Die EU und der westliche Balkan: Im Wartestand
Auf absehbare Zeit können die Staaten des westlichen Balkans der EU nicht beitreten. Bei einem Gipfel in London soll aber sichergestellt werden, dass sie nicht zum Spielball von China, Russland oder der Türkei werden.
Die Europäische Union möchte nicht zulassen, dass die Region des westlichen Balkans zum Spielball von Mächten wie China, Russland und der Türkei wird. Andererseits ist ein baldiger EU-Beitritt der Westbalkan-Staaten angesichts der Erweiterungsmüdigkeit in der EU nicht absehbar. Vor diesem Hintergrund fand am Dienstag in London ein EU-Westbalkan-Gipfel statt, an dem Albanien, Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Mazedonien, Montenegro und Serbien teilnahmen. Vor dem Treffen sagte der Europa-Staatsminister im Auswärtigen Amt, Michael Roth, dem Deutschlandfunk, der Beitritt zur EU sei für die betreffenden Staaten „noch ein langer und beschwerlicher Weg“. Er stehe „nicht morgen oder übermorgen vor der Tür“, sagte der SPD-Politiker weiter.
Bilaterale Kooperation in der Region soll gestärkt werden
Um den sechs Westbalkan-Staaten zumindest die EU-Beitrittsperspektive zu erhalten, hat die Bundesregierung 2014 einen so genannten „Berliner Prozess“ ins Leben gerufen. Dabei geht es darum, die bilaterale Kooperation zwischen den Ländern in der Westbalkan-Region zu stärken und die Staaten in den Bereichen des Verkehrs, der Energieinfraastruktur, der Jugend und der Wirtschaft besser an die EU anzubinden.
Skepsis in Frankreich
Allerdings gibt es innerhalb der EU unterschiedliche Sichtweisen auf einen möglichen EU-Beitritt der Westbalkan-Länder. Frankreich, das bei der Londoner Konferenz durch Außenminister Jean-Yves Le Drian vertreten war, verlangt vor weiteren Beitritten zunächst eine grundlegender Erneuerung der Europäischen Union. Die Skepsis Frankreichs schlug sich auch in einem Beschluss des letzten EU-Gipfels im Juni wieder. Demnach können erste Beitrittsgespräche Ende 2019 mit Albanien und Mazedonien beginnen – allerdings unter der Voraussetzung, dass in den beiden Staaten bis dahin weitere Fortschritte im Bereich der Rechtsstaatlichkeit gemacht werden. Mit Serbien und Montenegro führt die EU bereits Beitrittsgespräche.
Streit zwischen Serbien und Kosovo
Wenige Stunden vor Beginn der Londoner Konferenz brach ein schwerer Streit zwischen Serbien und seiner früheren Provinz Kosovo aus. Belgrad drohte nach der Verhaftung von fünf Landsleuten im Kosovo mit dem Ende des von der EU vermittelten Kosovodialoges. „Sollten die fünf Verhafteten bis zum Abend nicht freikommen, wird es auf lange Sicht keinen Dialog geben“, sagte der in der serbischen Regierung für das Kosovo zuständige Marko Djuric in Belgrad. „Für mich ist das ein feiges, bestialisches und unverschämtes Verhalten“, sagte der Politiker weiter.
Spezialkräfte der Kosovo-Polizei hatten am Morgen die fünf Serben in der Region der Gemeinde Gnjilane südöstlich der Hauptstadt Pristina verhaftet. Sie sollen gegen die Verfassung des Landes gearbeitet haben, sagte Parlamentspräsident Kadri Veseli. Sollte Serbien seine Drohung wahr machen und die EU-Vermittlung mit dem Kosovo auf Eis legen, wäre das ein schwerer Rückschlag für alle jahrzehntelangen Kompromissbemühungen des Westens. Das fast nur noch von Albanern bewohnte Kosovo ist seit 2008 von Serbien unabhängig. Belgrad erkennt das aber nicht an und will seine einstige Provinz wieder zurückhaben.(mit dpa)