Proteste in der islamischen Welt: Hunderttausende Hisbollah-Anhänger demonstrieren gegen Schmähfilm
Der Chef der schiitischen Hisbollah-Miliz, Hassan Nasrallah, hatte zur "Woche des Protestes" gegen den antiislamischen Schmähfilm aufgerufen. Seine Anhänger folgten ihm auf die Straße, zur bisher größten Demonstration gegen den Film.
Im Libanon haben Hunderttausende Anhänger der Schiiten-Bewegung Hisbollah gegen das Mohammed-Schmähvideo protestiert. Während der Kundgebung in den südlichen Vororten von Beirut riefen sie am Montag: „Die Vereinigten Staaten sind der große Satan“ und „Israel ist der Feind des Islam“.
Der Chef der israelfeindlichen, extremistischen Hisbollah-Miliz im Libanon, Hassan Nasrallah, hatte vorher zu einer Woche des Protests gegen den Film „Die Unschuld der Muslime“ aufgerufen. „Die ganze Welt muss die Wut in euren Gesichtern, euren Fäusten und euren Schreien sehen“, sagte er am Sonntagabend in einer im Fernsehen übertragenen Ansprache. Die ganze Welt müsse begreifen, dass Mohammed Anhänger habe, die zu dem Film nicht schweigen würden.
Den Film, der in zahlreichen muslimischen Ländern in den vergangenen Tagen zu gewalttätigen Protesten geführt hatte, bezeichnete Nasrallah als „den schlimmsten jemals gestarteten Angriff auf den Islam“. Der Film sei noch verheerender als die Verbrennung des Koran in Afghanistan und die Veröffentlichung von Mohammed-Karikaturen in Europa.
Außerdem forderte er eine internationale Vereinbarung, die Angriffe auf Religionen in Zukunft verbietet. Die Regierungen müssten darauf dringen, dass der Prophet Mohammed und der Koran auf der ganzen Welt respektiert würden, erklärte Nasrallah. Gleichzeitig machte er die USA für den Film verantwortlich. „Diejenigen, die zur Verantwortung gezogen und boykottiert werden sollten, sind diejenigen, die die Produzenten unterstützen und beschützen, nämlich die US-Regierung“, sagte Nasrallah.
Die deutsche Politik debattiert, wie mit dem umstrittenen Film "Die Unschuld der Muslime" umzugehen sei: SPD und Grüne sind gegen ein Aufführungsverbot, der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach plädierte am Montag dafür. In der islamischen Welt gehen die Proteste unterdessen weiter.
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Im Nordwesten Pakistans sind bei gewaltsamen Protesten am Montag ein Demonstrant getötet und zwei weitere verletzt worden. Bei den Demonstrationen in Warai in der Unruheprovinz Khyber Pakhtunkhwa kam es zu Zusammenstößen mit der Polizei sowie zu Schusswechseln, wie die örtlichen Behörden mitteilten. Zuvor hatte die Menge von rund 800 Demonstranten einige Gebäude in Brand gesteckt.
Zwischen 2500 und 3000 Studenten, Professoren und andere Demonstranten gingen zudem in der Provinzhauptstadt Peshawar auf die Straße. Sie zündeten Autoreifen und eine US-Flagge an und blockierten eine Straße vor der Universität der Stadt.
Auch in Kabul haben mehr als tausend Menschen haben am Montag gegen den in den USA produzierten islamfeindlichen Film protestiert. Einige Demonstranten zündeten Autos an und riefen „Tod für Amerika“, wie der Polizeichef der afghanischen Hauptstadt, Mohammed Ajub Salangi, sagte. Zudem eröffneten demnach aus der Menge heraus einige Menschen das Feuer auf Polizisten, dabei wurden dutzende verletzt. Die Polizisten schossen aber nicht zurück. „Und das werden wir auch nicht“, sagte Salangi.
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Die Proteste fanden den Angaben zufolge im Osten Kabuls auf der Straße von Dschalalabad statt. Dort befinden sich NATO- und US-Basen. Nach Angaben von Augenzeugen lagen Steine auf vielen Straßen, zudem schlossen Ladenbesitzer in der Gegend eilig ihre Geschäfte. Berichte über Verletzte lagen bislang nicht vor.
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In Indonesien fanden sich nach Berichten eines Reporters rund 50 Studenten zu Protesten vor einer US-Vertretung in Medan zusammen. Vor dem Konsulat traten sie auf einer US-Fahne herum und warfen Eier auf das Gebäude. Polizisten drängten die Menge zurück, als sie auf das Gelände vordringen wollten. Auch vor der US-Botschaft in der Hauptstadt Jakarta gab es Proteste, dort kam es ebenfalls zu gewaltsamen Zusammenstößen mit der Polizei, bei denen ein Beamter verletzt wurde. Die Polizei setzte Wasserwerfer und Tränengas ein und gab Warnschüsse ab.
Erdogan für weltweite Ächtung der Islamophobie
In Malaysia war der Film am Sonntag von Google gesperrt worden, nachdem die dortige Medienkommission sich beschwert hatte. Der Informationsminister von Malaysia hieß indirekt Aktionen gegen den Videokanal Youtube und dessen Besitzer Google gut. „Der Besitzer von Youtube verdient es nicht, vor dem Zorn der Muslime oder dem langen Arm des Gesetzes bewahrt zu werden“, sagte Rais Yatim in einer schriftlichen Erklärung, die die staatliche malaysische Nachrichtenagentur Bernama am Montag veröffentlichte. Gut 60 Prozent der Einwohner Malaysias sind Muslime.
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Yatim warf Youtube mangelnde Sensibilität vor, weil es die Verbreitung des Films, in dem der Prophet Mohammed als Gewalttäter, Frauenhelden und Kinderschänder verunglimpft wird, nicht stoppt. „Youtube nimmt den Tumult, den es ausgelöst hat, gar nicht wahr“, schimpfte der Minister.
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Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan will unterdessen eine weltweite Ächtung der Islamophobie erreichen. Er werde das Thema bei der bevorstehenden UN-Vollversammlung in New York zur Sprache bringen, sagte Erdogan nach Presseberichten vom Montag. Er verwies darauf, dass die muslimische Türkei den Antisemitismus als Verbrechen gegen die Menschlichkeit gebrandmarkt habe. Dagegen habe der Westen die Islamophobie nicht geächtet, sondern sogar noch dazu ermuntert.
Erdogan hatte in den vergangenen Tagen den US-Film als beleidigend kritisiert, zugleich aber vor gewaltsamen Reaktionen gewarnt; den tödlichen Angriff auf den US-Botschafter in Libyen bezeichnete er ausdrücklich als „Terror“. Anders als in anderen muslimischen Ländern gab es in der Türkei bislang keine gewaltsamen Proteste. Erdogan schrieb dies der Politik seiner Regierung zu, die unter anderem durch Reformen wie die Aufhebung des Kopftuchverbots an den Universitäten den radikalen Kräften das Wasser abgegraben habe. Seine Regierung habe in dieser Hinsicht „wie ein Blitzableiter“ fungiert.
(afp, dapd, dpa)