Arbeitsmarkt: Hubertus Heil will Jobs für Langzeitarbeitslose bezuschussen
Der Arbeitsminister legt seinen Gesetzentwurf für den sozialen Arbeitsmarkt vor. Das Bundeskabinett soll noch vor dem Sommer zustimmen.
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will zehntausende Langzeitarbeitslose per Gesetz mit staatlich bezuschussten Jobs versorgen. Sein Gesetzentwurf für den geplanten sozialen Arbeitsmarkt ging nun in die Ressortabstimmung innerhalb der Bundesregierung. Ziel sei es, dass das Kabinett noch vor dem Sommer zustimmt, sagte Heil. In Kraft treten sollen die Neuregelungen zum 1. Januar des nächsten Jahres. „Es geht darum, dass wir Langzeitarbeitslosen eine dauerhafte Perspektive schaffen“, sagte Heil am Freitag beim Besuch einer gemeinnützigen Projektgesellschaft in Hennigsdorf bei Berlin.
Das im Koalitionsvertrag mit der Union vereinbarte Programm „Teilhabe am Arbeitsmarkt“ zielt auf Menschen ab, die in den vergangenen sieben Jahren mindestens sechs Jahre lang Hartz-IV-Leistungen erhalten haben. Das sind laut Arbeitsministerium rund eine Million Erwerbsfähige. Während die Beschäftigung steigt und steigt, verharrt diese Zahl seit Jahren auf einem ähnlich hohen Niveau. 100000 bis 200000 werden als „Härtefälle“ bezeichnet, im Jobcenter-Jargon auch „Kunden mit multiplen Vermittlungshemmnissen“ genannt.
In den nächsten Jahren sollen nun vier Milliarden Euro aufgewendet werden, um bis zu 150.000 Menschen in einen regulären sozialversicherungspflichtigen Job in der Wirtschaft, bei sozialen Einrichtungen oder den Kommunen zu vermitteln. Die Grundidee: Statt Hartz IV und Wohnung wird ein regulärer Arbeitsplatz finanziert. Langzeitarbeitslose kommen so aus dem Hilfebezug heraus und nehmen am normalen Arbeits- und Gesellschaftsleben teil. Zielgruppe sollen zu einem großen Teil Arbeitslose zwischen 50 und 65 Jahren sein. Alle bekommen eine begleitende Betreuung, ein so genanntes Coaching, heißt es.
„Man muss bei der Zielgruppe schon sehr aufpassen“, sagte Peter Kupka vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) kürzlich dem Tagesspiegel. „Es soll Langzeitarbeitslosen helfen, die sonst wirklich keine Perspektive haben.“ Die Erwartung dürfe aus seiner Sicht nicht sein, alle Teilnehmer wieder in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren. Es gehe vor allem um soziale Teilhabe.
Subvention für fünf Jahre
Der Arbeitsplatz wird nach den Plänen des Arbeitsministers für fünf Jahre mit staatlichen Zuschüssen subventioniert. Die ersten beiden Jahre übernimmt die Bundesagentur für Arbeit die Lohnkosten zu einhundert Prozent, danach sinkt der Zuschuss jährlich um zehn Prozent. „Ich habe den Eindruck, dass das jetzt eine Riesenchance ist für Deutschland“, sagte Heil. Die gute Lage auf dem Arbeitsmarkt müsse genutzt werden, um den Sockel verfestigter Langzeitarbeitslosigkeit endlich aufzubrechen.
Bei der Art der Jobs geht es vor allem um einfache Tätigkeiten, um Helferjobs. Das kann heißen, die Teilnehmer des Programms restaurieren schrottreife Oldtimer, erledigen kleinere Verwaltungstätigkeiten, harken Laub im Park, mähen den Rasen auf Sportplätzen, helfen bei Umzügen. Anders als bei bestimmten Maßnahmen der Jobcenter soll es sich aber um echte, nicht um Pseudoarbeiten zum bloßen Zeitvertreib, handeln. Da Langzeitarbeitslose mit der Zeit auch ganz allgemeine Tugenden wie Pünktlichkeit verlieren, sie es nicht gewohnt sind, sich mehrere Stunden am Stück zu konzentrieren und eventuell gesundheitliche, psychische oder Suchtprobleme haben, hält Kupka eher Teilzeit- als Vollzeitstellen für geeignet.
Kritik an Heils Konzept kommt von den Arbeitgebern. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) wendet ein, die Menschen müssten möglichst schnell aus der Betreuung durch die Arbeitsverwaltung herausgebracht werden. Den Grundsatz missachte der Minister. „Diese staatlichen Job-Subventionspläne sind eher das Problem als die Lösung“, sagte Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter. „In Zeiten eines boomenden Arbeitsmarktes mit fast 800.000 gemeldeten Stellen, darunter 145.000 im Helferbereich, muss die GroKo alles dafür tun, Langzeitarbeitslose fit für den ersten Arbeitsmarkt zu machen.“ Es sei zwar grundsätzlich richtig, für die Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit mehr Geld in die Hand zu nehmen. Dies müsse aber für Qualifizierung, für betriebsnahe Maßnahmen und intensive Betreuung und Begleitung der Menschen in den Jobcentern zur Verfügung gestellt werden.
Am Mittwoch hatte Heil angekündigt, auch die Bedingungen für den Bezug des Arbeitslosengeldes I verbessern zu wollen. Anspruch darauf soll künftig bereits jemand haben, der innerhalb von drei Jahren zehn Monate sozialversicherungspflichtig beschäftigt war, und nicht erst zwölf Monate. Zudem strebt Heil mehr Weiterbildungen an. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi lobte dies als „Schritt in die richtige Richtung“. „Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen fit gemacht werden für den digitalen Wandel“, erklärte Bundesvorstandsmitglied Dagmar König.