Berufungsverfahren: Hessen muss Kindsmörder Gäfgen entschädigen
Magnus Gäfgen war im Verhör Folter angedroht worden, wofür er eine Entschädigung zugesprochen kam. Dagegen ging das Land Hessen in Berufung - jetzt entschied das Oberlandesgericht darüber.
Das Land Hessen muss dem verurteilten Kindsmörder Magnus Gäfgen eine Entschädigung von 3000 Euro für die Folterdrohung in einem Polizeiverhör zahlen. Das Oberlandesgericht in Frankfurt wies am Mittwoch die Berufung des Landes gegen ein früheres Urteil des Landgerichts Frankfurt vom August 2011 zurück. Zuvor war das Berufungsverfahren nach etwa einer Stunde unterbrochen worden und auf den Nachmittag vertagt worden.
Zehn Jahre nach dem Mord an dem Frankfurter Bankierssohn Jakob von Metzler ging es darum, ob und in welcher Höhe Gäfgen dafür entschädigt wird, dass ihm im Polizeiverhör Folter angedroht worden war. Der 37 Jahre alte Gäfgen verfolgte den Prozess ohne erkennbare Regung.
Nach einem Urteil des Frankfurter Landgerichts vom August 2011 muss das Land Gäfgen wegen „schwerer Verletzung der Menschenwürde“ eine Entschädigung von 3000 Euro plus Zinsen bezahlen. Gegen diese Entscheidung ist das Land Hessen in Berufung gegangen. Einen von Gäfgen angestrebten Vergleich hat es abgelehnt.
Das Landgericht musste sich in seinem Urteil auf die Vorgaben des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) stützen. Dieser hatte im Juni 2010 festgestellt, dass die Androhung von Folter eine unmenschliche Behandlung im Sinne der Europäischen Menschenrechtskonvention war und ausnahmslos verboten ist.
Der 1. Zivilsenat des OLG berät in der Verhandlungspause unter anderem über ein am Dienstag veröffentlichtes Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH). Nach Auffassung des Landes ist Gäfgen, der Privatinsolvenz angemeldet hat, danach nicht mehr prozessbefugt. Sein Treuhänder müsse entscheiden, ob er den Prozess aufnehme, argumentierte der Vertreter des Landes, Thomas Kittner. Gäfgens Anwalt war das BGH-Urteil zunächst noch nicht bekannt.
Gäfgen war 2003 wegen Mordes vom Landgericht Frankfurt zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Das Gericht stellte außerdem die besondere Schwere der Schuld fest. (dpa)
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