Kindererziehung: Grüne wollen Elterngeld auf 24 Monate verlängern
Von 14 auf 24 Monate: Nach dem Willen der Grünen sollen Eltern mehr Zeit für ihre Kinder haben. Außerdem sollen sie ihre Arbeitszeiten mitbestimmen können.
Die Grünen im Bundestag wollen die Bezugsdauer des Elterngelds um zehn Monate auf insgesamt 24 Monate verlängern. Gleichzeitig wollen sie die Möglichkeit einführen, das Elterngeld flexibler in Anspruch zu nehmen, also auch, wenn die Kinder schon größer sind. Das sieht ein Konzept der zuständigen Fachpolitiker der Bundestagsfraktion vor, das dem Tagesspiegel vorliegt. "Wir wollen es Müttern und Vätern leichter machen, Kind und Beruf zu vereinbaren", sagte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Katja Dörner. Es müsse möglich sein, nicht nur nach der Geburt für das Baby eine Auszeit zu nehmen. "Viele Eltern wünschen sich, auch später vorübergehend im Job kürzertreten zu können, etwa wenn die Tochter oder der Sohn in die Schule kommt."
In einem elfseitigen Bericht haben die Abgeordneten rund um die Familienexpertin Dörner und die Wirtschaftspolitikerin Kerstin Andreae Instrumente zusammengetragen, mit denen Berufstätige mehr Zeit verschafft werden soll. "Für viele Menschen ist dauernde Zeitknappheit ein großes Problem. Sie haben das Gefühl, sich dauernd in einem Hamsterrad zu bewegen. Wir wollen das Hamsterrad verlangsamen und für bestimmte Lebensphasen die Möglichkeit bieten, es ganz anzuhalten", sagt Dörner. Ihre Fraktionskollegin Andreae argumentiert, es lohne sich auch für Arbeitgeber, auf Familienfreundlichkeit und Zeitsouveränität zu setzen. "Unternehmen, die das berücksichtigen, haben nicht nur einen Vorteil bei der Auswahl ihres Personals, sie bekommen auch gesündere und produktivere Arbeitskräfte", sagt Andreae. "Unsere Arbeitswelt muss insgesamt flexibler werden", fordert sie.
Die Zeitpolitik gehört neben dem Klimaschutz und der Agrarwende zu den Themen, mit denen die Grünen bei der nächsten Bundestagswahl punkten wollen. Nicht nur die Fraktion hat eine Arbeitsgruppe dazu eingerichtet, auch auf dem Parteitag im November soll das Thema debattiert werden. "Mehr Zeit für Kinder, Eltern und Verwandte, für eine Weiterbildung oder berufliche Umorientierung, für Engagement oder auch einfach für sich selbst", heißt es in dem Konzept der Grünen-Fraktion. Konkret sieht dieses vor, dass nach der Geburt des Kindes jedes Elternteil Anspruch auf acht Monate Elterngeld haben soll, weitere acht Monate sollen frei aufteilbar sein. Das Elterngeld soll auch genutzt werden können, um Einkommensverluste auszugleichen, wenn ein Elternteil nach dem ersten Lebensjahr des Kindes in Teilzeit mit mindestens 20 Wochenstunden arbeitet. Dies soll bis zum 14. Lebensjahr des Kindes möglich sein. Je geringer die Arbeitszeitreduzierung und damit die Lohnersatzleistung ausfällt, desto länger soll es staatliche Unterstützung geben. "So wird eine vollzeitnahe Teilzeit sowohl von Vater wie von der Mutter gefördert", heißt es.
Flexibler arbeiten - und mehr von zu Hause aus
Darüber hinaus soll das Arbeitsrecht so verändert werden, dass Arbeitnehmer mehr Einfluss darauf nehmen können, wie viel und zu welchen Zeiten sie arbeiten. Dazu soll es einen "Vollzeit-Arbeitszeitkorridor" von etwa 30 bis 40 Wochenstunden geben. Innerhalb dieses Korridors sollen Beschäftigte – unter Einhaltung von Ankündigungsfristen – stärker über ihren Arbeitszeitumfang mitbestimmen können. "Nur dringende betriebliche Gründe sollen das verhindern können", heißt es in dem Papier. So könnten Eltern von kleinen Kindern ihre Arbeitszeit für ein paar Monate um einige Stunden pro Woche reduzieren.
Gleichzeitig soll die Möglichkeit ausgeweitet werden, von zu Hause zu arbeiten. "In vielen Betrieben herrscht immer noch eine Anwesenheitskultur, obwohl viele Aufgaben auch mit dem Laptop zuhause erledigt werden könnten. Wir wollen dafür sorgen, dass das Home Office häufiger genutzt werden kann", sagt Dörner.
Nicht nur für Bürojobs wünschen die Grünen sich flexiblere Arbeitszeiten. Auch die Krankenschwester oder Verkäuferin, die in Schichten arbeiten, sollen "mehr eigene Zeitsouveränität bekommen, so dass auch sie bei der Lage ihrer Arbeitszeit mitbestimmen können". Wie dies konkret erreicht werden soll, benennt der Bericht nicht. Darüber werde intern noch diskutiert, heißt es.
Mehr Zeit soll es nicht nur für Familien mit Kindern geben, sondern auch für Pflege oder eine berufliche Neuorientierung. Wer sich um pflegebedürftige Angehörige, Freunde oder Nachbarn kümmert, soll sich drei Monate von der Arbeit freistellen lassen können und in der Zeit Lohnersatz nach dem Vorbild des Elterngelds erhalten. Wer längere Zeit Pflegeaufgaben übernimmt, soll höhere Rentenansprüche bekommen. Und wer sich weiterbilden oder beruflich neu orientieren will, soll eine staatliche Förderung erhalten. Abhängig vom Einkommen soll es einen Mix aus Darlehen und Zuschuss geben. So soll es auch für Menschen mit geringem Einkommen leichter werden, sich beruflich weiter zu entwickeln.