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Beate Zschäpe, das mutmaßlich letzte lebende Mitglied des NSU, kommt vor Gericht.
© dpa

Rechtsterrorismus: Gericht bestätigt Anklage gegen Zschäpe und andere Beschuldigte

Das NSU-Mitglied Beate Zschäpe wird als Mittäterin wegen Mordes angeklagt. Damit beginnt ein weiteres Kapitel im größten Verfahren mit rechtsterroristischem Hintergrund in der Geschichte der Bundesrepublik.

Eigentlich hätte es auch am Dienstag schon so weit sein können, die Anklage gegen Beate Zschäpe war nach Informationen des Tagesspiegels fertig und sollte von Karlsruhe nach München verschickt werden. Jedenfalls hat das Oberlandesgericht München nun angesichts der vielen Medienanfragen offiziell bestätigt, dass die Bundesanwaltschaft Anklage gegen die 37 Jahre alte, in Köln-Ossendorf in Untersuchungshaft sitzende Frau erhoben habe – und gegen andere, die das Gericht nicht nennt. Im größten Verfahren mit rechtsterroristischem Hintergrund in der Geschichte der Bundesrepublik beginnt ein weiteres Kapitel.

Bei den „anderen“ handelt es sich  um vier weitere Angeschuldigte. Einer ist der ehemalige NPD-Funktionär Ralf Wohlleben, der als einziger mutmaßlicher Helfer der Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ noch in U-Haft sitzt. Weitere Details will Generalbundesanwalt Harald Range um 14 Uhr 30 in Karlsruhe der Presse mitteilen.

Die Berliner Verteidigerin Zschäpes, Anja Sturm, reagierte „entsetzt“ auf die Ankündigung, dass Range sich äußern werde. Es sei „ein Skandal“, dass der Generalbundesanwalt die Öffentlichkeit vor den Verteidigern und den Angeschuldigten über die Anklage informieren wolle, sagte Sturm. Seit Beginn des NSU-Verfahrens „war die Presse immer einen Tick besser im Bilde als die Verteidigung“, kritisierte die Anwältin, die mit zwei Kollegen Zschäpe vertritt. Sturm nannte allerdings die Erhebung der Anklage "als den dringend anstehenden, nächsten Verfahrensschritt".

Offen ist derzeit noch, ob die Anklage gegen Zschäpe über die Tatvorwürfe der Bildung einer terroristischen Vereinigung gemeinsam mit Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt sowie der besonders schweren Brandstiftung hinausgeht. Zschäpe hatte am 4. November 2011 in Zwickau die Wohnung angezündet, in der das Trio seit 2008 gelebt hatte. Vier Tage später stellte sich Zschäpe in Jena der Polizei.

Das Trio war Anfang 1998 am Rande einer Razzia der Polizei in Jena untergetaucht. Ermittler legen dem NSU zur Last, zehn Menschen ermordet sowie zwei Sprengstoffanschläge in Köln verübt und 15 Raubüberfälle begangen zu haben.

Bei den drei weiteren Angeschuldigten könnte es sich um Holger G. und Carsten S. sowie um André E. oder Matthias D. handeln. Alle haben als mutmaßliche Komplizen der Terrorgruppe in Untersuchungshaft gesessen, kamen aber wieder frei. Holger G. soll unter anderem dem NSU eine Waffe überbracht haben, als möglicher Auftraggeber gilt Ralf Wohlleben. Der in der Nähe von Hannover lebende G. hat ein Geständnis abgelegt, ebenso wie der Düsseldorfer Carsten S. Er soll, auch im Zusammenwirken mit Wohlleben, der Terrorgruppe die Pistole der Marke Ceska verschafft haben, mit der Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt neun Migranten türkischer und griechischer Herkunft erschossen.

André E. steht unter anderem in Verdacht, bei der Herstellung des perfiden Paulchen-Panther-Videos geholfen zu haben. In dem Film bekannte sich der NSU zu den Morden an den Migranten und der Polizistin Michèle Kiesewetter in Heilbronn. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hob im Juni den Haftbefehl gegen den im November 2011 festgenommenen E. auf, da bezüglich des Videos kein dringender Tatverdacht zu erkennen sei. Der einfache Verdacht der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung bestehe aber fort, betonten die Richter.

Matthias D. soll Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt zweimal geholfen haben, in Zwickau eine Wohnung zu bekommen. Der Beschuldigte trat als Hauptmieter der Unterkünfte auf, wurde aber auch wieder aus der U-Haft entlassen.

Frank Jansen

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