Luiz Inácio Lula da Silva: Früherer Präsident Brasiliens wegen Korruption angeklagt
Erst wurde die linke Präsidentin Rousseff des Amtes enthoben, nun soll ihrem Verbündeten und Amtsvorgänger Lula der Prozess gemacht werden - Brasilien erlebt dieser Tage einen Polit- und Justizkrimi.
Ein Korruptionsprozess gegen Brasiliens früheren Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva rückt immer näher. Der leitende Richter in den Ermittlungen im „Lava Jato“-Komplex, Sérgio Moro, akzeptierte am Dienstag in Curitiba die vor einer Woche von der Generalstaatsanwaltschaft erhobene Anklage gegen den 70-Jährigen, der einen Komplott wittert. Das berichtete die Nachrichtenagentur Agência Brasil. Richter Moro ist gefürchtet dafür, dass er lange Haftstrafen verhängt - ohne Rücksicht auf Namen. Im Kern geht es um jahrelange Schmiergeldzahlungen an Politiker bei öffentlichen Auftragsvergaben - im Fokus stehen das größte Unternehmen des Landes, der Ölkonzern Petrobras, und Bauunternehmen.
Lula wird vor allem vorgeworfen, von einem Baukonzern im Zusammenhang mit einem umstrittenen Apartment am Meer begünstigt worden zu sein. Bei einem Schuldspruch droht ihm eine sehr lange Haftstrafe und würde eine mögliche erneute Präsidentschaftskandidatur 2018 verhindern. Lula wird vorgeworfen, Hauptdrahtzieher des Systems gewesen zu sein. Allerdings sind die Beweise bisher dürftig. Die meisten Zahlungen fielen in seine Präsidentschaft (2003 bis Ende 2010), betreffen aber nicht nur die linke Arbeiterpartei Lulas, sondern zum Beispiel auch die Partei der demokratischen Bewegung (PMDB) des neuen Präsidenten Michel Temer.
Begründer der Arbeiterpartei, einst einer der beliebtesten Politiker der Welt
Der geschasste Parlamentspräsident Eduardo Cunha (auch PMDB) soll fünf Millionen US-Dollar in der Schweiz geparkt haben. Der bisher konkreteste Vorwurf gegen Lula dreht sich um ein Apartment an der Atlantikküste, das der Baukonzern OAS für ihn und seine Frau aufwendig renoviert haben soll - es geht um eine Summe von rund einer Million Euro. Der Begründer der Arbeiterpartei, einst einer der beliebtesten Politiker der Welt, betont, ihm gehöre die Immobilie gar nicht. Neben ihm soll auch seiner Frau Marisa und sechs weiteren Personen ein Prozess wegen Geldwäsche und Korruption gemacht werden.
Brasiliens Arbeiterpartei wirft der neuen Regierung und der Justiz nach der Amtsenthebung von Lulas Nachfolgerin im Präsidentenamt, Dilma Rousseff, ein politisch motiviertes Vorgehen vor - auch um eine Rückkehr an die Macht, etwa in Person von Lula, zu verhindern. Ende August hatte Michel Temer das Präsidentenamt übernommen - er war zuvor Rousseffs Vizepräsident, seine Partei, die PMDB, hatte die Koalition gebrochen und so die Mehrheiten zur Absetzung Rousseffs wegen angeblicher Bilanztricks zustande gebracht. Lula beteuert seine Unschuld: „Wenn mir Korruption nachgewiesen wird, gehe ich zu Fuß dahin, wo sie mich einsperren wollen.“ (dpa)