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Sonderfall oder Normalfall? Kinder mit Migrationshintergrund in der Schule.
© AFP

Migration: Großbaustelle Bildung

Der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration sieht zu wenig Fortschritte bei der Integration von Migranten an Schulen.

Bildung bleibt die Großbaustelle der deutschen Integrationspolitik. Trotz jahrelanger Debatten darüber gibt es nach Einschätzung des unabhängigen „Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration“ (SVR)auf diesem Gebiet noch immer „zu wenig Fortschritte“. Die deutsche Schule müsse „den Umgang mit dem Normalfall einer heterogenen Schülerschaft“ erst noch lernen, sagte die SVR-Vorsitzende Christine Langenfeld am Dienstag bei Vorstellung des Gutachtens. Sie müsse sich in einer Gesellschaft, die rechtlich wie politisch auf gutem Wege sei, sich als Einwanderungsgesellschaft zu begreifen, „stärker ihrer Verantwortung stellen“ und unterschiedliche Startchancen ausgleichen, statt sie zu verschärfen.

Lücken sieht Yasemin Karakasoglu, Professorin für interkulturelle Bildung in Bremen und eine der neun Sachverständigen, vor allem in der Fortbildung von Lehrern, die bereits seit langem an den Schulen sind. Während sich in der Lehrerausbildung, also der der neuen Generation, schon viel getan habe, Vielfalt ein durchgehendes Thema und nicht nur ein einsames Ausbildungsmodul sei, gebe es dort noch viel zu tun. Karakasoglu sagte, sie sehe allerdings die neuesten Empfehlungen der Kultusministerkonferenz positiv, die dazu noch im Frühsommer „eine breite Kampagne“ planten. Nach Meinung von Karakasoglus Kollegen Haci-Halil Uslucan müssen sich auch Investitionsentscheidungen ändern: Oft seien Schulen in Brennpunktgebieten finanziell schlechter ausgestattet; zudem verstärkten die „eigentlich positiven“ neuen Schulprofile oft Segregation. Ein altsprachliches Gymnasium sei tendenziell keines für Einwandererkinder.
Davon legt auch das Integrationsbarometer Zeugnis ab, mit dem der SVR die Stimmung in der Bevölkerung misst. Trotz eines grundsätzlich stabilen und sogar noch wachsenden Optimismus über das Leben in einer zusehends bunteren Gesellschaft sind demnach Migranten wie Nichtmigranten gleichermaßen wenig bereit, ihre Kinder auf Schulen mit hohem Einwandereranteil zu schicken. Ähnlich gemischt sind die Gefühle im Blick auf kulturelle Vielfalt: Trotz mehrheitlich pragmatischer Grundeinstellung fühlt sich ein knappes Viertel der Befragten konkret durch Moscheen in der Nachbarschaft gestört. Und Roma will dort die Mehrheit nicht sehen.
Politisch sieht der SVR die Bundesrepublik nach langer Verweigerung auf dem Weg zum migrationspolitischen „Musterknaben“ (Langenfeld), kritisierte aber Teile des Koalitionsvertrags: Die doppelte Staatsbürgerschaft gelte nun für junge Leute, nicht aber für ihre Eltern und Großeltern, denen zudem der Weg zum deutschen Pass viel schwerer gemacht werde als den Jungen. Außerdem sei Migrationspolitk noch immer Sache des „von Sicherheitsinteressen überlagerten“ Bundesinneministeriums.
Der SVR regt außerdem einen Nationalen Aktionsplan Migration an, der Akteure von der Politik bis zu den Universitäten an einen Tisch bringen und zeigen könne, dass Deutschland sein Ja zur Einwanderung ernst meine. Angesichts des Krieges in Syrien empfehlen die Experten, Bürgerkriegsflüchtlinge nicht mehr in Anerkennungsverfahren zu treiben, sondern ihnen gleich einen Schutzstatus zu gewähren.

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