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Zusammen wären sie unschlagbar - meinen manche. Aber Markus Söder (links) und Horst Seehofer können nicht miteinander.
© Michaela Rehle/Reuters

Die Konkurrenz von Markus Söder und Horst Seehofer: In Paralleluniversen

Für die CSU ist es nicht gut. Es kann sogar ihre politische Zukunft beeinflussen. Trotzdem finden Markus Söder und Horst Seehofer nicht zueinander.

Es gibt einen stillen, großen Wunsch vieler CSU-Anhänger: Dass die beiden an einem Strang ziehen, sich vertragen, dass sie nicht gegen-, sondern miteinander Politik machen. „Zusammen wären die ein unschlagbares Team“, sagt ein christsozialer Abgeordneter des bayerischen Landtags, der weder der einen noch der anderen Seite zugehörig sein will. Doch sie piesacken, beschmutzeln und beharken sich, wo es nur geht, und das schon seit vielen Jahren.

Horst Seehofer und Markus Söder – warum können die beiden CSU-Größen einfach gar nicht miteinander? Als erste Erklärung werden gewöhnlich die „Alphatiere“ bemüht. Politische Formationen werden mit Rudeln im Tierreich verglichen, das Alphatier ist der Anführer. Seehofer und Söder wollen beide Leitbullen oder Silberrücken sein im Freistaat und in der Partei, zwei sind aber einer zu viel. Nein, mit diesem zoologischen Ansatz ist nichts erklärt über die Beziehungskiste zwischen dem 68-jährigen Ingolstädter und dem 50-jährigen Nürnberger.

Eigentlich sind sie sich fremd

In ihren politischen Werdegängen hatten sie lange Zeit kaum etwas miteinander zu tun, waren sich fremd. Seehofer war 28 Jahre lang Bundestagsabgeordneter in Bonn und Berlin, Minister, ausgewiesener Sozial- und Gesundheitspolitiker. Söder hat den Freistaat nie verlassen, sein Leben besteht aus CSU: Junge Union, mit 27 Jahren Landtagsabgeordneter, Generalsekretär, Minister verschiedener Ressorts, seit vier Jahren steht er dem Finanzministerium vor.

Seehofer hält Söder für narzisstisch und in höchstem Maße intrigant. Er hält ihn für unfähig, die Nummer eins in der CSU zu sein. Er maßregelt ihn öffentlich, wo er nur kann. „Wer jeden Tag einen Förderbescheid überreicht“, sagte er einmal, „der ist noch lange kein Stratege“. Söder wiederum verbietet es sich, über Seehofer herzuziehen. Wahrscheinlich hat er gar nichts gegen ihn, außer dass er seiner Karriereplanung im Weg steht. Söder sagte in der jüngsten Sitzung der CSU-Fraktion, in der es eigentlich um irgendeine Form der Teil-Ablösung Seehofers gehen sollte, dass er zur Zusammenarbeit, zum Kompromiss bereit sei. „Ja“, lacht der Landtagsabgeordnete, „wenn er Ministerpräsident wird, dann schon“.

Seehofer ist der Gedanke an einen Kronprinzen fremd

Hätte es nicht so schön sein können für die beiden? Hier der politische Ziehvater, dort der Kronprinz? Einander zugewandt, vertraut, jeder wäre sich seiner Rolle bewusst und seiner Verantwortung? Wahrscheinlich ist es so, dass Seehofer der Gedanke fremd ist, sich einen Kronprinzen zu ziehen. Er ist ein Einzelkämpfer, der mit wechselnden Mehrheiten arbeitet, mit Beziehungen auf Zeit. Es bereitet ihm diebisches Vergnügen zu sehen, wie sich sein jüngeres Umfeld abstrampelt, um es ihm recht zu machen. Alexander Dobrindt etwa oder Andreas Scheuer, dessen Nachfolger als CSU-Generalsekretär. Seehofer zauberte einen Karl-Theodor zu Guttenberg hervor, um über ihn nach seinem Abgang als „Glühwürmchen“ zu lästern.

Söder hat Seehofer 2008 nach der verpatzten Landtagswahl des Unglücks-Duos Beckstein/Huber vor allem als einen Zugezogenen, als Eindringling wahrgenommen, der aus Berlin kam und in München plötzlich Parteivorsitzender und Ministerpräsident wurde. Politisch war Söder dem Vorvorgänger Edmund Stoiber verbunden, der war für ihn eine Art Ziehvater. Und Söder hat sein ganz eigenes Geflecht in der Partei. Um ein Verhältnis zueinander haben sich beide nie bemüht, weder Seehofer noch Söder. An dieser Stelle muss die Geschichte erzählt werden, von der nicht bekannt ist, ob sie und was davon stimmt: Kampf um den CSU-Parteivorsitz 2007, Erwin Huber gegen Seehofer. Die „Bild“-Zeitung outet Seehofers Liebesbeziehung zu einer Bundestagsmitarbeiterin und das neu geborene uneheliche Kind. Seehofer glaubt, dass Söder dies dem Boulevardblatt gesteckt hat, um ihm als Kandidaten zu schaden.

Manche sehen Söder als "bad guy"

Als Markus Söder während der langen Parteivorstandssitzung vergangene Woche Interviews gab und sagte „es gibt keine Lager“, da lachten die Journalisten in der CSU-Zentrale laut auf. So unglaubwürdig, so künstlich geschauspielert kam das rüber. Ein Teil der Partei und der Öffentlichkeit sehen ihn als „bad guy“ per se, als üble Type, der man alles zutraut. Doch ist vielleicht genau das sein Handicap – dass er mit seinem Pokerface, seinem coolen Macho-Blick so wirkt, auch wenn er gar nicht immer so sein will? „Wird er nicht von seinen Gegnern ständig in diese Schublade gesteckt?“, fragt der Lager-neutrale Abgeordnete. „Ich habe mit dem Markus noch nie schlechte Erfahrungen gehabt. Er hört zu, er ist verbindlich. Und er lässt es sich sagen, wenn er Mist gebaut hat.“

In der Schlussphase der schon episch anmutenden Machtkampf-Saga sind beide Männer dabei, die ganze Partei zu zerlegen. Ein oberbayerischer CSU-Kommunalpolitiker sagt: „Das geht so an der Realität vorbei. Wir kleben die Wahlplakate und reden mit den Leuten. Wir haben die Schnauze voll von diesem Mist.“

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