Neue Demonstrationen?: In Hellas regiert die Straße
Das Privatisierungsprogramm in Griechenland soll noch schneller vorangetrieben werden. Trotzdem schreckt Papandreous Regierung vor einschneidenden Reformen zurück. Drohen nun neue Demonstrationen?
Berlin - Die Regierung des griechischen Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou muss erst ihre Hausaufgaben machen, bevor sie die nächste Tranche in Höhe von acht Milliarden Euro aus dem laufenden Griechenland-Hilfspaket bekommt. Das war die Botschaft, die am Ende der vergangenen Woche hinter der Abreise der Experten der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank (EZB) und des Internationalen Währungsfonds aus Athen steckte.
In Brüssel ist man unter anderem verärgert darüber, dass die Griechen beim Abbau des Staatsdefizites nicht so vorankommen wie geplant. Im vergangenen Jahr lag die Neuverschuldung in Hellas bei 10,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP). Im Gegenzug zum ersten Rettungspaket in Höhe von 110 Milliarden Euro, das Griechenland im Mai 2010 erhielt, muss das Krisenland seine Neuverschuldung senken – und zwar auf 7,6 Prozent des BIP im laufenden Jahr sowie 2012 auf 6,5 Prozent. Der griechische Finanzminister Evangelos Venizelos hatte in der vergangenen Woche allerdings einräumen müssen, dass das Etatdefizit in diesem Jahr über der geplanten Marke liegen wird. Experten rechnen nun mit einem Minus von mindestens 8,5 Prozent.
Während Papandreous Regierung die schwere Rezession in Griechenland dafür verantwortlich macht, dass die Einnahmen des Staates weit hinter den Erwartungen zurückbleiben, werden in Brüssel mehrere Versäumnisse in Athen moniert. So sind trotz der Ankündigung Papandreous, bis Ende September 1,7 Milliarden Euro durch Privatisierungen zu erlösen, derzeit tatsächlich erst 400 Millionen Euro durch den Verkauf von Staatsbesitz in die Staatskasse geflossen. Am Dienstag Abend kündigte Finanzminister Evangelos Venizelos eine raschere Umsetzung des Privatisierungsprogramms an. Athen werde ab Mittwoch zum Verkauf bestimmte Anteile an öffentlichen Unternehmen sowie andere Aktiva in einen dazu bestimmten Fonds übertragen. Der Fonds solle dann „sofort“ Verhandlungen über den Verkauf staatlicher Anteile an der Gasgesellschaft Depa, der Ölfirma Helpe und eines Teils von Staatsimmobilien aufnehmen.
Verschlimmert wird die Lage dadurch, dass Papandreou weiterhin mit Haushaltsausgaben im großen Stil zu kämpfen hat, die unter anderem vom aufgeblähten Staatsapparat verschlungen werden. Wie die Zeitung „Kathimerini“ berichtete, verlangten die Buchprüfer der EU, der EZB und des IWF die Entlassung von 7500 Staatsangestellten. Solche Einschnitte dürften die Griechen erneut auf die Straßen treiben.
Albrecht Meier
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