Böhmermann und Majestätsbeleidigung: Gauck: Streichung des Paragrafen 103 wäre "bisschen kurzatmig"
Joachim Gauck hält nichts davon, den Beleidigungs-Paragrafen 103 kurzfristig abzuschaffen. Und auch zu einer möglichen zweiten Amtszeit hat sich der Bundespräsident geäußert.
Joachim Gauck hat sich zur Ankündigung der Bundesregierung geäußert, den strafrechtlichen Schutz ausländischer Staatsoberhäupter vor Beleidigungen noch in dieser Wahlperiode zu streichen. Die Pläne zur Abschaffung des Paragrafen 103 seien ein „bisschen kurzatmig“, sagte der Bundespräsident im Interview mit dem Deutschlandfunk. Bei solchen Entscheidungen brauche man eine Phase des Nachdenkens und der Abwägung.
Die Bundesregierung will den Paragrafen 103 des Strafgesetzbuchs streichen. Dieser regelt den strafrechtlichen Schutz ausländischer Staatsoberhäupter vor Beleidigungen und war im Fall des Satirikers Jan Böhmermann und seines Schmähgedichts auf den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in die Diskussion geraten.
Mit Blick auf den ebenfalls im Strafgesetzbuch verankerten Schutz des Bundespräsidenten vor Verunglimpfungen sagte Gauck, vielleicht vermittle die bestehende Rechtsordnung eine Ahnung von dem Respekt, den man einander in der Demokratie schuldig sei. Er persönlich brauche keine „Lex Gauck“. Der Präsident aber sei der Repräsentant aller.
Die Regierung hatte im Fall Böhmermann Mitte April eine Ermächtigung zur Strafverfolgung erteilt und angekündigt, einen Gesetzentwurf zur Streichung des Paragrafen 103 einzubringen. Die Bundesregierung hatte den Wunsch der Türkei nach Strafverfolgung Böhmermanns zuvor geprüft.
Zweite Amtszeit?
Auch zu einer möglichen zweiten Amtszeit hat sich Gauck im Deutschlandfunk geäußert. Demnach will er seine Entscheidung diesbezüglich noch vor der Sommerpause bekanntgeben. „Lassen Sie uns mal den Frühsommer kommen, und dann werde ich mich entschieden haben und werde das auch öffentlich kundtun“, sagte er. Auf die Frage, ob er noch mit sich ringe, meinte Gauck: „Offenkundig.“ Es werde jedenfalls eine schwere Entscheidung sein. Einerseits gebe es die Frage, ob er auch mit über 80 Jahren den Belastungen des Amtes gewachsen sei. Andererseits gebe es so viel Zuspruch aus der Bevölkerung, von Menschen, die ihm wichtig seien.
Die Wahl des Staatsoberhaupts durch die Bundesversammlung findet am 12. Februar 2017 statt. Gauck ist dann 77 Jahre alt. Union, SPD, FDP und Grüne, die ihn 2012 gewählt haben, unterstützen eine zweite Amtszeit. Aus Altersgründen nur für eine halbe zweite Amtsperiode anzutreten, hält Gauck nicht für eine gute Lösung. „Also zur Person passt sie gar nicht und zur Präsidentschaft auch nicht so richtig“, sagte er. (dpa/Tsp)