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Grünen-Chef Robert Habeck
© Christian Clavadetscher/World Economic Forum/dpa

Umfrage-Mehrheit für Grüne, SPD und Linke: Grün-Rot-Rot wird im Bund so schnell nicht kommen

Grüne, SPD und Linke erreichen in bundesweiten Umfragen eine knappe Mehrheit. Trotzdem wird es wohl nichts mit dem gemeinsamen Regieren. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Paul Starzmann

Das Ende der Demokratie, es steht uns allen kurz bevor. Die Freiheit des Einzelnen, Wohlstand und Eigentum, das Recht auf Leben – mit all diesen schönen Dingen könnte es in Deutschland bald vorbei sein. Zumindest, wenn man der CSU glaubt.

Die Christsozialen warnen in diesen Tagen vor einem „Linksbündnis“ aus Grünen, Linken und Sozialdemokraten. „Die SPD fordert Enteignungen, die Grünen ständig neue Verbote und die Linke will ,Reiche’ erschießen lassen“, schreibt die CSU bei Twitter. „Die linke Kolonne rollt.“

Auch wenn das völlig übertrieben und ziemlicher Quatsch ist: Die Idee eines „Linksbündnisses“ auf Bundesebene erlebt tatsächlich gerade ein Revival – etwa bei den Sozialdemokraten, die sich als Antwort auf den radikalen Rechtsruck der vergangenen Jahre eine Mitte-links-Regierung wünschen. So betonte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil kürzlich: „Die Bereitschaft der SPD für ein solches Bündnis, die war noch nie so groß wie heute.“

Kommt bald der Linksruck im Bund?

Dass man in der heutigen 16-Prozent-SPD wieder von einer Machtoption jenseits der Groko träumen darf, liegt an der aktuellen Schwäche des rechten Lagers. Die Sinn- und Führungskrise der Union, der Thüringer Tabubruch von CDU und FDP vor vier Wochen, die rassistischen Morde von Hanau – das alles hat deutliche Spuren in den Umfragen hinterlassen.

Konservative, Liberale und Rechtspopulisten büßen an Zustimmung ein. Das sogenannte linke Lager hingegen profitiert und hat in aktuellen Prognosen zum ersten Mal seit Langem eine knappe Mehrheit auf Bundesebene – was vor allem am Höhenflug der Grünen liegt.

Kommt es bei der nächsten Wahl also wirklich zum Wechsel, hin zu Grün-Rot-Rot im Bund?

Wer auch immer das befürchtet – oder sich erhofft –, sollte sich wieder beruhigen. Denn die Chancen für ein „Linksbündnis“ stehen um einiges schlechter als die Umfragen andeuten. Schuld daran sind vor allem die Linken.

Die haben in der vergangenen Woche gezeigt, dass sie kaum regierungsfähig sind. Zwar haben sie ihren Ober-Pragmatiker Bodo Ramelow jetzt doch noch als Thüringer Ministerpräsidenten durchbekommen und damit gezeigt, dass sie regieren können.

Witze über Hinrichtungen und Zwangsarbeit

Überschattet wurde die Wahl jedoch von den geschmacklosen Witzen über Hinrichtungen und Zwangsarbeit, an denen sich Parteichef Bernd Riexinger kürzlich öffentlich beteiligte.

Hinzu kommen die ewigen Flügelkämpfe in der Partei, die Verschwörungstheoretiker, die Putin-Fans und Assad-Treuen – und alle, die jede Mitarbeit in einer Regierung als größtes Übel ablehnen.

Mit solchen Leuten dürfte es unmöglich werden, einen Wechsel hin zu einer linken, progressiven Politik zu organisieren. Bei jeder Entscheidung im Bundestag, ob beim Haushalt oder der Außenpolitik, stünde Grün-Rot-Rot wegen der Linken auf der Kippe. Und dass die drei Parteien in absehbarer Zeit eine komfortable Mehrheit zum Durchregieren erreichen, ist unwahrscheinlich.

Eine Ampelregierung aus Grünen, SPD und FDP wäre auch keine Alternative. Nicht nur weil es den Liberalen offenbar schwerfällt, Verantwortung zu übernehmen. Auch würden sie es als kleinster Partner in einem Bündnis mit den Grünen wohl kaum aushalten.

Den Grünen wiederum kann das alles egal sein. Sie brauchen keinen echten Wechsel zum Regieren. Sie haben ja immer noch ihre eigene Machtoption: die mit der Union.

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