Deutschland und Russland: Geldsorgen beim Petersburger Dialog
Dem Petersburger Dialog fehlen in diesem Jahr Sponsoren aus der Wirtschaft – und ein wichtiger Förderer beendet wegen grundsätzlicher Bedenken die Unterstützung.
Er soll der Verständigung dienen und bietet doch immer wieder Anlass für Streit: Der Petersburger Dialog, ein deutsch-russisches Gesprächsforum, das von Gerhard Schröder und Wladimir Putin erdacht wurde, tagt im Dezember zum 13. Mal. Baden-Württemberg hatte im vergangenen Jahr wissen lassen, man wolle die Veranstaltung nicht ausrichten. Offiziell wurde das mit den Kosten begründet. Doch am Ende soll die verschlechterte Menschenrechtslage in Russland seit Wladimir Putins Rückkehr in den Kreml den Ausschlag gegeben haben. Das Treffen findet nun in Kassel statt.
Petersburger Dialog fehlt das Geld
Mittlerweile plagen ganz andere Sorgen die Organisatoren des Petersburger Dialogs. „Wir haben deutlich weniger finanzielle Mittel als in den vergangenen Jahren“, sagte Martin Hoffmann, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Petersburger Dialogs, dem Tagesspiegel. Statt 100 Teilnehmer aus jedem Land werden in diesem Jahr nur jeweils 60 offiziell eingeladen, alle anderen müssen die Kosten für Anreise, Hotel und die Konferenz selbst tragen. Das könnte gerade diejenigen treffen, um die es eigentlich gehen soll, die Vertreter der Zivilgesellschaft.
Zudem sieht Hoffmann ein Ungleichgewicht zwischen beiden Ländern, da die russische Seite großzügig vom Staat gefördert werde. Die rund 30 Sitzungen einzelner deutsch-russischer Arbeitsgruppen im Laufe des Jahres seien nur möglich gewesen, weil die Russen den größten Teil der Kosten getragen hätten. „Wir sollten uns nicht von russischer Seite bezahlen lassen“, warnte nun ein Mitglied des deutschen Lenkungsausschusses.
Dass die deutsche Geschäftsstelle des Petersburger Dialogs weniger Geld zur Verfügung hat, liegt vor allem daran, dass die Unterstützung aus der Wirtschaft geringer ausfällt. In den Vorjahren zahlten Sponsoren rund 200 000 Euro. „Das haben wir dieses Jahr deutlich nicht erreicht“, sagt Hoffmann. Doch warum hat die Wirtschaft plötzlich so wenig Interesse an einer Veranstaltung, auf der sich Jahr für Jahr auch Topmanager aus beiden Ländern treffen? Anders als früher finden in Kassel parallel keine deutsch-russischen Regierungskonsultationen statt, weil die neue Bundesregierung noch nicht im Amt ist. In früheren Jahren ließen sich die Kanzlerin und der russische Präsident zum Abschluss des Petersburger Dialogs die Ergebnisse des Treffens vortragen. Ohne Merkel und Putin ist das Forum für die Wirtschaft offenbar weniger attraktiv.
Förderer wenden sich vom Petersburger Dialog ab
Doch auch aus anderen, grundsätzlichen Erwägungen wenden sich Förderer vom Petersburger Dialog ab. Die Körber-Stiftung, die das Gesprächsforum seit zwölf Jahren fördert und jährlich 50 000 Euro zur Verfügung stellte, beendet nun ihre Unterstützung. Bereits 2014 wird kein Geld mehr fließen. „In den Anfängen hat es viel versprechende Ansätze gegeben, einen zivilgesellschaftlichen Dialog zu führen“, sagte Klaus Wehmeier, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Körber-Stiftung, dem Tagesspiegel. „In den letzten drei bis vier Jahren hat sich der Ton auf russischer Seite aber so verschärft, dass ein Dialog kaum noch möglich war.“ Auch russische Partner der Stiftung hätten sich aus dem Petersburger Dialog verabschiedet. „Wir fördern zivilgesellschaftliche Organisationen in Russland jetzt wieder direkt.“ Außerdem spricht sich Wehmeier für eine Reform des Petersburger Dialogs aus: „Das System der Organisation von oben nach unten kann sich nicht ewig tragen.“
Kritik gibt es schon lange
An der Struktur des Petersburger Dialogs gibt es seit Jahren Kritik. Einst als Forum für den Dialog der Zivilgesellschaften gegründet, erfüllte er nach Ansicht vieler Kritiker diesen Zweck nur unzureichend. In dem Forum spiegelte sich auch der Grundkonflikt der deutschen Russlandpolitik zwischen Werteorientierung und Interessen: Die einen wollten über Demokratiedefizite in Putins Russland, den Druck auf Nichtregierungsorganisationen und Opposition reden, die anderen sprachen lieber darüber, wie viele VWs jedes Jahr in Russland vom Band laufen.
Andreas Schockenhoff (CDU), Koordinator für die deutsch-russische zivilgesellschaftliche Zusammenarbeit, stellte im vergangenen Jahr indirekt die Zukunft des Petersburger Dialogs infrage. Heute leitet er die Arbeitsgruppe Zivilgesellschaft und sieht zumindest ein Grundsatzproblem geklärt: „Es gibt keine Debatte mehr darüber, ob es angezeigt ist, kritische Punkte anzusprechen.“ In den Koalitionsverhandlungen bekennen sich Union und SPD zum Fortbestand des Petersburger Dialogs – je nach Lesart aber auch zu einer Reform. „Wir streben die Weiterentwicklung des Petersburger Dialogs an“, heißt es in einem Entwurf der Arbeitsgruppe Auswärtiges. Das Auswärtige Amt unterstützt den Petersburger Dialog auch dieses Jahr mit 100 000 Euro. „Zu einer künftigen Förderung sind noch keine Entscheidungen gefallen.“ In Berlin wird erwartet, dass es bald Veränderungen beim Petersburger Dialog gibt.
Claudia von Salzen