Angriff aufs Assad Regime: Hat Israel den syrischen Stützpunkt bombardiert?
Raketen haben einen Luftwaffenstützpunkt in der Provinz Homs getroffen – Russland und Syrien machen Israel dafür verantwortlich. Ganz abwegig ist das nicht.
Die Amerikaner streiten alles ab, die Israelis geben wie immer bei militärischen Angelegenheiten keinen Kommentar ab. Für Russland und Syrien ist die Sache allerdings klar: Die Regierenden in Jerusalem haben den Angriff auf die Militärbasis T4 westlich von Palmyra angeordnet.
Zwei israelische Kampfjets vom Typ F-15 sind demnach die Luftangriffe geflogen. Der Stützpunkt der Armee in der Provinz Homs sei vom libanesischen Luftraum aus mit acht Raketen beschossen worden, fünf davon seien von der Luftverteidigung abgewehrt worden. Auch das syrische Staatsfernsehen verbreitet inzwischen diese Darstellung. Zuvor hatte Damaskus noch die USA verantwortlich gemacht.
Der oppositionsnahen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte zufolge sind bei der nächtlichen Attacke mindestens 14 Menschen getötet worden. Unter den Opfern sollen iranische Soldaten und Kämpfer der schiitischen Hisbollah-Miliz gewesen sein.
Und: Der Luftschlag erfolgte kurz nach einem mutmaßlichen Giftgasangriff des syrischen Regimes – Damaskus spricht von „fabrizierten Anschuldigungen“ – auf die Stadt Douma in der einstigen Rebellenhochburg Ost-Ghouta. Dabei sind nach Angaben von Hilfsorganisationen Dutzende, womöglich sogar Hunderte Frauen, Kinder und Männer ums Leben gekommen.
Die Frage lautet nun: Wer steckt hinter dem Angriff auf die syrische Militärbasis? Und war es eine Vergeltung für den vermuteten Einsatz von Chemiewaffen? Dass Russland und die mit ihm verbündete Regierung in Damaskus jetzt Israel dafür verantwortlich macht kommt nicht von ungefähr.
Israel hat wiederholt syrische Armeestellungen angegriffen. Ziel waren häufig Konvois und Stützpunkte von Milizen, die von Teheran unterstützt werden und an Assads Seite Aufständische bekämpfen. Der israelische Geheimdienst geht davon aus, dass die T-4-Basis vom Iran genutzt wird, um die Hisbollah mit Waffen zu versorgen.
Erst im Februar soll die Regierung von Benjamin Netanjahu einen Raketen-Schlag gegen die Basis befohlen haben. Vermutlich, weil von diesem Flughafen eine iranische Drohne startete, die in den israelischen Luftraum eindrang. Experten vermuten außerdem, dass auf dem Flugplatz ein großes russisches Militärkontingent stationiert ist. Von dort aus würden häufig Kampfjets zu Angriffen auf Rebellengebiete starten.
Israel betont immer wieder, sich nicht in den Syrienkrieg einmischen zu wollen. Prinzipiell mag das stimmen, und der Staat der Juden ist mit dieser Haltung in den vergangenen sieben Jahren recht gut gefahren. Allerdings gibt es ein großes Aber: Sollte sich im benachbarten Land irgendetwas tun, was den Sicherheitsinteressen Israels zuwider läuft, wird dagegen etwas unternommen.
Mit großen Sorgen und noch größerem Unmut beobachten die Verantwortlichen in Jerusalem, wie sich der Erzfeind Iran immer mehr in Syrien festsetzt. Die Mullahs stehen nach wie vor fest an Assads Seite – und wollen dafür belohnt werden. Im Klartext heißt das: mehr Einfluss.
Syrien gehört nach iranischer Lesart zum Bestandteil eines „schiitischen Halbmonds“, also eines Teheran-treuen Machtgebiets. Der soll die Golanhöhen einschließen, um eine Landverbindung zwischen dem Iran und der libanesischen Hisbollah zu schaffen. Für Israel wäre ein derartiger Korridor ein Horror, den es zu verhindern gilt.
Deshalb werden als Warnung immer wieder Angriffe auf iranische Ziele in Syrien geflogen. Der Einsatz von Chemiewaffen gilt ebenfalls als rote Linie. Israels sefardischer Oberrabiner Jitzchak Josef spricht sogar von einer moralischen Pflicht der Juden, dem Sterben in Syrien Einhalt zu gebieten. Am Sonntag sagte er, dort fände ein „grausamer Genozid mit Massenvernichtungswaffen statt“. Israel dürfe daher nicht stumm bleiben, sondern müsse versuchen, dieses Massaker zu stoppen.
Die jüngste Attacke auf den Stützpunkt T4 hat – egal, von wem er ausgeführt wurde – sicherlich den Segen der Amerikaner. Donald Trump erklärte nach dem vermuteten Einsatz von Chemiewaffen, Assad sei ein „Tier“. Er werde einen hohen Preis zahlen. Einige Beobachter gehen davon aus, dass es womöglich eine Absprache zwischen Washington und Jerusalem gab.
Trumps neuer Sicherheitsberater, John Bolton, befürwortet ohnehin „signifikante Luftangriffe gegen das Assad-Regime“. Ob die von eigenen Jets geflogen werden, ist damit aber nicht gesagt. Trump hat angekündigt, die USA werden sich rasch aus Syrien zurückziehen.
Einer, der offen dem syrischen Regime droht, ist Emmanuel Macron. Erst kürzlich warnte Frankreichs Präsident vor einem Chemiewaffeneinsatz gegen Zivilisten. Wäre dieser erwiesen, sei das eine rote Linie. Doch ob Macron letztendlich es wagt, sich mit Russland als Assads Schutzpatron anzulegen, ist fraglich.
Bisher beschränkte sich Frankreich darauf, den Weltsicherheitsrat zu einer Dringlichkeitssitzung einzuberufen. Dort besitzt Moskau allerdings ein Vetorecht. Und von dem hat Russland schon mehrfach Gebrauch gemacht.