hat mit einem bundesweit abrufbaren Konzept auf Straftaten von Flüchtlingen reagiert. Die Innenminister der Länder begrüßen den Vorstoß.
Die Innenminister von Bund und Ländern begrüßen das vom Bundeskriminalamt vorgelegte Konzept, ein bundesweit abrufbares Punktesystem für mehrfach straffällige Flüchtlinge zu erstellen. Die Idee werde unterstützt, auch wenn es noch viele Fragen gebe, sagte am Freitag der Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern, Lorenz Caffier (CDU), beim Abschluss der Herbsttagung der Innenministerkonferenz (IMK) in Magdeburg. Caffier ist auch Sprecher der Länderinnenminister von CDU und CSU. Sein Pendant bei der SPD, Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius, sagte, das Konzept „klingt plausibel und vernünftig“. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), der als Gast zur IMK gekommen war, regte sogar an, künftig auch deutsche Intensivtäter über ein Punktesystem zu erfassen, um rechtzeitig Gegenmaßnahmen von Polizei, Jugendämtern und weiteren Behörden einleiten zu können.
BKA-Präsident Holger Münch hatte in Magdeburg das polizeiliche Konzept vorgestellt, das unter Federführung seiner Behörde erarbeitet wurde und im November bekannt geworden war. Straffällige Zuwanderer sollen für jedes Delikt je nach Schwere Punkte aufgelistet werden. Bei 60 Punkten wäre eine Abschiebung ins Heimatland fällig.
Verlängerung des Abschiebestopps nach Syrien
Die Polizei reagiert mit dem Konzept auf brutale Straftaten von Flüchtlingen, die in der Bundesrepublik weithin Empörung auslösten. Ein Fall ist die Gruppenvergewaltigung einer Studentin in Freiburg am 14. Oktober. Der aus Syrien stammende mutmaßliche Haupttäter soll zuvor schon sexuelle Nötigung und weitere Delikten begangen haben. Seehofer sagte in Magdeburg dem Tagesspiegel, sein Ministerium wolle bis zum Frühjahr 2019 auf Basis des BKA-Papiers ein eigenes Konzept vorlegen.
Die Innenminister der Länder einigten sich zudem darauf, den am Ende des Jahres auslaufenden Abschiebestopp nach Syrien bis zum 30. Juni 2019 zu verlängern. Sollte sich in dem Bürgerkriegsland bis dahin keine Änderungen ergeben, werde der Abschiebestopp automatisch bis zum 31. 12. 2019 verlängert, sagte Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU). Die SPD-Innenminister hatten ursprünglich gefordert, gleich für ein weiteres Jahr darauf zu verzichten, ausreisepflichtige Syrer in ihr Land zurückzubringen, einigten sich aber in Magdeburg mit den Kollegen aus der Union auf den Kompromiss.
Untersuchung zur Einflussnahme von Rechtsextremisten auf die Gesellschaft
Uneinig blieben die Innenminister hingegen bei einem Vorstoß des Bremer Innensenators Ulrich Mäurer (SPD). Er hatte auch im Namen seiner sozialdemokratischen Kollegen beantragt, der Einflussnahme von Rechtsextremisten auf die Gesellschaft und speziell auch auf die AfD nachzugehen. Die Minister der Union hingegen strichen in einem „alternativen Beschlussvorschlag“ die AfD und forderten, auch der Einfluss von Linksradikalen auf nicht extremistische Teile der Gesellschaft müsse untersucht werden. Da sich die IMK nicht einigen konnte, zog Mäurer seinen Vorschlag zurück. „Lieber keinen Beschluss als einen verwässerten“, sagte Mäurer dem Tagesspiegel.
Der Senator sieht mit Sorge, wie sich die rechtsextreme Identitäre Bewegung und andere „Neue Rechte“ über die AfD in die Gesellschaft vorarbeiten. In Bremen und Niedersachsen hatten im September die Verfassungsschutzbehörden mit der Beobachtung der AfD-Nachwuchsorganisation „Junge Alternative“ (JA) begonnen. Mäurer warf dem Landesverband der JA vor, seine Botschaften seien teilweise „Rassismus pur“. Der Chef des Bremer Verfassungsschutzes, Dierk Schittkowski, sah „tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass es sich um eine rechtsextremistische Bestrebung handelt“. Außerdem werde eine besondere Nähe zur „Identitären Bewegung“ gepflegt. Führende JA-Mitglieder in Bremen übernähmen deren Ideologie und Propaganda. Flüchtlinge seien als „Invasoren“ bezeichnet worden, die in ihren Heimatländern „gesellschaftlicher Bodensatz“ seien.
Ebenfalls Anfang September wurden Räume des Vizevorsitzenden der Bremer JA wegen des Anfangsverdachts auf Volksverhetzung durchsucht. Mäurer äußerte dann angesichts der Vorkommnisse die Hoffnung, dass auch der Bund „mal etwas kritischer hinschaut“. Der damalige Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, hatte eine Beobachtung der AfD abgelehnt. Maaßen erhielt allerdings auch Rückendeckung aus dem Verbund der Verfassungsschutzbehörden. Bremen hatte die Beobachtung der JA seit 2017 geprüft.