Nach dem Anschlag in Berlin: Grüne fordern „Rund-um-die-Uhr-Bewachung“ von Gefährdern
Die Bundestagsfraktion der Grünen hat ein Konzept zur inneren Sicherheit erarbeitet, das am heutigen Mittwoch beschlossen werden soll.
Die Grünen im Bundestag fordern eine möglichst engmaschige Überwachung von Gefährdern in Deutschland durch die Polizei. „Das kostet zwar Geld, bringt aber konkret mehr Sicherheit – anders als die beliebigen Forderungen nach immer mehr Massenüberwachung“, heißt es in dem Entwurf eines Konzepts zur inneren Sicherheit, das die Bundestagsfraktion am Mittwoch bei ihrer Klausur in Weimar beschließen will.
Von den 550 dschihadistischen Gefährdern, die das Bundeskriminalamt aktuell zählt, hält sich derzeit etwa die Hälfte in Deutschland auf, ein Teil von ihnen ist in Haft. Bei den verbleibenden zu überwachenden Gefährdern müsse priorisiert werden und ein Fokus auf den Personen liegen, die ihren Willen zum Ausdruck brächten, Anschläge zu begehen. „Hier ist Rund-um-die-Uhr-Überwachung möglich und geboten“, heißt es in dem Papier, das dem Tagesspiegel vorliegt.
Die vorhandenen Gesetze zur Gefahrenabwehr müssten „entschlossener und konsequenter“ gegen islamistische Gefährder angewendet werden, fordern die Abgeordneten. So könnten gegen Gefährder ohne deutschen Pass bereits heute räumliche Aufenthaltsbeschränkungen verhängt werden. Bei ausreisepflichtigen Gefährdern müsse es vordringlich darum gehen, deren Ausreise auch durchzusetzen. Zur Abwehr von Terrorgefahren fordern die Grünen darüber hinaus eine „europaweit einheitliche Definition“ islamistischer Gefährder oder ein Stufensystem der Kategorisierung, das es bisher in den Mitgliedstaaten nicht gebe.
Neuordnung der Sicherheitsarchitektur
In ihrem Konzept sprechen sich die Grünen außerdem für eine Neuordnung der Sicherheitsarchitektur in Deutschland aus. Die Vorschläge von Innenminister Thomas dem Maizière (CDU), das Bundesamt für Verfassungsschutz zur Zentralbehörde auszubauen, seien wenig hilfreich, kritisiert die Fraktion. Organisatorische Konzentration sei nur sinnvoll in Verbindung mit einem Neustart des Verfassungsschutzes insgesamt. „Statt des Bundesamtes für Verfassungsschutz in seiner ineffektiven aktuellen Form wollen wir ein personell und strukturell völlig neues Bundesamt zur Gefahren- und Spionageabwehr gründen, das mit nachrichtendienstlichen Mitteln klar abgegrenzt von polizeilichen Aufgaben arbeitet“, heißt es.
Die Fraktion lehnt auch die Vorschläge des Bundesinnenministers zum massiven Ausbau der Videoüberwachung als „unausgegoren“ ab. Dabei handele es sich „um kaum mehr als Placebos zur Beruhigung der Öffentlichkeit“. Videoüberwachung an „neuralgischen Punkten“ wie an U-Bahnhöfen in der Nacht sei hingegen sinnvoll.
Außerdem sprechen sich die Grünen für Verschärfungen des Waffenrechts aus. „Noch immer ist es viel zu einfach, an illegale Schusswaffen und umgebaute Dekorationswaffen zu gelangen“, kritisiert die Fraktion. Auch hier brauche es einheitliche EU-Regeln. Dafür müsse die Bundesregierung ihre Blockadehaltung aufgeben, sodass gerade der Onlinehandel mit Waffen deutlich eingeschränkt werde. Zudem sei eine Verschärfung der Verkaufsbestimmungen von anschlagsfähigen Gefahrenstoffen im Internet und in Baumärkten dringend notwendig.
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