Donald Trump unter Druck: Im Wahlkampf zu nah dran an Russland?
Trumps Wahlkampf-Team soll illegalerweise mit Russland Kontakt gehabt haben. Wie gefährlich kann das dem US-Präsidenten werden? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Donald Trump, Russland und die Geheimdienste: Fast kein Tag vergeht ohne neue Enthüllungen oder angebliche Informationen aus den Reihen der Sicherheitsdienste. Längst ist die Frage einer möglichen Zusammenarbeit zwischen dem Wahlkämpfer Trump und russischen Regierungsstellen zu einem politischen Spielball im Streit zwischen Anhängern und Gegnern des Präsidenten geworden. Nun aber könnte eine Meldung des Nachrichtensenders CNN der Angelegenheit eine neue Wendung geben, die weit über den Parteienstreit hinausreicht und Trump sehr gefährlich werden könnte.
Unter Berufung auf nicht näher definierte Behördenvertreter meldet der für seine Trump-kritische Haltung bekannte Sender, die Bundespolizei FBI sei auf Hinweise auf eine mögliche Zusammenarbeit zwischen dem Wahlkampfteam von Trump und der russischen Seite gestoßen. Das FBI führt eine von drei Ermittlungen wegen der mutmaßlichen russischen Einmischung in den Präsidentschaftswahlkampf zugunsten von Trump; die beiden anderen Untersuchungen laufen im Repräsentantenhaus und im Senat.
Der politische Sprengstoff der CNN-Geschichte ergibt sich daraus, dass sie zum ersten Mal eine konkrete Verbindung zwischen dem Trump-Team und Moskau beschreibt. Demnach könnten Helfer des heutigen Präsidenten der russischen Seite signalisiert haben, zu welchem Zeitpunkt bestimmte Informationen über das Lager der Trump-Gegnerin Hillary Clinton veröffentlicht werden sollten. Im Sommer vergangenen Jahres waren interne E-Mails von Clintons Demokratischer Partei aufgetaucht, die unter anderem eine Benachteiligung von Clintons innerparteilichem Rivalen Bernie Sanders durch die Parteiführung nahelegten.
Sollte die CNN-Meldung zutreffen, wäre Trump schwer angeschlagen, auch wenn er persönlich derzeit nicht beschuldigt wird. Doch er müsste sich vorwerfen lassen, mit einer ausländischen Macht kooperiert zu haben, um die Wahl zu gewinnen. Das könnte zu einem Amtsenthebungsverfahren führen.
Was ist dran an dem CNN-Bericht?
Das FBI äußerte sich zunächst nicht zu dem Bericht. Behördenchef James Comey hatte vor wenigen Tagen erstmals öffentlich bestätigt, dass die auch als Inlandsgeheimdienst fungierende Bundespolizei etwaige Verbindungen zwischen Trumps Wahlkampfmannschaft und russischen Stellen untersucht. Bei CNN hieß es, die Erkenntnisse über konkrete Absprachen zwischen dem Trump-Team und Russland stützten sich auf Hinweise von Informanten sowie Aufzeichnungen über Reisen und Telefongespräche, Dokumente von Unternehmen und auf Berichte über persönliche Treffen der beteiligten Personen.
Wer diese Personen sind, blieb zunächst unklar. In der Vergangenheit waren unter anderem Trumps früherer Wahlkampfmanager Paul Manafort und der ehemalige Sicherheitsberater Michael Flynn genannt worden. Sie weisen die Anschuldigungen zurück, doch beiden werden zum Teil millionenschwere Geschäftsverbindungen mit der russischen Regierung und Kreml-treuen Unternehmern vorgeworfen. Bei CNN hieß es, die Untersuchungen seien noch nicht abgeschlossen, doch bilde der Verdacht einer Kooperation zwischen Trumps Mannschaft und Russland einen Schwerpunkt der Ermittlungen.
Wie gefährlich kann das für Trump werden?
Die Demokraten sind überzeugt, dass sich eine illegale Zusammenarbeit zwischen dem heutigen Präsidenten und Russland nachweisen lässt. Adam Schiff, Obmann der Demokraten im Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses, sagte, es gebe „mehr als Indizien“, die auf eine solche Kooperation hinweisen. Kritiker stellen schon lange die Frage nach den Gründen für Trumps auffällig Russland- freundliche Haltung. Sollten sich die von Schiff erwähnten Hinweise erhärten, dürfte Trump auch in der eigenen Partei in Bedrängnis geraten. Ein formelles Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten ist aber nur mit Mehrheiten in beiden Häusern des Kongresses möglich. Zuletzt war Präsident Bill Clinton nach seiner Affäre mit der Praktikantin Monica Lewinsky vor dem Kongress angeklagt, im Februar 1999 jedoch freigesprochen worden.
Im Fall Trump fordern die Demokraten die Einsetzung eines unabhängigen Sonderermittlers, um die Klärung der Frage aus dem Parteienstreit herauszuhalten. Die meisten Republikaner lehnen dies bisher aber ab. Trump bezeichnet die immer wieder vorgebrachten Vorwürfe als Zeichen dafür, dass die Demokraten die Wahlniederlage des vergangenen Jahres noch nicht verwunden haben.
Was sagen die Republikaner?
Die Republikaner bringen ihre eigene Version von Geheimdiensterkenntnissen unters Volk, um Trump zu helfen. Der Präsident hatte vor wenigen Wochen behauptet, von seinem Amtsvorgänger Barack Obama abgehört worden zu sein. Beweise dafür gibt es nicht, wie auch FBI-Chef Comey diese Woche klarstellte. Nun aber meldete sich der republikanische Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im Repräsentantenhaus, Devin Nunes, mit der Behauptung zu Wort, die Kommunikation von Trump oder dessen engen Mitarbeitern sei möglicherweise von US-Diensten bei Lauschangriffen auf ausländische Verdächtige mit abgeschöpft worden. Bei den Abhöraktionen sei es nicht um Russland gegangen, betonte er.
Obwohl Nunes zugab, dass ein solches Abschöpfen nicht unbedingt illegal sei, warf er den Geheimdiensten vor, die Erkenntnisse über Trump an hochrangige Mitglieder der Obama-Regierung weitergeleitet zu haben. Mit Hinweis auf die Geheimhaltungspflicht legte Nunes keinerlei Beweise für seine These vor.
Nunes, der Mitglied im Team zur Vorbereitung der Amtsübernahme von Trump war, wird vorgeworfen, durch seine Nähe zur Regierung die Kontrollfunktion des Parlaments zu unterlaufen. Die Demokraten reagierten empört, nicht zuletzt weil Nunes zuerst Trump und das Weiße Haus über die angeblichen Erkenntnisse informierte, seine Kollegen im Geheimdienstausschuss aber im Dunkeln ließ. Nunes entschuldigte sich inzwischen. Für Trump war Nunes’ Auftritt ein Segen. Der Präsident zeigte sich zufrieden mit der Stellungnahme und sagte, er fühle sich bestätigt.
Wie ist das Verhältnis zwischen Trump und den Republikanern?
Die gegenseitigen Vorwürfe im Zusammenhang mit Geheimdiensterkenntnissen kommen zu einer Zeit, in der Trump versucht, Widerstände in der Republikanischen Partei im Kongress gegen seine Gesundheitspolitik zu überwinden. Ursprünglich sollte noch am Donnerstag das Repräsentantenhaus über eine Korrektur von Obamas Gesundheitssystem Obamacare abstimmen und damit ein wichtiges Wahlkampfversprechen Trumps umsetzen. Kritiker befürchten, dass Millionen Amerikaner nach der Reform der Reform aus dem Versicherungsschutz herausfallen werden.
In mehreren Krisensitzungen und Einzelgesprächen hatte Trump in den vergangenen Tagen versucht, genügend republikanische Stimmen für eine Annahme des Änderungspakets zusammenzubringen. Zuletzt kämpfte er vor allem um das Ja konservativer Politiker zu dem Plan. Nach US-Medienberichten wurde die Vorlage verschärft, um die Konservativen zu überzeugen, was jedoch gemäßigtere Republikaner verärgerte. Weil sich im Laufe des Donnerstags die Anzeichen dafür mehrten, dass die erforderliche Zahl von 216 Stimmen nicht zusammenkommen würde, wurde Medienberichten zufolge die Abstimmung letztlich doch auf unbestimmte Zeit vertagt.
Warum ist die Abstimmung so wichtig?
Bei dem Votum ging es nicht nur um die Gesundheitspolitik selbst. Der Streit um das Paket ist der erste wichtige Test für die Macht Trumps über die Republikaner im Kongress: Die Partei des Präsidenten stellt zwar in beiden Häusern des Parlaments die Mehrheit, ist intern aber durch viele ideologische Differenzen und Interessengegensätze gespalten. Zudem müssen viele Politiker an die eigene Karriere denken – das gesamte Repräsentantenhaus sowie ein Drittel des Senats werden bei einer Wahl im Herbst kommenden Jahres neu besetzt.
Trump drohte laut Medienberichten den Abgeordneten seiner Partei in den vergangenen Tagen mit Konsequenzen für ihre Kandidaturen, falls sie ihm in der Gesundheitspolitik nicht folgen wollen: „Ich werde euch zur Schnecke machen“, soll der Präsident gesagt haben. Doch auch Trumps innerparteiliche Gegner machen mobil: Die erzkonservativen Brüder David und Charles Koch, milliardenschwere Unternehmer, versprachen allen Abgeordneten, die sich gegen Trumps Gesundheitsreform stellen, Millionensummen für den nächsten Wahlkampf.