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Ein Mitglied der jüdischen Gemeinde steht vor der Synagoge an Gedenkkränzen.
© Hendrik Schmidt/dpa-Zentralbild/dpa

„Faktisch alles verändert“: Halle gedenkt der Opfer des Anschlags mit zwei Toten

Um 12.01 Uhr fielen vor einem Jahr die ersten Schüsse in Halle (Saale). Zum ersten Jahrestag des Anschlags hielt die Stadt am Freitag für mehrere Minuten inne.

Ein Jahr nach dem rechtsextremen und antisemitischen Terroranschlag von Halle (Saale) wird mit zahlreichen Veranstaltungen und Gesten der Opfer gedacht. Auf dem Marktplatz der Stadt versammelten sich am Freitagmittag Hunderte Menschen und hielten von 12.01 Uhr an schweigend inne. Viele hielten sich an den Händen oder hatten Tränen in den Augen. Zeitgleich läuteten die Kirchenglocken in der Stadt. Damit erinnerte Halle an den Zeitpunkt, an dem am 9. Oktober 2019 der Anschlag begann. Bereits in den Morgenstunden hatten Passanten Blumen an den Tatorten abgelegt.

Am Nachmittag wird Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in Halle erwartet. Auch der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, und Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) sind vor Ort. Sie wollen unter anderem Gedenktafeln an den Tatorten enthüllen.

Der Anschlag in Halle habe „faktisch alles verändert“, sagte Haseloff dem Sender MDR Aktuell. Es würden Maßnahmen ergriffen, damit eine solche Tat „nie wieder“ vorkommt. Die Landesregierung habe unter anderem eine Studie in Auftrag gegeben, um die Ursachen des Antisemitismus in Sachsen-Anhalt zu analysieren.

Halles Oberbürgermeister Bernd Wiegand sagte, dass der Anschlag eine Wunde geschlagen habe, die als Narbe bleibe. „Diese Narbe sollten wir nicht verstecken: Sie mahnt uns, erinnert uns daran, wie verletzlich unsere Gesellschaft ist“, so der parteilose Stadtchef. Außenminister Heiko Maas (SPD) bezeichnete rechten Terror als „größte Gefahr für unser Land“.

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Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, warnte vor einem „steil ansteigenden Antisemitismus in Deutschland“. „Gerade in den vergangenen zwei Jahren haben Straftaten, auch Gewalttaten, gegen Juden und jüdische Einrichtungen in Deutschland erheblich zugenommen“, sagte Haldenwang dem Berliner „Tagesspiegel“. Antisemitismus habe es in Deutschland immer gegeben, aber nicht so offen, sagte der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, dem Fernsehsender Phoenix. „Jetzt, durch Hass und Hetze im Internet und in den sozialen Medien, wird er wieder salonfähiger.“

Vor einem Jahr hatte ein schwer bewaffneter Attentäter versucht, am höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur in die Synagoge in Halle einzudringen. Als ihm das nicht gelang, erschoss er davor eine 40 Jahre alte Passantin und in einem nahen Döner-Imbiss einen 20 Jahre alten Gast. Auf seiner Flucht verletzte der Attentäter zahlreiche weitere Menschen, ehe er von der Polizei gefasst wurde. Der 28 Jahre alte Deutsche Stephan Balliet hat die Taten eingeräumt, der Prozess gegen ihn läuft vor dem Oberlandesgericht Naumburg. Er ist wegen zweifachen Mordes und 86-fachen versuchten Mordes angeklagt. (dpa)

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