Machtkampf in der AfD: Henkels Fehde setzt Lucke unter Druck
Bernd Lucke will alleiniger Chef der AfD werden. Nun geht Ex-Parteivize Hans-Olaf Henkel gegen NRW-Landeschef Marcus Pretzell vor. Am Ende stärkt das Luckes Co-Chefin Frauke Petry.
Dass Bernd Lucke Mitte Juni beim Bundesparteitag in Kassel zum alleinigen AfD-Chef gewählt wird, damit scheinen bis jetzt selbst seine schärfsten innerparteilichen Gegner zu rechnen. Die Frage dürfte eher sein, mit welchem Ergebnis das passiert. Allenfalls auf 50 bis 60 Prozent Zustimmung dürfe er noch hoffen, ist in der AfD vielerorts zu hören. Für einen Mann, dem die Partei einmal zu Füßen lag, wäre das keine glanzvolle Bestätigung – eher ein indirektes Misstrauensvotum.
Unter anderem wird Luckes Position durch eine Fehde zwischen Ex-Parteivize Hans-Olaf Henkel und NRW-Landeschef Marcus Pretzell belastet. Henkel war am Donnerstag aus dem AfD-Bundesvorstand zurückgetreten. Der Schritt hatte viel Aufsehen erregt, auch wenn eine Bestätigung Henkels durch den Kasseler Parteitag ohnehin fraglich war. Am Montag nun betrieb Henkel den Ausschluss Pretzells von Sitzungen der AfD-Europaabgeordneten – unter anderem, weil dieser Interna an die Presse weitergegeben haben soll. In Teilen der Partei wird diese Maßnahme als überzogen betrachtet, die Lucke hätte verhindern müssen. „Herr Henkel scheint es darauf anzulegen, die Partei kaputt zu machen“, sagte Parteivize Alexander Gauland dem Tagesspiegel. „Es wäre wohl besser, wenn er von sich aus die Konsequenz ziehen würde.“
Nicht bei allen in der Partei ist Pretzell in Ungnade gefallen. Dieser hatte im Zuge einer privaten Steueraffäre die kurzzeitige Sperrung eines Parteikontos seines Landesverbandes in Nordrhein-Westfalen verursacht. So zeigte sich die sächsische Landes- und Fraktionschefin Frauke Petry am Wochenende demonstrativ mit Pretzell zusammen bei einem „AfD-Mittelstandsforum“ in Dresden, auf dem Berlins Ex-Finanzsenator Thilo Sarrazin über den Euro und die Griechenland-Krise sprach.
Was passiert, wenn Petry bei den Delegierten viel besser abschneidet als Lucke?
Auf Petry richten sich viele Blicke in der AfD, wenn es darum geht, ob Lucke in Kassel mit einer Gegenkandidatur rechnen muss. Die neue Satzung der AfD sieht vor, dass dort zunächst zwei Vorsitzende gewählt werden, von denen ab Dezember einer nur noch als Stellvertreter amtiert, während der andere dann alleiniger Parteichef wird. Petry hatte bisher stets ausgeschlossen, Lucke den Chefposten streitig machen zu wollen. Aus ihrem Umfeld heißt es nun, dass dies vielleicht auch gar nicht nötig sei. Wenn Petry beim Parteitag ein Ergebnis erziele, das weit über dem von Lucke liege, dann sei sie automatisch in einer starken Position, auch wenn Lucke formal alleiniger Chef sei. Petry müsse sich dann auch nicht den Vorwurf gefallen lassen, sie sei für eine Spaltung der Partei verantwortlich und treibe sie weiter nach rechts.
Fabian Leber