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Der französische Außenminister Laurent Fabius dankt der "cher Barbara", der Gastgeberin Barbara Hendricks, für die Einladung zum Austausch. Hendricks hält eine "Superheldenmaske" in der Hand, die ihr vor Beginn der Konferenz von der Kampagnenorganisation Avaaz samt 2,3 Millionen Unterschriften für ein starkes Klimaziel überreicht worden war.
© Britta Pedersen/dpa

Petersberger Klimadialog: Hendricks fordert langfristig klimaneutrale Weltwirtschaft

Zur Eröffnung des Petersberger Klimadialogs in Berlin wirbt Bundesumweltministerin Barbara Hendricks für ein langfristiges Ziel.Frankreichs Außenminister Laurent Fabius dämpft die Erwartungen an den Pariser Gipfel im Dezember.

Der Petersberger Klimadialog hat zwei Aufgaben: Mit Blick auf die Minister aus 37 Ländern, die an dem Vorbereitungstreffen für den Weltklimagipfel in Paris (COP21) Ende des Jahres teilnehmen, soll es darum gehen, den Kernelementen eines neues Klimaabkommens näher zu kommen. Mit Blick auf die Öffentlichkeit haben sich die beiden Vorsitzenden, Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) und der Gastgeber des Klimagipfels in Paris, der französische Außenminister Laurent Fabius, darum bemüht, die Erwartungen nicht zu groß werden zu lassen. Beide gaben schon zur Eröffnung des sechsten Petersberger Klimadialogs offen zu, dass die vorliegenden und zu erwartenden nationalen Klimaschutzpläne (INDCs) wohl nicht ausreichen werden, um das bereits beschlossene Zwei-Grad-Ziel zu erreichen. Schon vor sechs Jahren hatte sich die Weltgemeinschaft darauf geeinigt, die globale Klimaerwärmung unter zwei Grad im Vergleich zum Beginn der Industrialisierung halten zu wollen.

Die Formel, die Hendricks und Fabius dafür gefunden haben, lautet so: "Die COP21 ist ein Zielpunkt, wird aber auch ein neuer Ausgangspunkt der Klimapolitik sein." Damit meinen die Minister durchaus verschiedenes. Fabius sagte zur Eröffnung des Dialogs in Berlin, dass in Paris "eine Allianz für das Klima" gegründet werden solle. Hendricks warb dafür, ein langfristiges Klimaziel zu beschließen, nämlich die Weltwirtschaft "in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts klimaneutral zu machen". Das heißt: Weltweit sollen fossile Energieträger wie Kohle, Öl und Gas durch kohlendioxidfreie Energiequellen wie etwa erneuerbare Energien ersetzt werden. Das könnte, wenn auch eher theoretisch, weil ziemlich unbezahlbar, auch Atomenergie sein oder der Einsatz von Technologien, die das CO2 aus Verbrennungsprozessen einfangen und unterirdisch verpressen (CCS). Zudem solle ein "Mechanismus zur Erhöhung der Ambition bei den nationalen Klimazielen" gleich mitbeschlossen werden, sagte sie. Denn "das geht natürlich nicht, dass wir mit den nationalen Verpflichtungen eher bei drei als zwei Grad Erwärmung landen", stimmte Fabius am Montagmorgen zu.

Hendricks fängt mit den guten Nachrichten an

Hendricks trug zu Beginn ihrer Eröffnungspressekonferenz zunächst einmal die "guten Nachrichten" von der Klimafront vor. 2014 ist der CO2-Ausstoß aus industriellen Prozessen weltweit zum ersten Mal seit Jahrzehnten nicht gewachsen, "obwohl die Wirtschaft gewachsen ist", sagte sie. Der Höhepunkt der CO2-Emissionen aus der Kohleverbrennung in China sei erreicht, fuhr sie fort. Und die Investitionen in erneuerbare Energien seien weltweit wieder gestiegen auf 270 Milliarden Dollar allein 2014. Fabius ergänzte, dass es "überall den politischen Willen gibt", an einem Abkommen zu arbeiten, auch wenn "noch viel zu tun" sei.

Obwohl Fabius die Erwartungen an den Pariser Gipfel zu senken versuchte, sagte er dennoch klar: "Es gibt keine Alternative. Denn es gibt keinen alternativen Planeten." Eine Dekarbonisierung sei eine Überlebensnotwendigkeit, sagte er weiter. Hendricks sagte in ihrer Eröffnungsrede, Klimapolitik sei eine "moralische Pflicht", es sei ökonomisch aber auch unklug, nicht an der Dekarbonisierung der Wirtschaft zu arbeiten. Das sei die Voraussetzung für den Wohlstand der Zukunft, meinte sie.

Fabius nennt vier Kernelemente eines Abkommens

Laurent Fabius nannte vier Kernelemente des Pariser Abkommens, die er auch in Berlin zur Diskussion stellen wollte. Das Abkommen solle "universell, rechtlich verbindlich und dauerhaft" sein. Dabei seien die Anstrengungen, sich den schon nicht mehr vermeidbaren Klimawandel anzupassen so hoch zu bewerten wie die Bemühungen, den Treibhausgasausstoß zu senken. Damit meint er, dass alle Staaten sich zum Klimaschutz verpflichten sollten, nicht nur die Industrieländer wie das noch im Kyoto-Protokoll der Fall gewesen war. Wie die rechtliche Verbindlichkeit aussehen wird, dürfte noch viel Diskussionsstoff bieten, weil dem europäischen Wunsch nach einem "Protokoll", das alle Parlamente ratifizieren müssten, die nicht nur amerikanische Realität entgegensteht, dass der Kongress in den USA ein solches Abkommen vermutlich nie billigen wird. Eine rechtliche Verbindlichkeit, die mit Hilfe präsidentialer Vollmachten erfüllt wird, wäre deshalb auch für Schwellenländer wie China das Mittel der Wahl.

Über das zweite Element, die nationalen Klimapläne (INDCs) sollte auch in Berlin intensiv diskutiert werden. Denn die wenigen bisher vorliegenden INDCs sind kaum vergleichbar. Sie wählen verschiedene Jahre als Bezugspunkte, und fast alle verbindet, dass sie den eigenen Beitrag besser aussehen lassen, als er tatsächlich ist. Hendricks mahnte deshalb für den Petersberger Dialog auch "Ehrlichkeit" an.

Fabius und Hendricks waren sich einig, dass die Finanzierungsfrage eine der entscheidenden Punkte für den Abschluss eines Abkommens sein werde. Beide erwarten, dass der inzwischen arbeitsfähige Grüne Klimafonds noch vor dem Pariser Gipfel erste Finanzierungsentscheidungen treffen werde. Wie die von 2020 an zugesagten 100 Milliarden Dollar pro Jahr für die Klimafinanzierung zustande kommen sollen, soll aber auch auf dem im Juni bevorstehenden G-7-Gipfel in Elmau eine wichtige Rolle spielen.

Als neues Element nannte Fabius zudem die neu geschaffene Möglichkeit für Firmen, Städte oder die Zivilgesellschaft, ergänzend ebenfalls Verpflichtungen zu übernehmen. Wie schon bei der Finanzierung hoffen beide auf viel privates Engagement.

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