Nach der Wahl in den USA : Gemeinsame Mission Klimaschutz
Die EU möchte beim Kampf gegen die Erderwärmung wieder mit den USA zusammenarbeiten. Vorher muss die Gemeinschaft aber erst einmal eigene Hausaufgaben machen.
Der Klimaschutz spielt eine wichtige Rolle, wenn es um die Wiederbelebung des transatlantischen Verhältnisses geht. Die Bedeutung des Themas wird durch eine Personalie deutlich, die das Übergangsteam des designierten US-Präsidenten Joe Biden am Montag verkündete. Demnach soll der frühere US-Außenminister John Kerry Klimabeauftragter in der künftigen Administration in Washington werden.
Aber auch aus Wortmeldungen in Berlin und Brüssel lässt sich ablesen, dass der gemeinsame Kampf gegen die Erderwärmung auf der europäisch-amerikanischen Agenda nach oben rückt. Dabei zeichnet sich auch ab, dass beide Seiten mit dem Einschlagen der ersten Pflöcke nicht bis zum 20. Januar warten wollen, wenn Biden den gegenwärtigen Amtsinhaber Donald Trump im Weißen Haus ablösen soll.
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So lud EU-Ratschef Charles Michel zu Beginn der Woche den designierten US-Präsidenten für 2021 zu einem Sondergipfel nach Brüssel ein. Michel und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen telefonierten am Montag mit Biden. Nach den Angaben von Michels Büro stehen als Themen für die Gespräche mit Biden neben dem Klimaschutz vier weitere Felder auf der Agenda: der Kampf gegen die Corona-Pandemie, die wirtschaftliche Erholung, Sicherheit und Multilateralismus. Zwischenzeitlich war auch erwogen worden, Biden im Dezember zu einer Videokonferenz auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs der EU einzuladen. Davon ist man inzwischen in Brüssel aber wieder abgekommen, um den Noch-Präsidenten Donald Trump nicht zu brüskieren.
Zuvor hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nach der Videokonferenz der G-20-Staaten gesagt, dass die EU Biden ein Angebot für eine Wiederbelebung der transatlantischen Partnerschaft machen wolle. "Da wird das Thema Klimaschutz eine große Bedeutung haben", hatte sie hinzugefügt.
Deutlicher als bei den anderen Themen hat Biden beim Klimaschutz bereits deutlich gemacht, wo er an die Politik des früheren US-Präsidenten Barack Obama wieder anknüpfen will: Der designierte US-Präsident hat eine Rückkehr ins Pariser Klimaschutzabkommen angekündigt.
Das Pariser Abkommen sieht unter anderem vor, dass die EU bis Ende dieses Jahres festlegen muss, um wie viel Prozent der Ausstoß von Treibhausgasen in der Gemeinschaft gegenüber dem Jahr 1990 bis 2030 zurückgehen soll. Derzeit gilt ein Minderungsziel von mindestens 40 Prozent. Auf dem Tisch der Staats- und Regierungschefs für den EU-Gipfel im Dezember liegt der Vorschlag der EU-Kommission, den Ausstoß der Treibhausgase bis 2030 um 55 Prozent zu senken.
Ringen um das EU-Klimaziel bis 2030
Offen ist derzeit noch, ob Ungarn und Polen der geplanten Senkung um 55 Prozent im Dezember zustimmen werden. Allerdings gehe es den beiden Staaten anders als bei der gegenwärtigen Blockade der EU-Finanzen weniger um ein Veto, sondern in erster Linie um Klarstellungen, was die Treibhausgas-Minderung um 55 Prozent konkret auf nationaler Ebene bedeuten würde, heißt es in Brüssel. Zu diesem Zweck nahm Polens Klimaschutz- und Umweltminister Michal Kurtyka in der vergangenen Woche an einem virtuellen Expertentreffen teil, das die EU-Kommission organisiert hatte.
Einigung beim EU-Gipfel im Dezember angestrebt
Der deutschen EU-Ratspräsidentschaft war es im Oktober gelungen, Polen mit ins Boot zu holen, als sich die europäischen Umweltminister auf das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 einigten. Theoretisch wäre es zwar denkbar, dass die EU-Umweltminister für die konkreten Minderungen bis 2030, die nun noch ausstehen, einen Mehrheitsbeschluss fassen. Weil das Thema aber äußerst sensibel ist, gilt ein derartiges Vorgehen in Brüssel als eher unwahrscheinlich. "Die Einstimmigkeit beim Rat hat eine Relevanz, um alle Mitgliedstaaten an Bord zu haben", hieß es aus EU-Diplomatenkreisen mit Blick auf den entscheidenden EU-Gipfel im Dezember.
Falls es der EU gelingen sollte, sich während des Gipfels beim Klimaschutz zu einigen, wäre dies wiederum auch ein deutliches Signal an Biden. Der designierte US-Präsident hat seinerseits das ehrgeizige Ziel ausgegeben, die Stromversorgung in den USA bis 2035 von Kohle, Gas und Öl abzukoppeln. Wie die USA und die EU beim Kampf gegen die Erderwärmung wieder eng zusammenarbeiten können, wird möglicherweise bei einem internationalen Klimagipfel deutlich werden, zu dem Biden möglichst schnell einladen will.