Philipp Amthor im Interview: „Haben auf Rezo-Video nicht gerade souverän reagiert“
Er gilt als konservative Nachwuchshoffnung der CDU: Im Interview spricht Philipp Amthor über die Kommunikation seiner Partei im Netz und den Umgang mit der AfD.
Herr Amthor, nachdem der Youtuber Rezo die CDU in einem Video vor ein paar Monaten scharf angriff, hieß es, die Union erreiche die jungen Menschen nicht. Was hat sich seitdem getan?
Es ist ein Lernprozess gefolgt. Dass wir bei der Europawahl bei jungen Menschen so schlecht abgeschnitten haben, lag zum einen daran, dass wir beim Thema Klima noch keine einheitliche Linie hatten. Zum anderen daran, dass wir bei der Debatte um das EU-Urheberrecht und die sogenannten Uploadfilter keine gute Figur gemacht haben. Und schließlich haben wir auch auf das Rezo-Video selbst nicht gerade souverän reagiert. Ich merke in meiner Arbeit jedoch sehr stark, dass sich gerade junge Leute durchaus auch nach klassisch bürgerlichen Werten sehnen. Wenn wir also bei der Kommunikation besser werden, bin ich optimistisch, dass wir bei den jüngeren Wählern wieder punkten können. Dass sich auch hier etwas tut, merkt man, wenn man sich anschaut, wie witzig die Parteizentrale auf Facebook um Social-Media-Mitarbeiter wirbt.
Da heißt es selbstironisch unter einem Bild eines Uralt-PCs, man suche Mitarbeiter, die sich mit „diesem Internet“ auskennen. Und dazu: Wer sie Stelle bekomme, dürfe sich das Video anschauen, das Sie damals als Antwort auf Rezo aufnahmen, das aber nie gezeigt wurde.
Ja. Den Fehleindruck, dass wir nicht mit dem Internet umgehen könnten, widerlegen wir jetzt.
Die CSU-Landesgruppe hat allerdings unter dem Titel #CSYOU ein Video-Format gestartet, bei dem ein junger Mann betont lustig die Themen der Woche bespricht. Dafür gab es mehr Spott als Anerkennung.
Das Video ist kommunikativ jedenfalls besser als das zwölfseitige PDF, das wir am Ende als Antwort auf Rezo veröffentlicht haben. Natürlich gibt es Kritik an diesem neuen Video-Format. Aber ich finde es mutig und es wird sich weiterentwickeln.
Warum sind Sie selbst nicht auf Twitter, obwohl Sie für die CDU Bedarf sehen an besserer digitaler Kommunikation?
Ich werde in nächster Zeit deutlich mehr in den sozialen Medien aktiv sein, aber Twitter halte ich nicht für ein geeignetes Medium. Wenn man sich die Diskussionen dort anschaut, merkt man eine deutliche Diskrepanz zwischen dem, was in der hypersensiblen Berliner Twitter-Blase diskutiert wird, und der Lebensrealität vieler Menschen in unserem Land. Natürlich kann man sich in den sozialen Medien eine Meinung bilden. Aber das „Real Life“ ist immer noch der geeignetere Ort für Diskussionen.
Sie gelten als Nachwuchshoffnung der CDU, werden im Netz aber auch für Ihr Erscheinungsbild und Ihr Alter veräppelt. Wie gehen Sie damit um?
Solange sich die Kommentare nicht unter der Gürtellinie befinden, muss man auch mal über sich selbst lachen können. Kritik, die sich auf reine Äußerlichkeiten bezieht, sagt hingegen mehr über das Niveau des Kritisierenden als über das des Kritisierten aus. Insoweit machen mich solche Oberflächlichkeiten nicht sonderlich betroffen. Es ist auch im Allgemeinen immer besser, unterschätzt als überschätzt zu werden. Manches gute Argument kommt dann umso besser zur Geltung.
Eine Ihrer ersten Reden im Bundestag schlug hohe Wellen, da erklärten Sie der AfD beim Thema Burkaverbot die Verfassung. Jetzt wird wieder viel diskutiert über den Umgang mit den Rechtspopulisten. Worauf kommt es dabei an?
Obwohl es fraglos stimmt, reicht es nicht aus, die AfD als eine rechtspopulistische Partei zu etikettieren, die sich nicht klar genug vom Rechtsextremismus abgrenzt. Wenn man sich darauf beschränkt, könnte der Eindruck entstehen, dass man sich vor einer inhaltlichen Auseinandersetzung drückt. Diese muss man aber suchen, weil sich die Wähler sonst nicht ernst genommen fühlen. Viele wählen die AfD nicht aus Überzeugung, sondern weil sie von der Politik insgesamt enttäuscht und mit bestimmten Themen unzufrieden sind. Deshalb müssen wir als Regierungspartei einerseits die inhaltlichen Schwächen der Konzepte der AfD aufzeigen, uns aber auch eingestehen, wo es noch Nachholbedarf gibt. Fragen der Wehrhaftigkeit des Rechtsstaates, der inneren Sicherheit, der Strukturpolitik und des gesellschaftlichen Zusammenhaltes gehören ganz oben auf die Agenda.
Sie zählen sich selbst zum konservativen Flügel der CDU. Haben Sie das Gefühl, dass die Partei in der Vergangenheit Mitte-rechts-Wähler nicht genügend abgeholt hat?
Die Wähler der AfD sind ja nicht vom Himmel gefallen. Es gehört zur Wahrheit, dass viele Wähler aus für uns entscheidenden Gruppen wie dem Mittelstand oder dem Handwerk gerade bei den letzten Wahlen im Osten zur AfD gewechselt sind. Das muss uns zu denken geben. Ich bin für eine Differenzierung: Die AfD-Politiker sind unsere politischen Gegner, die AfD-Wähler nicht. Sie will ich zurückgewinnen. Dabei geht es mir nicht etwa um NPD-Wähler, die jetzt zur AfD gewechselt sind und noch nie zum demokratischen Spektrum der CDU gehörten. Jenseits davon haben wir aber auch viele Wähler aus dem klassischen Mitte-rechts-Spektrum verloren, damit will ich mich nicht zufriedengeben.
Welche Rolle spielt dabei die rechtskonservative Werteunion in der CDU? Es gab ja auch innerhalb der eigenen Reihen viel Kritik an deren Galionsfigur, dem Ex-Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen.
Das ist ein Thema, das in unserer Partei noch nicht ausdiskutiert ist. Ich finde es wichtig, dass wir den politischen Gegner außerhalb und nicht innerhalb der eigenen Reihen sehen. Die Mitglieder der Werteunion sind genauso Parteimitglieder wie alle anderen CDU-Mitglieder auch. Auch wenn ich mir nicht jeden Tweet von Hans-Georg Maaßen zu Eigen mache, hat er im Wahlkampf explizit für unsere CDU gekämpft. Er will kein Erstarken der AfD, sondern eine starke CDU. Der wertkonservative Flügel unserer Partei reklamiert ja keinen Alleinvertretungsanspruch, er muss aber eben auch Gehör finden.
Auf die Abgeordneten des Bundestages kommt jetzt wieder die Frage zu, ob sie einen Kandidaten der AfD in das Amt des Bundestagsvizepräsidenten wählen. Sollten die Rechtspopulisten den Posten bekommen, trotz rechtsextremer Verstrickungen einiger Führungsfiguren?
Für die AfD ist die Nicht-Wahl ihrer Kandidaten jedes Mal Gelegenheit, sich in eine Märtyrerrolle zu begeben. Ich werde sehr häufig von Bürgern auf dieses Thema angesprochen, größtenteils mit Unverständnis. Das Parlament tut sich mit der Dauerhaftigkeit dieser Debatte keinen Gefallen. Ich kann und will den Kollegen der anderen Parteien nicht vorschreiben, wen sie wählen sollen. Aber ich persönlich wäre dafür, das Thema zu beenden. Ich habe insbesondere zuletzt den Eindruck, dass die AfD sich um vermittelbare Kandidaten bemüht.
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