Unterhändler von Union und SPD: "GroKo"-Sondierer wollen deutsches Klimaziel aufgeben
Union und SPD wollen das deutsche Klimaziel für 2020 aufgeben. Eine Verringerung des CO2-Ausstoßes um 40 Prozent gegenüber 1990 sei praktisch unmöglich noch zu erreichen.
Die Unterhändler von Union und SPD wollen das deutsche Klimaschutzziel einer Reduzierung des Kohlendioxid-Ausstoßes um 40 Prozent bis 2020 offiziell aufgeben. Stattdessen soll mit einem Maßnahmenpaket erreicht werden, dass die Lücke zu diesem Ziel so weit wie möglich geschlossen werden kann. Das sieht nach Informationen der Deutsche Presse-Agentur aus Verhandlungskreisen in Berlin die Einigung der Sondierungsgruppe „Energie, Klimaschutz, Umwelt“ vor. Der Kompromiss sei aber noch nicht von den Partei- und Fraktionschefs abgesegnet.
Die Nachricht hat heftige Kritik von Grünen und Linken hervorgerufen. Die Zielmarke werde "zum ersten Opfer" einer erneuten großen Koalition, das sei "unfassbar verantwortungslos", kritisierte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt am Montag auf Twitter. Der Linken-Klimaexperte Lorenz Gösta Beutin warf Union und SPD Wahlbetrug vor.
Zuerst hatte das RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) über das ihm vorliegende Ergebnispapier berichtet. Die von dem nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Armin Laschet (CDU), dem niedersächsischen Regierungschef Stephan Weil (SPD) und dem bayerischen CSU-Landtagsfraktionschef Thomas Kreuzer geleitete Arbeitsgruppe wollte ihre Ergebnisse noch am Montagnachmittag der Sechserrunde der Partei- und Fraktionschefs vorstellen. Laut RND heißt es in dem Papier: „Das kurzfristige Ziel für 2020 wird aus heutiger Sicht nicht mehr erreicht werden.“
Bildung einer Komission für Kohleausstieg geplant
Eine mögliche neue große Koalition will demnach aber zumindest an dem Ziel festhalten, die CO2-Emissionen bis 2030 um 55 Prozent zu reduzieren. Gleichzeitig sei die Bildung einer Kommission geplant, die einen Aktionsplan zum schrittweisen Ausstieg aus der Kohleverstromung erarbeiten solle. Auf diese Kommission hatte die GroKo sich bereits nach langem Hin und Her im November 2016 geeinigt, als Teil des Klimaschutzplans 2050. Offiziell hält Deutschland bis heute an dem Vorhaben fest, seinen Kohlendioxid-Ausstoß bis 2020 um 40 Prozent im Vergleich zum Jahr 1990 zu reduzieren.
Allerdings ist schon seit längerem absehbar, dass diese Zielmarke kaum noch erreichbar ist. Das Ziel ist nicht im Rahmen des Pariser Klimaschutzabkommens vereinbart, sondern wurde 2007 von der damaligen großen Koalition als nationales Ziel gesetzt. Seitdem hat sich jede neue Bundesregierung dazu bekannt. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte im September im Wahlkampf in einer TV-Debatte zugesichert, dass Deutschland sein Klimaschutzziel bis 2020 schaffen werde. „Wir werden Wege finden, wie wir bis 2020 unser 40-Prozent-Ziel einhalten. Das verspreche ich Ihnen“, hatte sie damals gesagt.
In den Jamaika-Sondierungen hatte das Klimaziel für 2020 zu den großen Streitpunkten gezählt. Die FDP hatte es infrage gestellt, die Grünen wollten unbedingt daran festhalten. Auch Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) hatte sich dagegen ausgesprochen, sich von der Zielmarke zu verabschieden. Nach dem Scheitern der Jamaika-Gespräche stehen Union und SPD unter großem Druck, sich auf eine Koalition zu einigen. (dpa, AFP)