Europäische Union: Grüne fordern verschärfte Klimaziele
Die Grünen verlangen bis zum Jahr 2030 eine Verschärfung der Klimaziele. Bei der Union stößt das auf Widerstand.
Am 1. Juli übernimmt Deutschland den rotierenden Vorsitz in der Europäischen Union. Schon fünfeinhalb Monate vorher richten sich die Augen in vielen anderen EU-Mitgliedstaaten in Richtung Berlin. Denn es ist sehr wahrscheinlich, dass im zweiten Halbjahr wichtige europapolitische Entscheidungen fallen – etwa über den europäischen Finanzrahmen zwischen 2021 und 2027 und die Gestaltung des künftigen Freihandelsabkommens zwischen Großbritannien und den verbleibenden 27 EU-Mitgliedstaaten.
Die Grünen bemängeln allerdings, dass bislang trotz der großen Erwartungen, die sich an Deutschland richten, noch kein Arbeitsprogramm der Bundesregierung für die EU-Präsidentschaft vorliegt. Dies sei eine „vertane Chance“, sagte die europapolitische Sprecherin der Grünen, Franziska Brantner, am Freitag bei einer Debatte im Bundestag. Zudem forderten die Grünen in einem Antrag, dass die Beiträge der EU-Mitgliedstaaten zum nächsten europäischen Finanzrahmen 1,3 Prozent der Wirtschaftskraft betragen müssten.
Staatsminister Roth: Beim Geld hört die Freundschaft auf
Die Zahl entspricht auch den Vorstellungen des Europaparlaments. Die EU-Kommission ist in ihren Forderungen für die kommende Finanzperiode schon zurückhaltender. Nach deren Vorstellungen soll sich der Mehrjahreshaushalt auf 1,1 Prozent der Wirtschaftskraft belaufen. Noch weniger Geld wird die EU-Kommission zur Verfügung haben, wenn es nach den Vorstellungen der Bundesregierung geht. Bislang steht Berlin auf dem Standpunkt, dass das Budget nicht über 1,0 Prozent hinausgehen darf. „Beim Geld hört bekanntermaßen die Freundschaft auf“, sagte der Staatsminister im Außenamt, Michael Roth (SPD), am Freitag bei der Debatte im Bundestag. Allerdings stehe schon jetzt fest, dass Deutschland „deutlich mehr Finanzmittel“ zur Verfügung stellen werde.
Dies ergibt sich indes schon aufgrund der Finanzlücke, die durch den Brexit entsteht und im nächsten EU-Haushalt von Deutschland und anderen Nettozahlern gestopft werden muss. Für Deutschland geht es dabei um eine milliardenschwere Mehrbelastung: Nach den Angaben des EU-Haushaltskommissars Johannes Hahn werden auf Berlin ab 2021 im Schnitt zusätzliche Zahlungen in Höhe von 6,3 Milliarden Euro pro Jahr zukommen, falls sich die EU-Kommission mit ihren Finanzvorstellungen durchsetzt.
Die Budgetplanungen für die Periode bis 2027 sind insofern von Bedeutung, als davon auch die Finanzierung des „Green Deal“ der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen abhängt. Brantner forderte im Bundestag, dass Deutschland den EU-Vorsitz zur „Klimapräsidentschaft“ machen müsse. Laut dem Antrag der Grünen müsse sich Deutschland für ein europäisches Klimaschutzgesetz einsetzen, welches bis 2030 eine Senkung der Kohlendioxid-Emissionen um 65 Prozent im Vergleich zum Jahr 1990 vorsieht.
Unions-Vize Leikert hält 65-Prozent-Ziel für unrealistisch
Die stellvertretende Unionsvorsitzende Katja Leikert sagte, dass ein derartig hochgestecktes Reduktionsziel nicht realistisch sei. Gefordert sei vielmehr eine „echte Nachhaltigkeit“, bei der Deutschland seine Technologieführerschaft nicht gefährde. Zudem kritisierte sie, dass die Grünen das zwischen der EU und den lateinamerikanischen Staaten Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay geplante Mercosur-Abkommen ablehnten. Protektionismus sei fehl am Platze, erklärte Leikert.
FDP-Abgeordneter Hacker fordert europäische Verfassung
Der FDP-Abgeordnete Thomas Hacker sprach sich derweil für „eine echte europäische Verfassung“ aus. Dabei könne die geplante Reformkonferenz zur Zukunft Europas die Vorarbeit leisten, so Hacker. Bei der Konferenz, die auf eine Idee des französischen Präsidenten Emmanuel Macron zurückgeht, sollen auch die Bürger einbezogen werden. Macron schwebt unter anderem die Einführung transnationaler Listen für die Europawahl vor.