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Weist die Vorwürfe eines sexuellen Angriffs von sich: Präsidentschaftskandidat Joe Biden
© dpa/Paul Sancya

Biden bestreitet Übergriff-Vorwurf: „Ich sage unmissverständlich, dass es nie passiert ist“

US-Präsidentschaftskandidat Joe Biden weist die Vorwürfe eines sexuellen Übergriffs aus dem Jahr 1993 zurück. Doch ausgestanden ist der Fall noch nicht.

"Das ist nie passiert." Wochenlang hatte Joe Biden geschwiegen. Doch der Druck auf den designierten US-Präsidentschaftskandidaten wurde immer größer, zu Vorwürfen eines sexuellen Übergriffs vor 27 Jahren Stellung zu beziehen. Am Freitag wies der US-Demokrat die Anschuldigungen seiner früheren Mitarbeiterin Tara Reade dann in einem Fernsehinterview entschieden zurück.

Doch ausgestanden ist der Fall damit noch lange nicht: Die Vorwürfe sind eine schwere Hypothek für den Mann, der im November Präsident Donald Trump herausfordern wird.

"Es ist nicht wahr", sagte der frühere Vizepräsident und langjährige Senator im Sender MSNBC über die Anschuldigungen. "Ich sage unmissverständlich, dass es nie passiert ist, und es ist nicht passiert."

Biden soll Tara Reade 1993 sexuell attackiert haben

Der Fall Tara Reade hatte zunächst als Hintergrundrauschen begonnen und sich dann zu einem wahren Gewittergrollen entwickelt. Die heute 56-Jährige wirft Biden vor, sie 1993 sexuell attackiert zu haben, als sie für den damaligen Senator arbeitete. In einem Podcast sagte Reade Ende März, Biden habe sie in einem Flur des US-Kongresses an die Wand gedrückt, ihr unter die Kleidung gegriffen und "mich mit seinen Fingern penetriert".

Die Lage ist - wie so häufig bei solchen Vorwürfen - kompliziert, Zeugen von dem mutmaßlichen Vorfall gibt es keine. Inzwischen haben mehrere Bekannte der Frau gegenüber Medien angegeben, Reade habe ihnen damals von einem solchen Vorfall berichtet. Eine Reihe von früheren Mitarbeitern Bidens erklärten dagegen, nie von den Vorwürfen gehört zu haben.

Joe Biden im Gespräch mit Co-Moderatorin Brzezinski von der TV-Sendung «Morning Joe».
Joe Biden im Gespräch mit Co-Moderatorin Brzezinski von der TV-Sendung «Morning Joe».
© dpa

Reade selbst gibt an, damals eine Beschwerde bei der zuständigen Kongressstelle eingereicht zu haben. Biden rief am Freitag dazu auf, im Nationalarchiv nach dem Dokument zu suchen, und beteuerte zugleich, er habe nie von einer solchen Beschwerde gehört.

Gegen den 77-jährigen Politik-Veteranen hatte es in der Vergangenheit schon Vorwürfe gegeben, er gehe bei Frauen zu sehr auf Tuchfühlung und berühre sie manchmal unangemessen. Biden hat sich dafür vor einem Jahr entschuldigt und erklärt, er habe als Politiker stets "eine Verbindung zu Menschen aufbauen" wollen. Reades Anschuldigungen haben aber eine ganz andere Dimension.

Fall ist politisch brisant

Juristisch betrachtet ist der Fall verjährt. Und auch wenn womöglich nie geklärt wird, ob die Vorwürfe wahr oder unwahr sind: Sie sind politisch extrem gefährlich für Biden.

Denn zwar gibt es ungleich mehr und schwerer wiegende Vorwürfe gegen seinen Rivalen Trump. Doch der Immobilienmilliardär war 2016 trotz der Anschuldigungen zahlreicher Frauen zum Präsidenten gewählt worden - und trotz der berühmt gewordenen Tonaufnahme aus dem Jahr 2005, in der Trump prahlte, als "Star" könne er Frauen ungefragt "an der Muschi packen".

Die Wähler der Republikaner waren bereit, über all das hinwegzusehen. Bei den Wählern der Demokraten - und in der Partei selbst - könnte das anders sein. Außerdem hat die #MeToo-Bewegung in den vergangenen Jahren grundsätzlich zu einem neuen Bewusstsein über sexuelle Gewalt geführt.

Für Biden sind die Vorwürfe auch deswegen so problematisch, weil er im Wahlkampf gegen Trump mit seinem Ruf des untadeligen Elder Statesman punkten will. Der einstige Stellvertreter von Präsident Barack Obama verspricht immer wieder, er wolle nach den turbulenten und von Skandalen geprägten Trump-Jahren wieder Anstand ins Weiße Haus bringen.

Biden: "Ich habe nichts zu verbergen"

Kommentatoren lobten Bidens TV-Auftritt am Freitag, weil er die Vorwürfe ruhig zurückwies und zugleich keinerlei persönlichen Angriff auf Reade fuhr - ganz anders als Trump in der Vergangenheit mit Frauen verfahren war, die ihm sexuelle Übergriffe zur Last gelegt hatten.

Doch Reades Vorwürfe dürften Biden im Wahlkampf verfolgen. "Ich habe nichts zu verbergen", beteuerte der 77-Jährige am Freitag. Seine Parteifreunde dürften inständig hoffen, dass dem wirklich so ist. (AFP)

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