zum Hauptinhalt
Überdimensioniert? Lärmschutztunnel in Köln.
© dpa

Bund der Steuerzahler prangert Verschwendung an: Großtuerei und laxe Aufsicht in den Kommunen

Der Bund der Steuerzahler listet Fehlinvestitionen und wirtschaftliche Pleiten von Kommunalunternehmen auf. Die wehren sich: Es handle sich nur um Ausnahmefälle.

Der Bund der Steuerzahler hält den Kommunen in Deutschland vor, nach wie vor Steuermittel zu verschwenden - nicht zuletzt, weil sie sich immer häufiger als Unternehmer betätigen. Zu häufig arbeiteten kommunale Unternehmen unrentabel und müssten durchsubventioniert werden, beklagte der Präsident des Bundes der Steuerzahler, Reiner Holznagel, am Dienstag in Berlin bei der Vorstellung des aktuellen „Schwarzbuches“ zur öffentlichen Verschwendung, das der Verband jährlich veröffentlicht und in dem die krasseren Fälle, die sich bundesweit ansammeln, verzeichnet sind. „Dieser Missstand muss ein Ende haben“, forderte Holznagel . „Wir fordern die Kommunen auf, abenteuerliche Ausflüge in die Wirtschaft zu unterlassen.“ Sie müssten sich strikt von Geschäftsbereichen trennen, die nichts mit ihren Aufgaben zu tun hätten - und die liegen vor allem in der "klassischen Daseinsvorsorge", also Einrichtungen der Gesundheitsversorgung, für Wasser und Abwasser, für Bildung, Energieversorgung, Wohnungsbau, Nahverkehr.

Immer mehr kommunale Unternehmen

Seit 2004 habe sich die Zahl der kommunalen Unternehmen um ein Viertel erhöht, rechnet der Steuerzahlerbund vor. Mehr als 13000 Kommunalunternehmen (Stand Ende 2011) gibt es laut Schwarzbuch heute in Deutschland, die mit einem Umsatz von 270 Milliarden Euro etwa zehn Prozent zur Jahreswirtschaftsleistung beitragen. Neben den klassischen Eigenbetrieben, die zwar als Sondervermögen neben dem Haushalt laufen, deren Schulden aber den Verbindlichkeiten der Kommune zugezählt werden, gibt es immer mehr ausgelagerte und häufig auch privatrechtlich organisierte Kommunalbetriebe. Mittlerweile sind 55 Prozent der kommunalen Gesamtschulden in Höhe von 280 Milliarden Euro in Nebenhaushalten aufgelaufen. Oft drängen die Kommunen in den Freizeitbereich und die Gastronomie vor, was laut Steuerzahlerbund nicht zu ihren Aufgaben gehört. Und immer wieder beginnen Städte und Gemeinden neue Betriebe mit Gewinnabsicht, was gelegentlich scheitert. "Hinter den Flops kommunale Wirtschaftstätigkeit stehen politische Fehleinschätzung und Großtuerei, schlechtes Management, Postengeschacher und laxe Aufsichtskontrollen", heißt es im "Schwarzbuch". Das Risiko wird oft auf die Steuerzahler abgewälzt. Nicht nur von den Kommunen, auch Bund und Länder liegen mit ihren Investitionen immer wieder weit über der Kostenplanung.

Fischzucht, Ackerbau, Opernsanierung

Zu den "kommunalen Wirtschaftsflops" zählt der Steuerzahlerbund neben einer verlustreichen Meeresfischzuchtanlage in Völklingen im Saarland auch die Potsdamer Biosphäre mit 20000 Tropenpflanzen, die jährlich mit 1,4 Millionen Euro bezuschusst werden muss. Wie immer sind auch fehlgeplante und aus dem Ruder gelaufene Schwimmbadprojekte dabei, so etwa der "BadeSaunaPark" in Pfungstadt, der zu groß dimensioniert war, dann umgebaut wurde, wobei jedoch die mangelhafte Betriebstechnik ausgenommen war - jetzt ist die Einrichtung erst einmal geschlossen. Mehrere Millionen Euro sind laut Schwarzbuch möglicherweise unnütz investiert worden. Die Städte Uelzen und Schwäbisch Hall vergallopierten sich mit Investitionsprojekten in der Ukraine: Sie bauten dort über ein Subunternehmen Weizen und Raps an, auch als Rohstoffe für die eigenen Bioenergieanlagen. Doch das vermeintliche Geschäft ging schief, die Städte blieben auf Millionenverlusten sitzen. Die Sanierung der Berliner Staatsoper wird als besonders teures Beispiel aufgeführt, wo "Planung und Realität nicht zusammenpassen". Die Bausumme ist hier von 239 auf 296 Millionen Euro gestiegen, zu Lasten allein der Berliner Steuerzahler, denn der Beitrag des Bundes ist laut Schwarzbuch bei 200 Millionen Euro gedeckelt.

"Pauschal und tendenziös"

Sauer ist nun der Verband kommunaler Unternehmen (VKU). Er nennt die Vorwürfe des Bundes der Steuerzahler "pauschalisierend" und "tendenziös". "Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat gezeigt, dass private Unternehmen mitnichten besser wirtschaften", so VKU-Hauptgeschäftsführer Hans-Joachim Reck. "Die Bilanz der kommunalen Unternehmen kann sich mehr als nur sehen lassen. Sie sind der zentrale Infrastrukturdienstleister und halten Deutschland am Laufen." Auch in der kommunalen Wirtschaft könne es "im Ausnahmefall mal so sein, dass sich eine Investition nicht rentiert oder es eine Fehlplanung gibt". Daraus aber eine Besonderheit bei kommunalen Unternehmen zu machen, sei absurd.

Dauerbrenner im Schwarzbuch des Steuerzahlerbunds sind unrentable Flughäfen. So ist der Provinzairport Rostock-Laage notorisch defizitär, er wird noch bis mindestens 2017 rote Zahlen schreiben. Hier muss das Land, obwohl nicht Gesellschafter, jährlich eine Million Euro zuschießen. Ähnlich sieht es auch beim umstrittenen Flughafen Kassel-Calden aus. Und der Flugplatz Zweibrücken, nur 39 Kilometer entfernt vom Flughafen in Saarbrücken, kostet das Land Rheinland-Pfalz möglicherweise die Summe von 50 Millionen Euro - unerlaubte Beihilfen aus Sicht der EU-Kommission. Immerhin: Verglichen mit dem BER sind das Peanuts.

Zur Startseite