zum Hauptinhalt
Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU).
© picture alliance/dpa

Pisa-Studie 2019: Gesamtstaatliche Verantwortung tragen auch die Länder!

Vor Veröffentlichung der Pisa-Daten appelliert Bildungsministerin Anja Karliczek an die Länder. Ein Gastbeitrag.

Anja Karliczek (CDU) ist Bundesministerin für Bildung und Forschung.

Bayern und Baden-Württemberg wollen keinen Nationalen Bildungsrat. Ich bedauere das. Die Menschen erwarten von uns, dass Föderalismus funktioniert. Sie erwarten, dass der Schulwechsel beim Umzug von einem Bundesland ins andere nicht zum unkalkulierbaren Risiko für die Bildungswege der Kinder wird. Sie erwarten, dass Abiturleistungen vergleichbar sind, wenn sich Abiturienten aus ganz Deutschland um dieselben Studienplätze bewerben. Sie erwarten ein gerechtes und ein gutes Bildungssystem in ganz Deutschland.

Bayern und Baden-Württemberg wollen keinen Nationalen Bildungsrat - dabei tragen auch sie gesamtstaatliche Verantwortung

Gesamtstaatliche Verantwortung tragen auch die Länder. Es ist wichtiger denn je, den Dialog zwischen Bund und Ländern zum Bildungsföderalismus zu erneuern. Wir brauchen nach wie vor gemeinsame Standards – Standards, die auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen. Verbindliche Qualitätsstandards für alle Bereiche der frühen Bildung sind hier ein erster Schritt. Wir brauchen insgesamt wieder höhere Leistungsstandards im deutschen Bildungswesen. Damit Deutschland wieder zu den führenden Bildungsnationen der Welt gehört.

Weitere Berichte zur Pisa-Studie und zum Nationalen Bildungsrat:

- Wirtschaftsökonom: Was die deutsche Wirtschaft durch mittelmäßige Pisa-Leistungen verliert

- Keine gute Prognose für die Pisa-Ergebnisse in Deutschland

- Ein Kommentar zum Scheitern des Nationalen Bildungsrats von unserem Bildungsredakteur

Unsere Voraussetzungen sind gut: Die duale Ausbildung ist weltweit hoch anerkannt. Wir haben gute Schulen im ganzen Land und eine hervorragende Hochschullandschaft. Dass wir uns darauf nicht ausruhen können, zeigen immer wieder nationale und internationale Schulvergleichsstudien: Unsere Schülerinnen und Schüler liegen in vielen Bildungsbereichen lediglich im Mittelfeld – sei es bei den mathematisch-naturwissenschaftlichen Kompetenzen, beim Leseverstehen oder beim Einsatz digitaler Medien im Unterricht. Wir können uns nicht damit zufriedengeben, nur Mittelmaß zu sein.

Im internationalen Vergleich ist der Wettbewerb härter geworden

Auch in der Forschung ist der internationale Wettbewerb härter geworden und nimmt noch weiter an Fahrt auf. Andere Länder werden schneller besser. Damit ist die Messlatte gelegt. Denn wir leben von der Innovation. Wir leben vom Engagement und einer hohen Innovationskraft der Menschen in unserem Land. Daran hängen unser Wohlstand und der Zusammenhalt in unserem Land.

Wir brauchen eine nationale Kraftanstrengung. Der Bund ist bereit, seinen Beitrag zu leisten. Wir haben zusammen mit den Ländern bereits viel auf den Weg gebracht: Mit dem Digitalpakt schaffen wir die Voraussetzungen für digitale Bildung in allen Klassenzimmern. Wir stärken Schulen in sozial schwierigem Umfeld. Wir investieren in die ganztägige Bildung und Betreuung und wollen die zusätzliche Zeit dafür nutzen, dass Kinder vielfältig angeregt, aber auch gefördert werden können. Wir schaffen mit dem Pakt für „Innovation in der Hochschullehre“ die Strukturen für innovative Lehre in den Hochschulen.

Gute Bildung bereitet auf Teilhabe in Beruf und Gesellschaft vor: Unsere gemeinsame Aufgabe ist es, zeitgemäße Bildungsziele zu formulieren, moderne Lehrmittel und -methoden bereitzustellen und damit Kinder und Jugendliche stark zu machen für eine Welt im Wandel. Klar ist, dass dazu Grundkompetenzen wie die Beherrschung von Sprache und Schrift ebenso wie mathematische und naturwissenschaftliche Kenntnisse unerlässlich sind. Aber auch die Fähigkeit, sich immer wieder neue Kompetenzen anzueignen, muss vermittelt werden.

Unsere gemeinsame Aufgabe ist es, für Bildung zu begeistern

Gute Bildung fordert und fördert Leistung. Unsere gemeinsame Aufgabe ist es, für Bildung zu begeistern und ein positives Klima für Leistung und Eigenverantwortung zu schaffen. Jedes Kind hat Talente. Jedes Kind hat Motivation. Diese Potenziale sind es, die wir schon in jungen Jahren im gesamten Umfeld unserer Kinder stärken müssen. Denn etwas zu meistern, erfüllt und gibt Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und Möglichkeiten.

Gute Bildung macht Bildungschancen für alle möglich– Unsere gemeinsame gesellschaftliche Aufgabe ist es, allen Kindern die Chance zu geben, ihre Talente zu entfalten. Das beginnt bei den ganz Kleinen in Kindergarten und Kita. Auch und gerade, wenn sie von zu Hause nicht viel Unterstützung bekommen. Leistungsstarke und leistungsschwächere Kinder individuell zu fördern, damit sie sich optimal entwickeln können, muss uns besser gelingen. Schulen in sozialen Brennpunkten stehen dabei vor besonderen Herausforderungen. Deswegen investieren Bund und Länder gerade in diese Schulen zusätzlich. Auch der Digitalpakt wird hier zu Erfolgen führen.

Gute Bildung braucht gute Lehrerinnen und Lehrer: Unsere Aufgabe ist es, langfristig dafür zu sorgen, dass in allen Bildungseinrichtungen talentiertes und hoch qualifiziertes Personal unterrichtet. Denn auf die Lehrpersönlichkeiten kommt es an. Niemand hat so großen Einfluss auf Lernprozesse wie Erzieherinnen und Erzieher, Lehrkräfte, Ausbildende und Hochschullehrerinnen und -lehrer. Auch das ist mittlerweile wissenschaftlich gut belegt. Unsere Lehrerinnen und Lehrer leisten täglich Überragendes. Sie verdienen unsere höchste Wertschätzung.

Gute Bildung braucht Zeit: Unsere Aufgabe ist es, gerade unseren Kindern diese Zeit zu geben und sinnvoll auszufüllen. Dazu gehört auch, Raum für Fehler zu schaffen. Wir lernen Neues oft auf Umwegen und durch Irrtümer. Übung macht den Meister. Schon in jungen Jahren wird die Grundlage für lebensbegleitende Lernbereitschaft gelegt. Auch das ist unsere Aufgabe, Menschen im fortgeschrittenen Lebensalter Chancen für Weiterbildung bereitzustellen. Neugier, einen offenen Blick, Verständnis für Zusammenhänge – das ist wichtig für uns alle, gerade in der digitalen und vernetzten Welt.

Am Dienstag wird uns die neue Pisa-Studie sagen, wie der Leistungsstand an unseren Schulen ist

Bildung macht stark. Bildung macht Deutschland stark. Wir brauchen mehr Ehrgeiz für die Bildung.

Am Dienstag wird uns die neue Pisa-Studie sagen, wie der Leistungsstand an unseren Schulen ist. Wir werden uns die Ergebnisse dieser Studie genau anschauen und müssen dann konsequent handeln, wenn auch dort Defizite aufgezeigt werden sollten.

Die Zeit drängt. Was wir jetzt brauchen, ist ein kooperativer und dynamischer Bildungsföderalismus. Es geht um Vertrauen in unser Bildungssystem. Die Verantwortung für dieses Bildungssystem tragen wir gemeinsam.

Anja Karliczek

Zur Startseite