Unklarheiten nach Putsch in Burundi: General verkündet Absetzung von Präsident Nkurunziza
Seit April gab es Proteste gegen eine dritte Amtszeit von Pierre Nkurunziza. General Niyombare verkündete nun, man habe ihn während seiner Abwesenheit gestürzt - und den Flugafen gesperrt. Hinter den Kulissen gibt es angeblich Verhandlungen zwischen den Lagern.
Burundis Präsident Pierre Nkurunziza ist nach Angaben eines Armeegenerals abgesetzt, die Regierung wurde aufgelöst. Das verkündete General Godefroid Niyombare am Mittwoch in einer Radioansprache. Offenbar hat das Militär die Abwesenheit Nkurunzizas ausgenutzt und die Macht an sich gerissen. Der Staatschef hielt sich seit dem Morgen zu einem Burundi-Krisengipfel der Ostafrikanischen Gemeinschaft (EAC) im Nachbarland Tansania auf.
Godefroid Niyombare war selbst im Februar von seinem Posten als Geheimdienstchef entlassen worden. In seiner Ansprache sagte er, dass ein "Komitee zur Wiederherstellung der nationalen Eintracht" eingesetzt werde, das die Einheit des Landes wiederherstellen und den "Wahlprozess in einem friedlichen und fairen Umfeld" wiederaufnehmen solle. Er selbst wolle dieses Komitee leiten. Unklar ist bislang, wer dem Gremium noch angehören soll.
Niyombare rief die Bevölkerung zunächst zur Ruhe auf. Auch am Mittwochmorgen hatte es erneut Proteste, erstmals auch im Zentrum der Hauptstadt Bujumbua, gegeben. Die Polizei setzte Wasserwerfer ein. Tausende Menschen hätten die Ankündigung gefeiert und die Nationalhymne gesungen, berichtete der französische Sender RFI. „Falls sich der Umsturz bestätigen sollte, dann sind das großartige Neuigkeiten für uns alle“, sagte ein Demonstrant. Andere Kommentatoren erklärten aber über Twitter, sie befürchteten neue Gewalt, da sich die Anhänger Nkurunzizas dem Putsch sicher widersetzen würden.
Regierungsnahe Quelle spricht von geheimen Verhandlungen zwischen den Lagern
Das Präsidentenamt dementierte indes den Sturz und sprach von einem gescheiterten Putsch. "Die Situation ist unter Kontrolle, es gibt in Burundi keinen Putsch", verkündete das Präsidentenamt über Twitter. Am Nachmittag hieß es in einer über Facebook verbreiteten Mitteilung, die Verantwortlichen würden vor Gericht gebracht. Die Bevölkerung solle Ruhe bewahren.
Von anderer Seite hieß es hingegen, dass bereits geheime Verhandlungen zwischen Anhängern und Gegnern des Präsidenten Pierre Nkurunziza in der Armee geführt werden. Beide Lager verhandelten demnach, um eine "Lösung unter Wahrung der nationalen Interessen" zu erzielen, sagte der loyal zu Nkurunziza stehende Offizier, der nicht namentlich genannt werden wollte. Demnach gehe es allen demnach darum, weiteres Blutvergießen zu vermeiden.
Da Nkurunziza offenbar trotz der Berichte über den Staatsstreich die Heimreise antreten wollte, habe Niyombare die Schließung des Flughafens und der Grenzen angeordnet, berichtete der französische Sender RFI am Abend. Dem Militär zufolge machten sich Tausende Gegner des Präsidenten zum Flughafen auf.
In der Hauptstadt Bujumbara schirmten regierungstreue Soldaten und Polizisten das Gebäude des staatlichen Radio-und Fernsehsenders ab. Sie feuerten demnach Schüsse über die Köpfe von hunderten Demonstranten ab, die gegen eine dritte Amtszeit des Staatschefs protestierten.
"Nicht gesetzeskonform und von außen erzwungen"
Der Entmachtung waren Demonstrationen vorangegangen, nachdem Nkurunziza am 25. April offiziell für eine dritte Amtszeit nominiert wurde - erlaubt sind laut Verfassung lediglich zwei Perioden. Das Verfassungsgericht befand Nkurunzizas Kandidatur zwar für rechtens, allerdings floh Gerichtsvizepräsident Sylvere Nimpagaritse vor Unterzeichnung der Entscheidung aus dem Land. Das Urteil sei "eindeutig nicht gesetzeskonform und von außen erzwungen".
In den vergangenen Wochen kam es zu Ausschreitungen, bei denen mindestens 20 Menschen getötet und Hunderte verletzt und festgenommen wurden. Tausende Menschen sind bereits aus dem Land geflohen. Die Imbonerakure, eine regierungsnahe Miliz, soll teilweise drastisch - etwa mit Verbrennungen bei lebendigem Leib, gegen die Demonstranten vorgegangen sein. Auch gegen Angehörige dieser Miliz gab es mehrere Lynchangriffe, weil sie unter dem Verdacht stehen vor allem Tutsis unter Druck gesetzt und bedroht zu haben.
Schon 2010 war die Präsidentschaftswahl umstritten
Die Situation in dem kleinen Land ist seit jeher fragil: Im Jahr 2000 war mit dem Friedensvertrag von Aruscha ein zwölfjähriger Bürgerkrieg beendet worden, bei dem mindestens 300 000 Menschen getötet worden sind. Der Vertrag sieht auch vor, dass ein Präsident nach zwei Amtszeiten nicht wieder antreten darf. Erst vor wenigen Tagen forderten der UN-Sicherheitsrat und die Generalsekretärin der Afrikanischen Union (AU), Nkosazana Dlamini-Zuma, den Friedensvertrag zu respektieren.
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier warnte, dass die Sicherheit in der gesamten Region der Großen Seen bedroht sei. In einem Brief an mehrere afrikanische Amtskollegen und die AU drohte er indirekt mit einer Kürzung von Entwicklungsmitteln an Burundi. UN-Schätzungen zufolge sind bereits 50 000 Menschen in die Nachbarländer geflohen. Die Staats- und Regierungschefs der EAC, zu der auch Tansania, Kenia, Uganda und Ruanda gehören, wollten bei dem Krisengipfel in Daressalam eigentlich Lösungen für die prekäre Lage diskutieren. Nach einem nur wenige Minuten dauernden Treffen verurteilten sie den Putsch.
Am vergangenen Sonntag kündigte Agathon Rwasa an, bei der Wahl im Juni gegen Nkurunziza anzutreten. Rwasa ist wie sein politischer Rivale ein ehemaliger Hutu-Rebellenführer, beide haben den Friedensvertrag von Aruscha mit ausgehandelt. Nkurunziza war zunächst 2005 vom Parlament zum Präsidenten bestimmt worden, weshalb er nun argumentiert, vom Volk sei er nur einmal gewählt worden. Schon die letzte Wahl 2010 war sehr umstritten, die Opposition hatte sie boykottiert.
Dass nun bereits so viele Menschen aus Burundi geflohen sind, liegt auch am beendeten Bürgerkrieg, dessen Konflikte entlang der ethnischen Linien von Hutus und Tutsis ausgefochten worden sind. Politische Beobachter befürchten, dass diese Auseinandersetzungen nun wieder aufflammen könnten. (dpa, AFP)
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