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Mudschahedin fordern Waffen und Munition: Gegen die Taliban formiert sich erster Widerstand

Bereits in mehreren Städten demonstrieren Menschen mit Nationalflaggen gegen die Taliban. Doch es deutet sich auch militärische Gegenwehr an.


Die Taliban gaben sich versöhnlich, als sie in Kabul ihre erste Pressekonferenz seit dem Sturz der Regierung Ghani abhielten. Sie seien nicht auf Rache aus und hätten keine Feindseligkeiten mit irgendjemandem im Land, sagte der langjährige Sprecher der Islamisten, Sabiullah Mudschahid. Gegner hätten nichts zu befürchten, sagte er noch. Doch wie strikt die Taliban noch immer vorgehen, zeigt sich nun am Umgang mit den eigenen Landsleuten – bei der brutalen Niederschlagung der ersten Proteste gegen die radikale Miliz.

In Asadabad im Nordosten des Landes starben mehrere Menschen bei einer Kundgebung, als die Taliban das Feuer auf sie eröffneten, berichtet „Al Dschasira“. Die Demonstration galt den Islamisten, deren Flaggen sie sogar einholten, wie auf Videos im sozialen Netzwerk Twitter zu erkennen ist.

"Unsere Nationalflagge ist unsere Identität"

Und die Proteste und der Widerstand gegen die Taliban ergreifen weitere Landesteile. Videos auf Twitter zeigen auch, wie in mehreren Städten mancherorts Hunderte Menschen, darunter zahlreiche Frauen und Mädchen, mit der rot-schwarz-grünen Nationalflagge Afghanistans durch die Straßen ziehen. In Kabul riefen sie „Lang lebe Afghanistan“ und „Unsere Nationalflagge ist unsere Identität“. Im Stadtteil Wazir Akbar Khan im Norden der Hauptstadt demonstrierten Frauen mit Transparenten, um nicht ihres „sozialen, politischen und wirtschaftlichen Lebens beraubt“ zu werden.

Bislang ließen sich nicht alle Aufnahmen und der Zeitpunkt ihrer Entstehung zuverlässig überprüfen. Allerdings fanden nach Informationen der BBC bereits am Mittwoch erste Demonstrationen mit der Fahne in drei Städten im Osten Afghanistans statt. Die Nationalflagge entwickelt sich seit der Machtübernahme der Taliban damit immer mehr zu einem Protestzeichen gegen die Islamisten, die eine eigene Fahne haben – weiß, mit dem islamischen Glaubensbekenntnis.

Schwer bewaffnete Taliban-Kämpfer patrouillieren in Kabul.
Schwer bewaffnete Taliban-Kämpfer patrouillieren in Kabul.
© dpa/Rahmat Gul

Drei Tote, mehr als ein Dutzend Verletzte in Dschalalabad

Nicht überall lassen die Taliban die Demonstranten passieren wie zunächst in Kabul. Auf Twitter kursiert ein Video des Protests aus Dschalalabad im Osten des Landes und nur wenige Autostunden von Asadabad entfernt. Lautstark laufen Hunderte Menschen mit Nationalflaggen durch die Straßen. Dort kam es zu Schüssen, offenbar eröffneten Taliban-Kämpfer das Feuer auf die Menge. Dort wurden mindestens drei Menschen getötet und mehr als ein Dutzend verletzt.

Doch im Osten formiert sich nun scheinbar auch militärischer Widerstand. Angeführt vom früheren Vize-Präsidenten Amrullah Saleh und Ahmed Massud, dem Sohn eines berühmten Taliban-Gegners, soll sich im Pandschirtal nordöstlich von Kabul eine Widerstandsgruppe gebildet haben. Massud bat in einem Beitrag in der „Washington Post“ sogar um Unterstützung der USA.

Seinen Kämpfern hätten sich Soldaten und Spezialeinheiten der afghanischen Armee angeschlossen, erklärte Massud. Seine „Mudschahedin-Kämpfer“ seien „bereit, es erneut mit den Taliban aufzunehmen“. Angesichts des vielen US- Kriegsgerätes, das die Taliban bei ihrem Eroberungsfeldzug von der afghanischen Armee erbeutet hätten, bräuchten sie aber „mehr Waffen, mehr Munition und mehr Nachschub“.

Das Pandschirtal gilt als Hochburg des Widerstandes und war weder von sowjetischen Soldaten, noch von den Taliban eingenommen worden.

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