Verdacht auf Meineid: Immunität von AfD-Chefin Frauke Petry ist jetzt aufgehoben
Kein Landtagsabgeordneter in Sachsen hat Widerspruch eingelegt: Damit ist die Immunität von AfD-Chefin Frauke Petry aufgehoben. Ihr droht jetzt die Anklage.
Der Sächsische Landtag hat die Immunität von AfD-Chefin Frauke Petry aufgehoben. Das bestätigte Landtagssprecher Christian Schulze dem Tagesspiegel. Somit kann nun gegen Frauke Petry Anklage erhoben werden. Die Staatsanwaltschaft ermittelt bereits seit über einem Jahr gegen sie wegen des Verdachts auf Meineid oder fahrlässigen Falscheid. Sie soll in einer Sitzung des Wahlprüfungsausschusses des Landtags im November 2015 in einer Zeugenaussage unter Eid falsch ausgesagt haben. "Der Landtagspräsident wird noch am heutigen Dienstag das sächsische Justizministerium über die Aufhebung der Immunität von Frauke Petry informieren", sagte Sprecher Schulze. Damit bekommt dann auch die Staatsanwaltschaft auf offiziellem Wege von dem Beschluss Kenntnis.
Am 17. August hatte der Immunitätsausschuss des sächsischen Landtages einstimmig die Aufhebung der Immunität von Frauke Petry empfohlen und so dem Antrag der Staatsanwaltschaft entsprochen. Daraufhin hatte der Landtagspräsident die Mitglieder des Landtages über das Votum informiert. Diese hatten danach sieben Tage Zeit, Widerspruch gegen die Entscheidung einzulegen. Dies ist aber bis zum Ablauf der Frist am Montagabend nicht passiert. Somit wurde die Empfehlung des Immunitätsausschusses in einen Beschluss des Landtages umgewandelt.
AfD-Chefin Petry hatte sich selbst für die Aufhebung ihrer Immunität ausgesprochen, weil sie in einem Verfahren öffentlich Stellung nehmen könnte zu den Vorwürfen, die gegen sie erhoben werden.
Die Abgeordneten ließen Petry unter Eid aussagen
Die Geschichte, um die sich alles dreht, beginnt im Jahr 2014, bei der Aufstellung der Landesliste für den sächsischen Landtag. Ursprünglich stand auf Platz 14 das AfD-Mitglied Arvid Immo Samtleben. Doch der Landesvorstand beschloss später, ihn wieder von der Liste zu streichen. Samtleben behauptete, er sei gestrichen worden, weil er der Partei kein privates Darlehen geben wollte. Damit sollten die Listenkandidaten den Wahlkampf der AfD unterstützen. Das Darlehen sollte offenbar automatisch in eine Spende umgewandelt werden, sollte der Kandidat ein Landtagsmandat erhalten.
Samtleben beschwerte sich - denn wäre er nicht von der Liste gestrichen worden, säße er heute im Landtag. In der Folge beschäftigte sich der Wahlprüfungsausschuss mit der Frage. Bei einer Sitzung im November 2015 wurde auch Frauke Petry befragt. Im Ausschuss gab es Zweifel, dass sich Petry wahrheitsgemäß äußern würde. Die Abgeordneten ließen die Parteichefin daraufhin unter Eid aussagen. Danach stellte unter anderem der Linken-Abgeordnete André Schollbach Strafanzeige. Wegen des Verdachts auf Meineid leitete die Staatsanwaltschaft im Mai 2016 ein Ermittlungsverfahren gegen Petry ein.
Petry gab offenbar selbst ein Darlehen
Petry hat bei der Befragung durch den Wahlprüfungsausschuss möglicherweise an mehreren Stellen die Unwahrheit gesagt. Laut "Spiegel" interessieren die Staatsanwaltschaft zwei besonders: So hatte Petry in ihrer Aussage erklärt, das Darlehen sollte sich "gegebenenfalls in eine Spende umwandeln, sofern der Kandidat das wollte und ein Landtagsmandat errungen hat". Im Darlehensvertrag stand aber offenbar nichts von so einer Freiwilligkeit. Außerdem hatte Petry vor dem Wahlprüfungsausschuss gesagt, sie selbst habe keinen Darlehensvertrag unterschrieben. Ihr damaliger Ehemann habe stattdessen dem Landesverband Geld gespendet. Allerdings stießen die Ermittler auf einen von Petry unterschrieben Darlehensvertrag.
Munition für innerparteiliche Gegner
Nachdem nun ihre Immunität aufgehoben wurde, ist der Weg frei für weitere Ermittlungsmaßnahmen. Wenn die Staatsanwaltschaft schließlich Anklage erhebt, muss diese aber noch vom Gericht zugelassen werden. Dies geschieht in der Regel nur, wenn das Gericht auch mit einer Verurteilung rechnet. Sollte Petry wegen Meineids schuldig gesprochen werden, droht ihr eine Freiheitsstrafe von nicht unter einem Jahr. Bis zu zwei Jahren können Freiheitsstrafen allerdings zur Bewährung ausgesetzt werden.
Innerparteilich steht Petry wegen der Ermittlungen gegen sie unter Beschuss. Ihr Kontrahent, AfD-Spitzenkandidat Alexander Gauland, hatte vorige Woche ihre politische Zukunft in Frage gestellt. Eine Anklageerhebung sei eine mögliche Belastung im Wahlkampf. Es gebe zwar keinen Handlungsbedarf, solange nur die Staatsanwaltschaft gegen Petry ermittele, erklärte er. "Erst wenn ein deutsches unabhängiges Gericht ein Hauptverfahren eröffnet, dann muss man neu darüber nachdenken."