Streit um Waldbrände am Amazonas: „Hier ist Brasilien, hier haben wir das Sagen“
Brasiliens Regierung bleibt stur. Hinter Hilfsangeboten zum Kampf gegen die Waldbrände vermutet sie böse Absichten. Kanzlerin Merkel telefoniert mit Bolsonaro.
Brasilien will sich im Streit um die verheerenden Waldbrände und den Amazonasfonds für Hilfszahlungen nicht das Heft aus der Hand nehmen lassen. „Werden wir den Amazonasfonds annehmen und uns dafür weiter prostituieren? Hier ist Brasilien, hier haben wir das Sagen“, sagte der Präsidentensohn und Parlamentsabgeordnete Eduardo Bolsonaro. „Wenn sie weiter einzahlen wollen, sollen sie das tun. Wenn nicht, herzlichen Dank. Wir werden nicht heulen und alles tun, um dieses Geld zu bekommen.“
Der Fonds wird vor allem von Norwegen und zu einem kleineren Teil auch von Deutschland getragen. Er finanziert Projekte für Umweltschutz, Wiederaufforstung und nachhaltige Entwicklung im Amazonasgebiet. Wegen der umstrittenen Umweltpolitik von Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro hatte Norwegen seine Zahlungen zuletzt gestoppt. Bundesumweltministerin Svenja Schulze kündigte an, Fördermittel ihres Hauses auf Eis zu legen. Die deutsche Beteiligung am Amazonasfonds über das Bundesentwicklungsministerium (BMZ) ist davon bislang nicht betroffen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) telefonierte am Freitagabend mit Jair Bolsonaro - und betonte nach Regierungsangaben ihre Bereitschaft, beim Schutz des Amazonasgebiets mit Brasilien zusammenzuarbeiten.
Eduardo Bolsonaro wollte derweil gemeinsam mit dem brasilianischen Außenminister Ernesto Araújo nach Washington reisen. Bei dem geplanten Treffen mit US-Präsident Donald Trump sollte es um die Waldbrände im Amazonasgebiet und die wirtschaftlichen Beziehungen der beiden Länder gehen. Bolsonaro will seinen Sohn zum Botschafter in den Vereinigten Staaten machen. Kritiker sprachen daraufhin von Vetternwirtschaft.
„Amazonas Gegenstand internationaler Gier“
Jair Bolsonaro hatte zuletzt auch die Annahme eines Hilfsangebots der G7-Staaten von Bedingungen abhängig gemacht. Der Staatschef wirft den reichen Industrieländern vor, die Souveränität seines Landes zu missachten und ein Auge auf die Bodenschätze der Region geworfen zu haben. Auch sein Sohn Eduardo vermutet unlautere Motive: „Amazonien, diese schöne Frau, trifft einen Typen. Er geht zu ihr, blinzelt ihr zu, will ihr einen Drink kaufen. Ich glaube nicht, dass dieser Drink ganz kostenlos ist, oder?“
Der Leiter des brasilianischen Sicherheitskabinetts vermutet ebenfalls, dass hinter der weltweiten Anteilnahme an den Bränden wirtschaftliche Interessen stecken. „Es ist unverantwortlich zu glauben, dass der Amazonas nicht Gegenstand internationaler Gier ist“, sagte General Augusto Heleno bei einem Militärkongress. „Die Welt steckt in einer Krise, einer Nahrungsmittelkrise, einer Rohstoffkrise. Es ist also offensichtlich, dass es klare Ambitionen in Bezug auf das Amazonasgebiet gibt.“
In Brasilien wüten derzeit die schwersten Brände seit Jahren. Seit Anfang des Jahres wurden in dem südamerikanischen Land über 87.000 Feuer registriert - 76 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Trotzdem liegt die Zahl der Brände nach Angaben der US-Weltraumbehörde Nasa noch immer etwa im Durchschnitt der vergangenen 15 Jahre. Zwischen 2002 und 2007 sowie 2010 gab es deutlich mehr Feuer.
Nach Einschätzung von Umweltschützern stecken meist Farmer bereits abgeholzte Flächen in Brand, um neue Weideflächen für Rinder und Ackerland für den Soja-Anbau zu schaffen. Wegen der Trockenzeit greifen die Feuer aber auch immer wieder auf noch intakte Waldflächen über. Kritiker werfen dem rechten Präsidenten Bolsonaro vor, ein Klima geschaffen zu haben, in dem sich Farmer zu immer mehr Brandrodungen ermutigt fühlen.