Wissenslücken des Grünen-Chefs: Habeck und die Pendlerpauschale – ein Faktencheck
In einem TV-Interview sagt der Grünen-Chef, die Erhöhung der Pendlerpauschale erhöhe den Anreiz, mehr Auto zu fahren. Warum Habeck hier irrt.
Die Grünen kritisieren auf allen Kanälen das Klimapaket der großen Koalition. Doch in Sachen Pendlerpauschale hat sich Parteichef Robert Habeck alles andere als sattelfest gezeigt. Wie ein Bumerang kommt die Kritik nun auf ihn zurück. „Der Grünen-Chef, die Berufspendler und das Klima: Viel Meinung, wenig Ahnung“, meinte Arbeits- und Sozialminister Hubertus Heil (SPD).
Und die Vizepräsidentin des Europaparlaments, Katarina Barley warf die Frage auf, was medial los gewesen wäre, wenn CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer oder der als SPD-Chefin zurückgetretenen Andrea Nahles so ein Lapsus passiert wäre.
Das hat Habeck gesagt: Im ARD-„Bericht aus Berlin“ nannte der Grünen-Vorsitzende den Regierungsplan, zum Ausgleich für eine Bepreisung von Benzin und Diesel für den CO2-Ausstoß die Pendlerpauschale ab dem 21. Kilometer ab 2021 von 30 auf 35 Cent je Kilometer zu erhöhen, einen Anreiz, „möglichst weite Strecken zu fahren“.
„Wenn man den Benzinpreis um 3 Cent erhöht, die Pendlerpauschale aber um 5 Cent erhöht, dann lohnt es sich eher, mit dem Auto zu fahren, als mit der Bahn“. Darauf angesprochen, dass die Pendlerpauschale doch für alle Verkehrsmittel gelte, kam der Grünen-Chef ins Stottern: „Dann ist es ja nur die Erstattung des Bahntickets, und die (…) oder wird die dann…, das weiß ich gar nicht.“
Die Realität: Die Pendlerpauschale kann von den Steuerzahlern als Werbungskosten für ihren Weg zur Arbeit geltend gemacht werden, gleichgültig ob die Person mit dem Rad, zu Fuß, dem Bus, der Bahn oder dem Auto zur Arbeit fährt. Geregelt ist dies in § 9 Absatz 1 Nummer 4 des Einkommensteuergesetzes.
"Die Entfernungspauschale ist keine Kostenpauschale im eigentlichen Sinne und wird jedem Arbeitnehmer, losgelöst von den ihm tatsächlich entstehenden Fahrtkosten sowie unabhängig vom gewählten Transport- bzw. Verkehrsmittel für die Wege zwischen seiner Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte gewährt", heißt es in einer Antwort der Bundesregierung auf eine FDP-Anfrage.
Das Volumen macht rund 5,1 Milliarden Euro im Jahr aus. Die einfache tägliche Entfernung zur Arbeit wird in der Einkommenssteuererklärung angegeben, und zwar für alle Tage eines Jahres, an denen die Arbeitsstätte aufgesucht worden ist. Sie ist also eine Entfernungspauschale, die mit 30 Cent je Kilometer die Höhe des zu versteuernden Einkommens reduziert. Somit ist der Anreiz, verstärkt das Auto bei einer Erhöhung zu nutzen, nicht richtig. Und kaum jemand wird wegen 5 Cent mehr ab dem 21. Kilometer umziehen, um wie Habeck sagt, möglichst weite Strecken zu fahren.
Eine andere Frage: Wirft der Professor für Verkehrswesen und Verkehrsplanung an der TU Dortmund, Christian Holz-Rau, auf. Demnach wird die geplante CO2-Bepreisung, die Benzin bis 2026 um rund zehn Cent verteuern soll, klimapolitisch weitgehend verpuffen, während dem Staat durch die höhere Pendlerpauschale Steuereinnahmen entgehen.
Denn eigentlich soll die Bepreisung zum Umstieg auf klimafreundlichere Autos animieren, über das Preissignal und hohe Kaufprämien für Elektro-Autos. Die Rechnung des Professors: Die Abgaben auf Kraftstoffe bestehen aus der Energiesteuer, der Mehrwertsteuer und zukünftig aus der CO2-Bepreisung. Den Sockel bildet die Energiesteuer, die einschließlich der Mehrwertsteuer 77,9 Cent je Liter beträgt (Benzin).
„Von diesen 78 Cent frisst die Inflation (1,5 Prozent/Jahr) mehr als einen Cent pro Jahr; bis 2026 sind dies 7,7 Cent je Liter“, rechnet er vor. Die CO2-Bepreisung erhöhe die realen Abgaben auf Benzin also nicht um knapp 10 Cent je Liter, sondern bis 2026 um gerade einmal 2,2 Cent je Liter. Das sei aus Sicht des Klimaschutzes nicht mehr „als eine schwarze Null“.