Robert Habeck: Grünen-Chef meldet sich von Twitter und Facebook ab
Grünen-Chef Habeck will bei den sozialen Netzwerken aussteigen. Als Grund nannte er die Veröffentlichung seiner privaten Daten und den Ärger um einen Tweet.
Als Konsequenz aus Ärger um Wahlkampf-Tweets und die Veröffentlichung von privaten Daten verabschiedet sich Grünen-Chef Robert Habeck von Twitter und Facebook. Das sagte er vor Beginn einer Vorstandsklausur der Grünen in Frankfurt (Oder).
Twitter sei ein „sehr hartes Medium, wo spaltend und polarisierend geredet wird“, sagte er. Das färbe auch auf ihn ab.
Zudem seien private Informationen über Twitter verbreitet worden. Da auch Facebookdaten ausgelesen worden seien, werde er auch dort seine Aktivitäten einstellen. Habeck war einer der Hauptbetroffenen der Veröffentlichung von illegal kopierten Daten, die in der Nacht zum Freitag bekannt geworden war.
Zur Vorgeschichte der Twitter-Entscheidung: Der Grünen-Chef hatte sich am Sonntag mit einem Aufruf zur Unterstützung bei der Landtagswahl in Thüringen Spott und Kritik zugezogen. In einem von den Thüringer Grünen veröffentlichten Video sagte er: „Wir versuchen, alles zu machen, damit Thüringen ein offenes, freies, liberales, demokratisches Land wird, ein ökologisches Land.“ Die Formulierung sorgte für Irritationen - zumal die Grünen in Thüringen derzeit mitregieren.
Habeck: „Deswegen werde ich da aussteigen.“
Und es war nicht der erste Stolperer. Vor der bayerischen Landtagswahl im Oktober hatte Habeck auf Twitter gefordert, die CSU-Alleinherrschaft zu beenden, damit man sagen könne: „Endlich gibt es wieder Demokratie in Bayern“. Auch dafür war er heftig kritisiert worden. „Ich habe mich gefragt, wie ich den gleichen Fehler zweimal machen kann“, sagte Habeck am Montag. Das sei „einfach nur dämlich“ gewesen. Er habe eine schlaflose Nacht gehabt. „Deswegen werde ich da aussteigen.“
In seinem Blog schrieb Habeck, das Video wirke, „als würde ich Thüringen absprechen, weltoffen und demokratisch zu sein. Was ich natürlich null tue.“ Dass er „wird“ gesagt habe - statt „bleibt“ - sei „ein echter Fehler“. Aufgezeichnet habe er das Video schon im November auf dem Bundesparteitag der Grünen. Den Blogbeitrag verbreitete Habeck am Montag auch über seine Twitter- und Facebook-Konten.
Soziale Netzwerke sind für Politiker und Prominente ein Weg, um direkt und sehr schnell Zehn- oder Hunderttausende mit ihren Botschaften zu erreichen. Wichtige Politiker ohne eigene Aktivität in den sozialen Netzwerken werden mehr und mehr zur Ausnahme. „Kann sein, dass das ein politischer Fehler ist, weil ich mich der Reichweite und direkten Kommunikation mit doch ziemlich vielen Menschen beraube. Aber ich weiß, dass es ein größerer Fehler wäre, diesen Schritt nicht zu gehen“, schrieb Habeck in seinem Blog.
„Ich beiß mir in den Arsch.“
Er ertappe sich selbst dabei, wie er nach Auftritten in Talkshows oder Parteitagen „gierig“ prüfe, wie er im Netz angekommen sei. „Ich möchte gern wieder konzentrierter sein, fokussierter und auf die lange Distanz geeicht, nicht auf den kurzfristigen Geländegewinn“, schrieb Habeck.
Zum illegalen Kopieren und veröffentlichen der Daten von fast 1000 Politikern, Prominenten und Journalisten sagte der Grünen-Vorsitzende: „Wenn dem noch was Positives abzugewinnen ist, dann dass die Politik, die polizeilichen Ermittlungen endlich aufwachen und scharf gestellt werden, so dass wir vielleicht auch in Zukunft eine sichere Kommunikation auf dem digitalen Weg haben.“
Er habe sich nach dem Online-Angriff gefragt, ob seine Passwörter nicht gut genug gewesen seien, sagte Habeck. „Das waren sie offensichtlich nicht, sonst wäre das ja nicht geglückt.“ Der Angriff sei aber über die Konten seiner Familie erfolgt. „Wir werden mit digitalen Diebstählen immer weiter rechnen müssen“, sagte er. „Das ist wie in der analogen Welt. Wir können unsere Türen und Fenster verriegeln und verrammeln, irgendeiner wird doch immer wieder mal einbrechen.“ Deswegen sei es zentral, dass die Ermittlungen erfolgreich seien und klar werde, dass das Kopieren von Daten kein Kavaliersdelikt sei.
Geteilte Reaktionen auf Habecks Entscheidung
Kritik an der Entscheidung kam von der Politischen Konkurenz: "Wenn ich bei Hausbesuchen oder auf Infoständen bin, bekomme ich auch oft Kritik ab. Trotzdem würde ich nie aufhören, an den Haustüren und Marktplätzen zu sein", schrieb SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil. Andere, wie die Berliner Staatssekretärin Sawsan Chebli, zeigte dagegen Verständnis: "Sollten Habecks Entscheidung respektieren und nicht nachtreten", schrieb sie bei Twitter.
Andere Politiker bedauerten Habecks Entscheidung. "Einen engagierten Auftritt in den sozialen Netzwerken finde ich schon in Ordnung, und einen Rückzug finde ich falsch", sagte Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (Dienstagsausgaben). "Man kann doch Fehler machen, und man kann sich doch mal vertun", sagte er mit Blick auf das Wahlkampfvideo.
Die Ko-Vorsitzende der Grünen, Annalena Baerbock, will in den sozialen Medien weiter präsent bleiben. Zur Begründung sagte sie im SWR, Facebook und Twitter seien eine Form von Kommunikation mit vielen Menschen in unserer Gesellschaft. "Früher hat man an Politiker Briefe geschrieben. Heute kann man direkte Kontaktaufnahme über soziale Medien leisten." (dpa, AFP)