Familienministerin: Giffey will das Freiwilligenjahr aufwerten
Engagement ohne Dienstpflicht: Familienministerin Giffey will eine Milliarde Euro für den Ausbau des Freiwilligendiensts. Und grenzt sich so von der Union ab.
Familienministerin Franziska Giffey (SPD) will das Freiwilligenjahr ausbauen, aufwerten und finanziell stärker fördern. Das geht aus einem Konzept vor, das sie am Montag in Berlin vorstellte. Mehr als 80.000 Menschen absolvieren derzeit ein freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr (FSJ/FÖJ) oder einen Bundesfreiwilligendienst (BFD). Giffey hofft durch die Reform, für die sie bis zu eine Milliarde Euro vom Finanzminister haben möchte, die Zahl auf 120.000 steigern zu können.
Den Ausbau des Freiwilligenjahrs sieht Giffey als Gegenentwurf zu einem sozialen Pflichtjahr, für das CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer zuletzt geworben hatte und das in der Union breite Unterstützung hat. „Wir wollen ein Modell, dass davon lebt, dass Menschen aus Überzeugung etwas tun und nicht aus Zwang oder aus einer Dienstpflicht heraus“, sagte Giffey.
Bund soll Freiwilligengeld übernehmen
Als Anreiz will sie einen Rechtsanspruch auf Plätze schaffen, das pädagogische Begleitprogramm ausbauen und das Freiwilligenjahr für Menschen mit Behinderung öffnen. Vor allem aber soll die finanzielle Unterstützung steigen. So will Giffey will den Kauf von ÖPNV-Monatskarten pauschal mit 25 Euro fördern. Außerdem soll der Bund in Zukunft für ein Freiwilligengeld in Höhe von 402 Euro aufkommen. Bislang teilen sich dies Länder, Träger und Bund, was zu erheblichen Lohnunterschieden führt. Eine Milliarde Euro rechnet Giffey, würde dies den Bund kosten. Erste Gespräche mit Finanzminister Olaf Scholz habe es bereits gegeben - überzeugen muss sie aber auch den Koalitionspartner.
Die Ministerin hofft, dass durch die Aufwertung mehr Menschen aus sozialschwachen Schichten ein Freiwilligenjahr absolvieren könnten. „Wir beobachten, dass momentan eher junge Menschen am Freiwilligenjahr teilnehmen, die von zuhause unterstützt werden.“
„Wir brauchen nicht 80.000 Freiwillige, wir brauchen 80 Millionen“
Einer von ihnen ist Franz Kloth. Der 18-Jährige absolviert seit September ein FÖJ beim Verein Flußbad Berlin, der sich für die Säuberung und Reaktivierung der Spree als Schwimmstätte einsetzt. 480 Euro bekommt er im Monat – für eine 39 Stunden-Woche. Wohn- und Verpflegungsgeld sind bereits eingerechnet. Nur weil er bei seinen Eltern wohnt, kann er sich das Engagement leisten. „Niemand macht ein FSJ, um sich zu bereichern – das ist gar nicht möglich“, sagt er. Die Pläne der Ministerin findet Kloth richtig, er hofft auf eine Signalwirkung in die Gesellschaft. „Wir brauchen nicht 80.000 Freiwillige, wir brauchen 80 Millionen.“