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Migranten harren an der belarussisch-polnischen Grenze aus.
© imago images/ITAR-TASS/Leonid Shcheglov
Update

„Wir wurden unmenschlich behandelt“: Geflüchtete berichten nach Rückkehr aus Belarus von Folter

Seit Tagen halten sich Tausende Migranten bei Kälte an der belarussisch-polnischen Grenze auf. Menschen aus dem Irak erzählen von Schlägen, Folter und Hunger.

An der polnischen EU-Außengrenze gestrandete und aus Belarus in den Irak heimgekehrte Migranten berichten von schlimmen Misshandlungen. Die Menschen seien von polnischen und belarussischen Polizisten geschlagen und gefoltert worden, sagten mehrere Betroffene aus den kurdischen Autonomiegebieten im Irak der Deutschen Presse-Agentur am Samstag.

Ein 38-Jähriger aus der Stadt Dohuk berichtete, er sei misshandelt und später gewaltsam aus Belarus abgeschoben worden. Zudem hätten er und andere Migranten weder Wasser noch Essen bekommen. Der Iraker wolle trotz seiner Enttäuschung über die Länder Europas erneut versuchen, dorthin zu gelangen.

„Wir wurden unmenschlich behandelt“, sagte auch eine 71-jährige Jesidin, die sich nach eigenen Angaben im Irak nicht mehr sicher fühlt und deshalb zu Verwandten nach Deutschland will. Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) habe mehrere ihrer Kinder entführt. Auch ein 41 Jahre alter Mann aus Erbil gab an, von Beamten aus Belarus und Polen gefoltert worden zu sein. Er sagt auch: „Die belarussischen Behörden haben uns betrogen.“

Seit Tagen halten sich Tausende Menschen bei Kälte an der belarussisch-polnischen Grenze auf, um in die EU zu gelangen. Sie wollten bleiben, bis die EU sie reinlasse, sagten zahlreiche Iraker und Syrer einem Reporter der Deutschen Presse-Agentur in der Notunterkunft in einer Lagerhalle in Brusgi. Der Grenzpunkt dort ist mit Betonbarrieren und Stacheldraht geschlossen.

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Vor der Notunterkunft setzten Helfer auch am Samstag die Versorgung der Menschen mit Lebensmitteln und medizinischer Hilfe fort. Die hygienischen Bedingungen sind schlecht. Der Zivilschutz verstärkte zudem den Brandschutz.

Die Menschen würden alles Notwendige bekommen, sagte der Generalsekretär des belarussischen Roten Kreuzes, Dmitri Schewzow, der dpa vor dem umfunktionierten Logistikzentrum. Dort übernachteten nach Schätzungen etwa 2000 Menschen, die eine Rückreise in ihre Heimat ablehnen und nach Deutschland, Belgien und in andere EU-Staaten wollen. Sie werden von bewaffneten Uniformierten bewacht und können das Gelände nicht verlassen.

„Wir warten, bis Deutschland uns aufnimmt“

Wie die ARD online berichtet, stehen auf dem Gelände vor der großen Lagerhalle Toilettenhäuschen, Tankwagen mit Frischwasser und neuerdings auch Trucks – als mobile Kioske und Imbissbuden. In der Halle liegen die Menschen dicht an dicht.

„Du schläfst zwei Minuten und drei bist Du wach“, sagte die 13-jährige Bahasch dem Sender. Dennoch sei es hier weitaus besser als in den Wäldern, wo sie und ihre Familie tagelang ausgeharrt hätten – in der Hoffnung, es vielleicht doch noch über die Grenze in die EU zu schaffen. Auch weil sich der belarusische Grenzschutz hier den Flüchtlingen gegenüber ganz anders verhalte. „Die geben uns Essen, die geben uns Schlafsäcke – alles! Die geben uns Decken. Die helfen uns irgendwie.“

Wie fast alle hier wollen Bahasch und ihre Familie nach Deutschland. Sie hatten dort bereits einige Jahre lang Asyl, aber keinen dauerhaften Aufenthaltsstatus. Es ist ihr zweiter und endgültiger Versuch. Das Angebot, über Minsk zurück in den Irak zu fliegen - für sie ist das keine Option. „Wir werden nie zurückgehen. Wir warten, bis Deutschland uns aufnimmt“, sagt Bahasch.

Die Europäische Union beschuldigt Lukaschenko, den sie nicht mehr als Präsidenten anerkennt, in organisierter Form Migranten aus Krisenregionen an die EU-Außengrenze zu bringen, um Druck auf den Westen auszuüben. Die Menschen aus dem Irak, aus Syrien und Afghanistan sind über touristische Visa in Belarus eingereist. (dpa, AFP, Tsp)

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