Atomkatastrophe: Grundwasser bei Fukushima schwer belastet
Zum wiederholten Mal fließt durch ein noch nicht gefundenes Leck radioaktiv verseuchtes Wasser aus den havarierten Atomkraftwerken. Am Mittwoch gab Tepco bekannt, dass die Cäsiumwerte im Vergleich zum Vortag noch einmal um das 1,2-Fache gestiegen sind.
Die radioaktive Belastung des Grundwassers nahe der havarierten Atomkraftwerke im japanischen Fukushima ist dramatisch gestiegen. Die Betreiberfirma Tepco meldete am Dienstag eine um 90 mal höhere Belastung mit den radioaktiven Substanzen Cäsium-134 und Cäsium-137 als noch drei Tage zuvor. Der Wert von Cäsium-134 sei auf 9000 Becquerel pro Liter gestiegen, der zulässige Grenzwert liegt bei 60 Becquerel pro Liter. Die Belastung mit Cäsium-137 stieg auf 18 000 Becquerel pro Liter, das liegt 200fach über dem Grenzwert. Die japanische Zeitung „Asahi Shimbun“ zitiert einen Tepco-Sprecher mit den Worten: „Wir wissen nicht, warum nur die Cäsium-Werte gestiegen sind.“ Am Mittwoch musste das Unternehmen noch einmal um das 1,2-fach erhöhte Werte an der gleichen Messstelle melden.
Seit drei Monaten hat Tepco ständig Probleme mit Lecks, aus denen kontaminiertes Wasser ins Grundwasser oder direkt ins Meer fließt. Rund 360 Tonnen Kühlwasser fließen täglich in die drei Anlagen, deren Reaktorkern nach dem Erdbeben und dem Tsunami am 11. März 2011 geschmolzen sind, sowie in die Brennelementebecken, die ebenfalls weiter gekühlt werden müssen. Seit Juli 2011 wird zwar einem Teil des Kühlwassers Cäsium entzogen, um es wieder in die Reaktoren pumpen zu können. Dennoch gibt es auf dem Gelände der insgesamt sechs Reaktoren insgesamt sieben künstliche Teiche, von denen drei mit kontaminiertem Wasser gefüllt sind. Sie sind mit Plastikplanen und Erde abgedeckt – aber nicht dicht, wie im Juni bekannt wurde. Und zwei der drei Teiche wurden Leckagen entdeckt, durch die kontaminiertes Wasser ins Grundwasser und ins Meer sickerte. Tepco weiß das schon länger, hat jedoch entsprechende Messwerte für die ebenfalls radioaktiven Substanzen Strontium-90 und Tritium erst mit einem Monat Verspätung veröffentlicht.
Das Problem ist aber nicht nur das Kühlwasser, auch das Grundwasser selbst. Denn seit Monaten läuft mehr und mehr Grundwasser in die havarierten Reaktorgebäude, nach Expertenschätzungen um die 400 Tonnen täglich. Deshalb begann Tepco seit April ein neues Grundwassermanagement zu testen. Mit Pumpen wird das Grundwasser inzwischen nahe der Berge und vor den Reaktorgebäuden abgepumpt, damit es nicht mehr in die verseuchten Keller der Atomruinen läuft. Das Grundwasser wird in Tanks gelagert, auf seine Radioaktivität getestet, und dann an den Reaktorgebäuden vorbei ins Meer geleitet. Trotzdem sind nun wieder erhöhte Radioaktivitätswerte im Grundwasser gemessen worden.
Anfang der Woche hat die neu geschaffene japanische Reaktorsicherheitsbehörde (NRA) neue Sicherheitsrichtlinien für den Betrieb der Atomkraftwerke erlassen. Demnach müssen höhere Tsunamimauern gebaut werden, außerdem müssen die Anlagen mit Filtern ausgestattet werden, falls im Notfall Dampf abgelassen werden muss, wie das in Fukushima passiert war. Zudem müssen die Anlagen künftig über einen Notfallkontrollraum außerhalb der eigentlichen Anlagen verfügen, der auch dann noch genutzt werden kann, wenn die Radioaktivität in den Anlagen selbst stark steigt. Für zehn der 68 aktuell abgeschalteten Atomkraftwerke haben die Betreiber bereits Anträge auf eine Wiederinbetriebnahme gestellt. Doch vor 2014 ist nicht mit einer Genehmigung zu rechnen.
Vor wenigen Tagen ist bekannt geworden, dass Tepco bei 479 Arbeitern, die nach der Havarie in Fukushima gearbeitet haben, die Testergebnisse der Radioaktivitätsmessungen nicht korrekt dokumentiert hat. Das Gesundheitsministerium gab bekannt, dass in 452 Fällen die aufgenommene Strahlenmenge nach oben korrigiert wurde, bei den restlichen 27 Fällen wurde sie nach unten korrigiert. Bereits im März waren Zweifel an den Messwerten aufgekommen. 24 Arbeiter haben demnach 50 Millisievert radioaktiver Strahlung abbekommen, für Atomkraftwerksbeschäftigte gilt in Deutschland eine Jahresaufnahme von 20 Millisievert als Grenzwert. In sechs Fällen sind sogar 100 Millisievert aufgenommen worden, die Höchstdosis in Japan erlaubt einen solchen Wert über einen Zeitraum von fünf Jahren. Zwei der Betroffenen haben dennoch weiter gearbeitet. Die nun korrigierten Messwerte stellen zumindest einen Teil der Bewertung der Vereinten Nationen in Frage, deren Strahlenschutzorganisation Unscear Ende Mai zu dem Schluss gekommen war, dass die gesundheitlichen Folgen der Atomkatastrophe als geringfügig zu bewerten seien. Allerdings hatte Wolfgang Weiss, der Vorsitzende von Unscear, damals schon angemerkt, dass die schnelle Evakuierung der Bevölkerung im Umkreis der Anlagen stark dazu beigetragen hat, die gesundheitlichen Folgen relativ gering zu halten. Wäre das nicht passiert, "hätten wir die Krebsraten steigen sehen und andere Gesundheitsprobleme wären in den nächsten Jahrzehnten zu erwarten gewesen".
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