zum Hauptinhalt
Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) bei der bayerischen Kabinettsklausur am Montag in St. Quirin am Tegernsee.
© Sven Hoppe/dpa

Nach dem Urteil zum Betreuungsgeldl: Horst Seehofers halbe Sachen

Es ist das Lieblingskind der CSU: das Betreuungsgeld. Deshalb will es die bayerische Regierungspartei nach der Absage des Bundesverfassungsgerichts auch beibehalten. Aber für Ministerpräsident Horst Seehofer ist es trotzdem eine Pleite.

Horst Seehofer ahnte, was an diesem Tag auf ihn zukommen würde, als er mit seinem Kabinett in St. Quirin unter sonnigem weiß-blauem Himmel am schönen Tegernsee tagte. Und so erklärt der CSU-Chef und bayerische Ministerpräsident recht gefasst, dass die Niederlage beim Betreuungsgeld in Karlsruhe eigentlich gar nicht so schlimm ist, wie man vielleicht denken würde.

„Das Betreuungsgeld wird es in Bayern weiter geben“, sagt Seehofer. Emilia Müller, Sozialministerin im Freistaat, hat nun die Aufgabe, ein „bayerisches Betreuungsgeld“ auf den Weg zu bringen, möglichst bis zum September. Seehofer erklärt das so: „Die Zuständigkeit wechselt, das Anliegen bleibt.“ Eine Wahlfreiheit der Eltern sei „Markenkern bayerischer Familienpolitik“. Doch der nächste Streit mit den Berliner Koalitionspartnern ist schon programmiert. Denn nach Vorstellung der CSU soll der Bund den Ländern das Geld dafür zur Verfügung stellen. Das wird wieder zu langen Runden im Berliner Koalitionsausschuss führen. Wenn vor allem die SPD hart bleibt, muss Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) das Geld aus der eigenen Kasse zahlen.

Natürlich ist die Karlsruher Absage eine heftige Niederlage für die CSU. Denn damit sind ihre beiden wesentlichen Projekte in der Bundespolitik ausgebremst oder stark gefährdet. Die Pkw- Maut für Ausländer wird vom Europäischen Gerichtshof geprüft und könnte wegen Verstößen gegen europäisches Recht in der Sackgasse enden. Und das Betreuungsgeld ist nicht konform mit der deutschen Verfassung. Die bayerische Opposition frohlockt. Grünen-Fraktionschefin Margarete Bause meint: „Wo CSU draufsteht, ist Unsinn drin.“ Der politisch angeschlagene bayerische SPD-Chef Florian Pronold verlangt, das frei werdende Geld in mehr Kinderbetreuung zu stecken.

Nichts scheint dem Patriarchen Seehofer so richtig zu gelingen in seinem politischen Herbst. Bayern muss mit seinen besonders vielen neuen Flüchtlingen zurechtkommen, ansonsten geht politisch nicht viel, die Sommerpause steht bevor. In Grenznähe sollen nun zwei Lager errichtet werden speziell für Asylbewerber, die möglichst schnell wieder abgeschoben werden. Aus der CSU kommen scharfe Töne gegen Flüchtlinge, während es in Unterkünften brennt.

Horst Seehofer ist angezählt

Bis zur nächsten Landtagswahl im Herbst 2018 werde er regieren, hatte Seehofer versprochen. Doch dann nicht noch einmal antreten. Diese Ankündigung, die eigentlich für Transparenz sorgen sollte, dürfte er schon oft bereut haben. Damit ist er politisch angezählt – ganz im Gegensatz übrigens zu Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die weiterhin offen hält, wie ihre Zukunft aussieht. In Bayern aber werden die Abstände von einer Nachfolgedebatte zur nächsten immer kürzer. Gegenwärtig kocht die Diskussion, wer aus welchen Gründen auf Seehofer folgen könnte oder auch nicht, etwa alle drei Wochen hoch. Und Seehofers Bastas verhallen ungehört.

Die Nachfolge-Favoriten laufen sich warm

Klare Favoriten sind weiterhin Finanzminister Söder und Ilse Aigner, derzeit Wirtschaftsministerin. Aigner meinte beim CSU-Bezirksparteitag, dass der künftige Kandidat für das Amt des Ministerpräsidenten aus Oberbayern kommen sollte, weil das die meisten Stimmen brächte. Das ist eine klare Ansage gegen den aus Franken stammenden Markus Söder. Den will Seehofer nicht, er fährt ihm immer wieder öffentlich in die Parade. Doch was bedeutet Seehofers Wort noch?

Söder profiliert sich weiter und erhöht die Schlagzahl. Redet immer wieder über einen griechischen „Grexit“, bringt die Idee auf, Asylbewerbern das Taschengeld von 140 Euro monatlich zu streichen, veröffentlicht auf Facebook ein Jugendfoto von sich mit einem übergroßen Franz-Josef-Strauß-Poster, das über seinem Bett gehangen haben soll. Und er attestiert sich selbst, dass er „Bierzelt-tauglich“ sei. In der Partei kommt er sehr gut an, auch in Oberbayern. Nur er selbst könnte sich noch mit Fehlern oder Unbedachtsamkeiten stoppen.

Patrick Guyton

Zur Startseite