Nach mutmaßlichem Giftgasangriff: Syrische Regierung und Russland werfen Israel Luftangriff vor
Nicht identifizierte Kampfjets haben eine syrische Militärbasis beschossen. Mit einem möglichen Giftgasangriff in Ost-Ghuta befasst sich nun der UN-Sicherheitsrat.
Eine Militärbasis in Homs im Westen Syriens ist von Raketen angegriffen worden. Das berichtete die staatliche syrische Nachrichtenagentur Sana. Die syrische Flugabwehr habe acht Raketen abgeschossen, sagte die Nachrichtenagentur unter Berufung auf Militärquellen. Zivilisten berichteten nach dem syrischen Fernsehen von Explosionsgeräuschen. Unklar war zunächst, wer für den Beschuss verantwortlich war. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichtete, dass bei dem Luftangriff mindestens 14 Menschen getötet wurden. Bei den Opfern handele es sich um Angehörige der syrischen Armee und ihrer Verbündeten, darunter Iraner, erklärte die Stelle am Montag.
Russland hat unterdessen Israel für den Angriff verantwortlich gemacht. Zwei F-15-Kampfjets der israelischen Armee hätten den Stützpunkt mit acht Raketen attackiert, erklärte das russische Verteidigungsministerium am Montag nach Angaben russischer Nachrichtenagenturen. Die Raketen seien vom libanesischen Luftraum aus abgefeuert worden. Auch die syrische Armee machte Israel für den Angriff verantwortlich.
Pentagon dementiert Gerüchte, dass es sich um US-Angriff handele
Das Pentagon dementierte Gerüchte, dass es sich bei dem Raketenbeschuss auf die Militärbasis in Homs um einen US-Angriff handeln könnte. „Derzeit führt das Verteidigungsministerium keine Luftschläge in Syrien aus“, sagte ein Sprecher. Nichtsdestotrotz werde die Situation genau beobachtet. Das Pentagon unterstütze die laufenden diplomatischen Anstrengungen, um die Verantwortlichen für den Einsatz von Chemiewaffen in Syrien und anderswo zur Verantwortung zu ziehen.
Libanesischen Medien zufolge hatten Bewohner nahe der südöstlichen Grenze zu Syrien in den frühen Morgenstunden von Kampfjets im Luftraum berichtet, was möglicherweise auf einen Angriff aus Israel hindeuten könnte. Die Berichte konnten vorerst nicht unabhängig verifiziert werden.
Der Raketenangriff folgt auf Berichte über einen mutmaßlichen Giftgasanschlag der syrischen Armee auf die Stadt Duma in der Rebellenhochburg Ost-Ghuta, bei dem am Samstag mehr als 150 Menschen getötet und mehr als 1000 verletzt worden sein sollen.
UN-Sicherheitsrat befasst sich mit mutmaßlichem Chemiewaffeneinsatz
Mit dem mutmaßlichen Chemiewaffenangriff befasst sich der UN-Sicherheitsrat am Montag. Die USA beantragten eine Dringlichkeitssitzung mit acht weiteren Staaten, darunter auch die ständigen Ratsmitglieder Frankreich und Großbritannien. Auf Antrag Russlands soll es noch ein separates zweites Treffen geben.
US-Präsident Donald Trump und sein französischer Amtskollege Emmanuel Macron hatten am Sonntag zu den Ereignissen in Syrien telefoniert, wie das Weiße Haus und der Elyséepalast mitteilten. Die beiden Staatsmänner hätten den mutmaßlichen Giftgasangriff scharf kritisiert und sich darauf verständigt, dass die syrische Führung um Präsident Baschar al-Assad zur Verantwortung gezogen werden müsse.
„Sie haben sich darauf verständigt, Informationen zur Art der Attacke auszutauschen und eine starke, gemeinsame Reaktion zu koordinieren“, hieß es vom Weißen Haus nach dem Telefonat. Man wolle gemeinsame Aktionen und Initiativen mit dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen koordinieren, hieß es aus dem Elyséepalast. Es gab zunächst keine stichhaltigen Beweise dafür, dass der mutmaßliche Giftgaseinsatz auf das Konto Assads geht. Russland und der Iran weisen die Vorwürfe zurück.
Bundesregierung verurteilt Einsatz von Chemiewaffen
Am Montag verurteilte auch die Bundesregierung den mutmaßlichen Chemiewaffenangriff "auf das Schärfste". Vieles deute darauf hin, dass sich die Berichte "bewahrheiten", erklärte am Montag ein Sprecher des Auswärtigen Amts in Berlin. In diesem Fall hätte die Regierung des syrischen Machthabers Baschar al-Assad "erneut international geächtete Waffen eingesetzt und Unschuldige auf grausame Art und Weise getötet".
„Die Verantwortlichen für den Einsatz von Giftgas, für die gezielte Bombardierung ziviler medizinischer Infrastruktur, müssen zur Rechenschaft gezogen werden“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. „Und auch bei diesem Giftgaseinsatz deuten die Umstände auf die Verantwortlichkeit des Assad-Regimes hin.“ Seibert betonte, ein so schwerwiegender Verstoß gegen das Völkerrecht „darf nicht ungesühnt bleiben“.
OPWC untersucht Vorfall von Duma
Die Internationale Organisation für ein Chemiewaffenverbot (OPCW) untersucht den mutmaßlichen Giftgasangriff auf die syrische Rebellenhochburg Duma. Auf Grundlage der Berichte zu dem Vorfall sei bereits eine erste Analyse erstellt worden, sagte OPCW-Chef Ahmet Üzümcü am Montag. Nun würden weitere Informationen gesammelt um zu prüfen, ob tatsächlich Chemiewaffen eingesetzt worden seien.
Russlands Außenminister Sergej Lawrow sagte derweil bei einer Pressekonferenz in Moskau, russische Experten hätten in Duma "keinerlei Spuren" von Giftgas gefunden. "Unsere Militärspezialisten waren bereits vor Ort", sagte Lawrow. Sie hätten keine Spuren von Chlor oder anderen chemischen Substanzen gefunden, die gegen Zivilisten eingesetzt worden seien. Berichte über einen syrischen Angriff mit Chemiewaffen in Duma bezeichnete er als Provokation. Vorwürfe des Westens, Russland decke den syrischen Einsatz von Chemiewaffen gegen Zivilisten, bezeichnete der Minister der Agentur Interfax zufolge als antirussische Kampagne. (dpa, AFP)