Zweckentfremdung in Berlin: Gerichtsurteil wirft Fragen auf
Das Verwaltungsgericht in Berlin hat entschieden: Zweitwohnungen dürfen wieder als Ferienwohnungen vermietet werden. Doch das Urteil widerspricht der Entscheidung eines anderen Gerichts. Ein Kommentar.
Was sind legitime Interessen von Eigentümern, wann beginnt die Zweckentfremdung? Nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts, wonach Zweitwohnungen zeitweise an Touristen vermietet werden dürfen, stellt diese Frage sich für den Berliner Wohnungsmarkt wieder ganz grundsätzlich. Denn der Richterspruch steht im krassen Gegensatz zum Urteil eines anderen Verwaltungsrichters von Anfang Juni, der dem Berliner Senat rechtmäßiges Handeln bescheinigt hatte.
Das Vermietungsverbot für Ferienwohnungen schränke weder die Berufsfreiheit des Betreibers eines Vermietportals ein, noch folge aus der Eigentumsgarantie der Anspruch, Wohnraum mit größtmöglicher Gewinnerwartung nutzen zu dürfen. Außerdem habe der Senat korrekt nachgewiesen, dass in der Hauptstadt ein deutlicher Wohnungsmangel herrsche.
Wäre den Käufern, zum Beispiel aus Dänemark oder Italien, untersagt worden, ihre nur wenig genutzte Zweitwohnung zu vermieten, wäre dieser Zweitwohnungsmarkt zusammengebrochen. Behält das neue Urteil Bestand, dann wird das Modell angesichts der im internationalen Vergleich noch niedrigen Preise erst recht florieren.
Keine gute Nachricht im Wahlkampf
Aus Sicht der Landesregierung hat das Gericht eine Büchse der Pandora geöffnet – mit vielen Schlupflöchern, um das Gesetz zu umgehen. Darf man dann nicht auch zwei oder mehr Zweitwohnungen haben und vermieten? Und wo ist die Grenze zwischen gewerblicher Vermietung und zeitweiliger Belegung?
Gefährdet ist das Ziel des Senats, mit dem Verbot den angespannten Markt zu beruhigen. Keine gute Nachricht im Wahlkampf, wo die SPD mit dem Kampf gegen Zweckentfremdung punkten will. Deswegen wurde noch im März das Gesetz nachjustiert, damit es auch für Zweitwohnungen gilt.
Dass Familien mit Kindern auf Ferienwohnungen angewiesen sind, weil sie sich Hotels nicht leisten können, und dass 18.000 Ferienappartements angesichts von 1,2 Millionen Wohnungen in Berlin vernachlässigbar sind, spielte keine Rolle. Ob das Gesetz handwerkliche Mängel hat, wird sich zeigen. Sicher aber ist schon heute, dass der einzige Weg, gegen steigende Mieten und Wohnungsmangel vorzugehen, der Bau von ausreichend vielen neuen Wohnungen ist.
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