SPD vor dem Sonderparteitag: Gerhard Schröder als Vorbild
Vor ihrem Dortmunder Sonderparteitag hofft die SPD auf eine ähnliche Aufholjagd, wie sie einst dem Altkanzler Gerhard Schröder gelungen ist.
Die Sozialdemokraten und ihr Kanzlerkandidat Martin Schulz wollen dem lahmenden Wahlkampf der SPD an diesem Sonntag neuen Schwung geben. Auf einem Sonderparteitag in Dortmund, der Herzkammer der Sozialdemokratie, soll nicht nur ein umfassendes Wahlprogramm mit Festlegungen in allen wichtigen Politikfeldern beschlossen werden. Schulz will bei dem Delegiertentreffen auch dem wachsenden Zweifel in den eigenen Reihen an einem Wahlsieg im September entgegentreten.
In SPD-Kreisen wird eine kämpferische Rede des Spitzenkandidaten und Vorsitzenden erwartet, mit der er seinen Anspruch auf die Kanzlerschaft bekräftigt. Dabei dürfte Schulz heftige Angriffe gegen die CDU und deren Chefin, Bundeskanzlerin Angela Merkel, richten.
Führende Sozialdemokraten werfen der Merkel-CDU seit Tagen vor, der Auseinandersetzung über Inhalte im Wahlkampf bewusst auszuweichen und damit der Demokratie zu schaden. Tatsächlich setzten die Christdemokraten im Wahlkampf bislang vor allem auf die Zugkraft von Regierungschefin Merkel, die bei vielen Wählern als Garantin von Stabilität in unsicheren Zeiten geschätzt wird. Detaillierte Pläne zur Zukunft der Rente will die CDU im Gegensatz zu den Sozialdemokraten vor der Wahl nicht mehr vorlegen, wohl aber ein Steuerkonzept.
Unterstützt wird Schulz auf dem Parteitag von Altkanzler Gerhard Schröder. Nach der Eröffnung durch Mecklenburg- Vorpommerns künftige Ministerpräsidentin Manuela Schwesig soll Schröder die Delegierten in Stimmung bringen und neue Zuversicht für die kommenden Wahlkampfmonate wecken. Schröder gilt in der SPD bis heute als großes Vorbild, wenn es um Kampfeswillen geht. Dem 73-Jährigen wäre es 2005 nach aussichtslos erscheinenden Umfragen um ein Haar gelungen, seine Herausforderin Angela Merkel auf den letzten Metern zu schlagen.
Die Schulz-SPD ist in den Umfragen weit hinter CDU/CSU zurückgefallen
Was Schröder einst schaffte, will Schulz nun wiederholen. Eine Aufholjagd soll die SPD wieder in Schlagweite der Union bringen. Nach anfänglich hervorragenden Umfragewerten ist die Schulz-SPD in dem Umfragen weit hinter die CDU/CSU zurückgefallen. Daran hat sich auch nach der Vorstellung des SPD-Steuerkonzepts nichts geändert, das eine Entlastung der unteren und mittleren Einkommen vorsieht, den meisten Wählern also finanzielle Vorteile verschaffen würde.
Dem aktuellen „Politbarometer“ für ZDF und Tagesspiegel zufolge kämen die Sozialdemokraten lediglich auf 25 Prozent, wenn an diesem Sonntag ein neuer Bundestag gewählt würde. CDU/CSU könnten dagegen mit 39 Prozent der Stimmen rechnen. Die Linke würde neun Prozent, Grüne und FDP jeweils acht Prozent der Stimmen erhalten. Die rechtspopulistische AfD zöge mit sieben Prozent erstmals ins Parlament ein.
Für Schulz und seine SPD bedeutet das: Die Aufholjagd muss ohne attraktive Machtperspektive gelingen. Weder für Rot-Rot-Grün noch für eine Ampel-Koalition gibt es der Umfrage zufolge eine Mehrheit. Möglich wären bei diesen Ergebnissen nur eine große Koalition mit der SPD als Juniorpartner oder eine Jamaika-Koalition aus Union, Grünen und FDP. Und noch eine bittere Erkenntnis müssen die Genossen vor ihrem Dortmunder Parteitag wegstecken: Eine Wechselstimmung gibt es offensichtlich nicht. Kanzlerin Merkel liegt in der Wählergunst nach wie vor deutlich vor Schulz. Eine klare Mehrheit von 58 Prozent wünscht sich die Amtsinhaberin weiter als Kanzlerin. Für den SPD-Kandidaten sprechen sich nur 31 Prozent aus.
Schulz muss angesichts dieser Zahlen hoffen, dass in der Partei eine trotzige Jetzt-erst-recht-Stimmung aufkommt. Unmöglich ist das nicht. Bislang ist die SPD für ihre Verhältnisse ziemlich geschlossen. Dass der linke Flügel auf dem Parteitag gegen den Willen von Schulz eine Festlegung auf eine Wiedereinführung der Vermögensteuer durchsetzen könnte, gilt in SPD-Kreisen als unwahrscheinlich. Denn von einer solchen Niederlage in der eigenen Partei würde sich der Kanzlerkandidat nicht mehr erholen.