Reise nach Katar und in die Emirate: Habeck hoffnungsvoll über Alternativen zu Putins Gas
Deutschland will von russischem Gas loskommen und bemüht sich, auf dem Weltmarkt weitere Gasquellen zu erschließen. Der Wirtschaftsminister ist optimistisch.
Vor seiner Reise nach Katar und in die Vereinigten Arabischen Emirate hat sich Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck optimistisch gezeigt, neue Gaslieferanten für Europa gewinnen zu können. „Wir zielen vor allem darauf, dass wir in Deutschland LNG-Terminals aufbauen - die brauchen neue Verträge und da bin ich guter Dinge, dass die Summe der Gespräche, die wir führen - Norwegen, die USA, Kanada, Katar - dazu führen wird, dass wir dann auch neues, also mehr Flüssiggas nach Europa und auch nach Deutschland bekommen“, sagte der Grünen-Politiker im ARD-„Morgenmagazin“ am Freitag.
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Im Schatten des Ukraine-Kriegs ist Robert Habeck unterwegs als Handlungsreisender. Die Bundesregierung will möglichst schnell die Abhängigkeit vom Gas des russischen Kriegsherren Wladimir Putin verringern. Deswegen fliegt der Wirtschafts- und Klimaschutzminister am Samstag nach Katar und von dort weiter in die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE). Begleitet wird er von einer Wirtschaftsdelegation.
Katar ist einer der weltweit größten Exporteure von Flüssiggas (LNG). In den VAE soll es vor allem um eine Kooperation bei grünem Wasserstoff gehen. Es ist aber alles andere als eine einfache Mission für den Grünen-Politiker Habeck - nicht nur in energiepolitischen Fragen.
„Die russische Invasion in der Ukraine hat dazu geführt, dass viele Regierungen unabhängiger von russischen Öl- und Gasimporten werden wollen“, sagte Katja Müller-Fahlbusch, Expertin für die Region Naher Osten und Nordafrika bei Amnesty International in Deutschland.
„Wenn neue Bezugsquellen geprüft werden, rücken Länder des Nahen und Mittleren Ostens in den Blickpunkt - Länder, in denen teilweise auf massive Art und Weise Menschenrechte verletzt werden. Die Tatsache, dass diese Länder nun als Energielieferanten dringend gebraucht werden, darf nicht dazu führen, dass bei der Einhaltung der Menschenrechte vor Ort ein Auge zugedrückt wird.“
Auch Menschenrechte sollen besprochen werden
Habeck kündigte an, dass in den Gesprächen auf der Reise, die bis Montag dauert, auch die Lage bei den Menschenrechten eine Rolle spielen werde. Die Menschenrechtslage in Katar steht insbesondere seit der Vergabe der Fußball-WM im Fokus der internationalen Aufmerksamkeit - das Großereignis findet Ende des Jahres statt. Katar hatte in den vergangenen Jahren Reformen zu Gunsten von Arbeitsmigranten beschlossen, wie auch die Internationale Arbeitsorganisation und Menschenrechtsorganisationen bestätigt hatten. Kritiker bemängeln, diese würden nur unzureichend umgesetzt.
Allerdings will Deutschland nun weg von russischem Gas. Am Mittwoch war Habeck deswegen bereits in Norwegen, nun folgt die Reise an den Golf. Es sei kurzfristig und vorübergehend mehr LNG nötig, erklärte der Minister. „Andererseits müssen wir die künftige Umstellung von konventionellem Erdgas auf grünen Wasserstoff jetzt noch schneller auf den Weg bringen.“ Für beides seien Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate von zentraler Bedeutung.
Kann Katar Russland ersetzen?
„Für die Versorgungssicherheit deutscher Unternehmen sind mehr LNG-Lieferungen ganz entscheidend“, sagte Martin Wansleben, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertags. Katar habe das Potenzial, mit zusätzlichen Mengen teilweise russische Gaslieferungen zu ersetzen. „Katar kann sicherlich mehr Flüssiggas nach Europa exportieren“, sagte die Energieexpertin Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung. Derzeit liege der Anteil der LNG-Exporte nach Europa bei 5 Prozent. Katar habe ein wirtschaftliches Interesse, als wichtiger Handelspartner die Gasfördermengen zu erhöhen und für den europäischen Markt anzubieten. „Allerdings ist Katar an langfristigen Verträgen interessiert, bisher geht ein Großteil der Flüssiggas-Exporte nach Asien.“
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In Europa werde man sich mehr und mehr vom Flüssiggas verabschieden, sodass diese Lieferungen nur für einen Übergang notwendig wären, so Kemfert. „Daran hat Katar weniger Interesse aufgrund von hohen Investitionskosten.“ Georg Zachmann von der Brüsseler Denkfabrik Bruegel sagte, mittelfristig könne Katar sicher zusätzliche Exportkapazitäten bauen - werde aber fordern, dass es langlaufende Abnahmeverträge gebe.
Katar zeigte sich Ende Februar nach Aussage seines Botschafters in Berlin grundsätzlich zu größeren Gaslieferungen an Deutschland bereit. Allerdings hatte Energieminister Saad bin Scharida al-Kaabi auf bestehende langfristige Verträge seines Landes mit anderen Abnehmern verwiesen.
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Timm Kehler, Vorstand des Branchenverbands Zukunft Gas, sagte, Katar investiere derzeit sehr stark in die Ausweitung seiner ohnehin schon großen Exportkapazitäten. Das Land wolle seine hohen Investitionen langfristig absichern. „Europa hat politisch in den letzten Jahren aber stark auf kurzfristige Beschaffung gedrängt und langfristige Vertragsbeziehungen durch verschiedene Regulierungen behindert. Dieser Widerspruch muss aufgelöst werden, sonst werden die geplanten Beschaffungen von LNG sehr teuer.“
Dazu kommt die Frage, wie das LNG nach Deutschland kommt. In Europa gibt es zahlreiche Terminals. Deutschland könne über den Markt in den Niederlanden und über das europäische Gasnetz kurzfristig mit LNG beliefert werden, so der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft. Die Kapazitäten der europäischen LNG-Terminals seien noch nicht ausgelastet.
Gas als Brückentechnologie, grüner Wasserstoff ist das Ziel
Habeck will den Bau von LNG-Terminals in Deutschland vorantreiben - diese sollen perspektivisch für den Import von grünen Wasserstoffderivaten umgerüstet werden. Die Bundesregierung sieht Gas als Brückentechnologie auf dem Weg zur Klimaneutralität. Mittel- und langfristig steht grüner Wasserstoff im Mittelpunkt, der ohne CO2-Emissionen auf Basis erneuerbarer Energien hergestellt wird. Dieser soll die Dekarbonisierung etwa in der Stahl- und Chemieindustrie ermöglichen.
Bei grünem Wasserstoff kommen vor allem die Vereinigten Arabischen Emirate ins Spiel. Es gibt bereits eine Energiepartnerschaft. Wansleben: „Deutschland wird bei der Produktion von Wasserstoff nicht autark sein und daher viel grünen Wasserstoff importieren müssen.“ (Andreas Hoenig, dpa)