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Diffamiert aus Russland. Das Putin-Regime versucht, Annalena Baerbock mit Unterstellungen zu diskreditieren. Deutsche Behörden warnen vor Einmischung in den Wahlkampf.
© Axel Schmidt/Pool/File Photo/REUTERS
Exklusiv

Russland mischt sich in Wahlkampf ein: Gezielte Diffamierung von Annalena Baerbock

Das Putin-Regime schießt sich auf die Kanzlerkandidatin der Grünen ein. Die deutschen Behörden befürchten zudem weiterreichende Angriffe vor den Wahlen.

Die Polemik klingt perfide. „Annalena Baerbock - Wiedervereinigung Europas auf den Schultern ihres Wehrmacht-Großvaters?“ fragt der von Russland dirigierte TV-Sender „RT DE“ auf seiner Website. Der Kanzlerkandidatin der Grünen wird unterstellt, sie würde größenwahnsinnige Pläne wie einst Hitler hegen.

Scheinbar sorgenvoll heißt es, „die Römer haben es einst versucht, genauso Napoleon und auch die deutschen Faschisten hatten einen Plan zur Neuordnung des europäischen Kontinents – Vorläufer dessen waren die Pläne des Wilhelminischen Reichs für ein deutschgeprägtes ,Mitteleuropa’. Baerbock wird sich doch nicht auf eines dieser Konzepte berufen – zumal all diese letztlich gescheitert sind und wohl kaum von einer ,Wiedervereinigung’ die Rede sein könnte?“

Aktivitäten gegen den gesellschaftlichen Zusammenhalt

Der im Mai gepostete Beitrag ist ein Beispiel für die Agitation des Putin-Regimes im Vorfeld der Wahlen zu Bundestag und Landtagen. Die Sicherheitsbehörden beobachten mit Sorge, dass Russland versucht, sich mit Desinformation und Cyberangriffen einzumischen.

Es kämen „verschiedenartige hybride, gegen Deutschlands Interessen gerichtete Aktivitäten infrage, die den gesellschaftlichen Zusammenhalt, das Vertrauen in staatliche Institutionen, die politische Willensbildung sowie Wahlprozesse stören könnten“, heißt es in einem vertraulichen Bericht des Bundesinnenministeriums für das am Mittwoch begonnene Treffen der Innenministerkonferenz (IMK) im badischen Rust. Schwerpunkt sind russische Umtriebe.

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Den russischen Staatsmedien wie RT DE komme „eine herausgehobene Bedeutung bei der Verfolgung der Interessen des Kreml zu“, steht im Papier. Russland setze darauf, dass die über RT DE verbreiteten Narrative von Nutzern sozialer Medien aufgegriffen und weiterverbreitet werden, „um so ein negatives Stimmungsbild zu schaffen“. Eine Zielperson der Agitation ist Baerbock. Sie hat sich bei Putin mit ihrer Kritik an Russlands aggressiver Politik unbeliebt gemacht.

Seit der Nominierung zur Kanzlerkandidatin im April habe RT DE „schnell und mehrfach“ Baerbock wie auch den Programmentwurf der Grünen „zum Gegenstand einer rhetorisch verschärften Berichterstattung gemacht“, heißt es im Papier. Das Bundesinnenministerium befürchtet eine „Propaganda-Kampagne".

"Hack and Leak"

Und nicht nur das und nicht nur im Fall der Grünen. „Insbesondere die Nachrichtendienste der Russischen Föderation nutzen das Instrument der ,Hack and Leak’-Operationen“, warnt das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) in einem ebenfalls vertraulichen „Sonderlagebild Gefahren- und Risikopotenzial insbesondere durch Extremisten und fremde Dienste“.

Das Papier ist ebenfalls für die IMK bestimmt. Mit „Hack and Leak“ sind Cyberangriffe gemeint, bei denen Daten aus dem Computer des Opfers erbeutet und dann gezielt und auch manipuliert veröffentlicht werden.

Das BfV vergleicht die Gefahr mit der massiven Attacke russischer Hacker auf die US-Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton vor der Wahl 2016. Die bei Wikileaks publizierten E-Mails hätten Clintons Wahlkampf nachhaltig beschädigt. Das Risiko einer ähnlichen Kampagne in Deutschland ist offenbar hoch.

Sexuelle Belästigung behauptet

Im Sonderlagebild wie auch im Bericht des Bundesinnenministeriums wird auf die Machenschaften der russischen Cybertruppe verwiesen, die von der US-Sicherheitsfirma FireEye als „Ghostwriter“ bezeichnet wird. Seit Monaten greifen die Hacker mit Phishing-Mails die privaten Accounts von Abgeordnete des Bundestages und Landtagen an.

Betroffen sind ungefähr 80 Politikerinnen und Politikern, vor allem aus Union und SPD. Ghostwriter will offenbar sensible Daten abgreifen, um sie später zu veröffentlichen. Wie das läuft, zeigt ein Fall in Polen. Dort hatte Ghostwriter über den gekaperten Twitter-Account des stellvertretenden Parlamentspräsidenten Marek Suski in dessen Namen behauptet, er werde von einer Politikerin sexuell belästigt.

Die deutschen Behörden warnen zudem vor Verbindungen Russlands zu Coronaleugnern und anderen Verschwörungstheoretikern. Um die Risiken für die Wahlen einzudämmen, sollen gefährdete Zielgruppen in Bund, Ländern und Kommunen sensibilisiert werden.

Als "potenzielle Handlungsfelder" für hybride Angreifer, aus Russland und womöglich auch anderen fremden Staaten, gelten unter anderem Kooperationen von Universitäten, internationale Städtepartnerschaften und die Aktivitäten der jeweiligen Diaspora in der Bundesrepublik.

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